# taz.de -- Zulassung von Glyphosat: Ungesundheitsminister schweigt | |
> Was sagt Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe dazu, dass ein | |
> möglicherweise krebserregender Stoff weiter zugelassen wird? Nix. | |
Bild: Gesundheitsminister Hermann Gröhe (rechts) im Gespräch mit dem Präside… | |
BERLIN taz | Der Betreff in der E-Mail ist eindeutig: „Vier Fragen an | |
Gesundheitsminister Hermann Gröhe“. An CDU-Mann Gröhe, nicht an Christian | |
Schmidt, den CSU-Kollegen, der das Bundesministerium für Ernährung und | |
Landwirtschaft leitet, das BMEL. | |
Gröhes Pressereferentin schickt jedoch die knappe Antwort: „Vielen Dank für | |
Ihre Anfrage. Bitte wenden Sie sich dazu direkt an die Kollegen im BMEL.“ | |
Keine Aussage des Bundesgesundheitsministers zu einer hochbrisanten Frage: | |
Wie ernst muss man den Verdacht nehmen, dass das Spritzmittel Glyphosat | |
nicht nur die Vielfalt der Arten gefährdet, sondern auch die menschliche | |
Gesundheit? | |
So weit verbreitet ist weltweit kein anderer Unkrautvernichter. Landwirte | |
nutzen ihn vor allem, aber auch Kleingärtner und Kommunen. Mittlerweile | |
taucht er im Trinkwasser, im Bier und sogar im Urin des Menschen wieder | |
auf. Das EU-Parlament hat sich vergangene Woche dafür ausgesprochen, | |
Glyphosat für weitere sieben Jahre zuzulassen, obwohl der Stoff im Verdacht | |
steht, krebserregend zu sein. Über die Zulassung entscheiden die EU-Länder | |
im Mai. Im März konnten sie sich nicht auf eine Position einigen. | |
Eigentlich also ein Fall für den Gesundheitsminister, deshalb nochmal bei | |
Gröhe nachgehakt. Per Mail. Per Telefon. Nichts. Außer: „Die Federführung | |
hat das Landwirtschaftsministerium. Haben Sie da nun schon mal | |
nachgefragt?“ Natürlich ist es schon mal so, dass sich einer vertut damit, | |
wer wofür in der Bundesregierung so zuständig ist. Aber diesmal nicht. | |
## Alle Minister können sich einmischen | |
Die Anfrage war bewusst an Gröhe gerichtet. Der Grund: Die Bundesregierung | |
will der weiteren europaweiten Zulassung von Glyphosat prinzipiell | |
zustimmen. Das wurde vor wenigen Tagen bekannt. Voraussetzung sind auf | |
Druck der SPD-Bundesumweltministerin Barbara Hendricks allein Auflagen zur | |
biologischen Vielfalt. Bevor solche Entscheidungen fallen, können sich alle | |
Minister einmischen. Auch Gröhe. Darum die Bitte an ihn, innerhalb von gut | |
24 Stunden „kurz und knapp“ vier Fragen zu beantworten. | |
Nummer 1: „Krebsforscher der Weltgesundheitsorganisation halten den | |
Unkrautvernichter Glyphosat für ‚wahrscheinlich krebserregend‘. Die | |
Bundesregierung will trotzdem für die weitere Zulassung in der EU stimmen. | |
Welche Rolle spielen Sie als Gesundheitsminister dabei?“ Eine große. | |
Eigentlich keine. Verschiedene Antworten sind denkbar, die zeigen könnten, | |
wie wichtig Gröhe sich und seinen Auftrag nimmt, sich um den Schutz der | |
menschlichen Gesundheit zu kümmern. | |
Dann Frage Nummer 2: „Selbst wenn die Federführung bei einem anderen | |
Ministerium liegt, können Sie immer eine Position einbringen. Wie ernst | |
sind aus Ihrer Sicht Warnungen der Weltgesundheitsorganisationen zu | |
nehmen?“ Immerhin haben das deutsche Bundesinstitut für Risikobewertung, | |
BfR, und die EU-Behörde für Lebensmittelsicherheit, die EFSA, Glyphosat im | |
Gegensatz zu den Experten der Weltgesundheitsorganisation für unbedenklich | |
erklärt. Die wissenschaftliche Kontroverse, ob der Unkrautvernichter Krebs | |
fördert oder nicht, ist noch nicht ausgestanden. | |
## Krebs-Bedenken plötzlich weg | |
Das führt zu Frage Nummer 3 an Gröhe: „Die Bekämpfung von Krebs sei eine | |
Herausforderung ‚ersten Ranges‘, sagen Sie sonst. Wieso greift bei | |
Glyphosat nicht das Vorsorgeprinzip?“ Mancher fordert, mit der Neuzulassung | |
des Stoffs so lange zu warten, bis die offenen Fragen geklärt sind. Bleibt | |
Frage Nummer 4: „Wann wird ein Stoff, der sich wie Glyphosat auch im Urin | |
des Menschen wiederfindet, zur Sache eines Gesundheitsministers?“ | |
Vier Fragen, keine Antwort. Natürlich habe es Abstimmungen gegeben, aber | |
die seien intern und nicht öffentlich, erklärt die Pressereferentin noch am | |
Telefon. Ob sie das kurz als Antwort schreiben könne? Nein. Das nicht. | |
NaN NaN | |
## AUTOREN | |
Hanna Gersmann | |
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