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# taz.de -- Nach Lulas Ernennung zum Kabinettschef: Expräsident löst Justizst…
> Die brasilianische Präsidentin Dilma Rousseff steht unter Dauerbeschuss.
> Das Land ist in pro und kontra Amtsenthebung gespalten.
Bild: Lula da Silva auf einer Demonstration
RIO taz | Das Tauziehen um die Macht in Brasilien geht in eine neue Runde.
In Justiz, Politik und auf der Straße zeigt sich immer deutlicher, dass das
größte Land Lateinamerikas tief gespalten ist. Vordergründig geht es um die
Frage, für oder gegen die regierende Arbeiterpartei PT zu sein. Weniger
laut sind die Stimmen, die Parteien aller Couleur wegen deren Nähe zu
korrupten Machenschaften misstrauen und gegen ein politisches Rollback
sind.
Aufgrund spektakulärer Ermittlungen in einem Korruptionsskandal und einer
schweren Wirtschaftskrise wackelt die Mitte-links-Regierung von Dilma
Rousseff. Nach den Massendemonstrationen der konservativen Opposition, bei
denen Millionen in gelb-grünen Nationalfarben vor einer Woche den Rücktritt
von Präsidentin Rousseff forderten, dominierten rote Fahnen und T-Shirts am
Freitag die Straßen aller größeren Städte des Landes.
Die Schätzungen reichen bis zu einer Million Teilnehmer. Allein in der
Metropole São Paulo und in den Hauptstädten des ärmeren Nordostens wie
Recife und Salvador demonstrierten jeweils Hunderttausend Menschen.
Vor allem Expräsident Lula da Silva, dem die Staatsanwaltschaft und die
Opposition eine Verwicklung in die Korruptionsaffäre um den halbstaatlichen
Ölkonzern Petrobras vorwirft, wurde auf Transparenten und in Sprechchören
Solidarität bekundet.
## Fehlender Rückenwind in der Justiz
Auch Rousseff wurde gegen das Amtsenthebungsverfahren in Schutz genommen.
Viele machten aber auch deutlich, dass sie die Ausrichtung der
Regierungspolitik nicht unbedingt teilen und nicht zur Unterstützung der PT
demonstrierten. Während der Kundgebung in São Paulo verteidigte Lula
ausdrücklich die Wiederwahl von Rousseff im Oktober 2014.
Den Rückenwind von der Straße vermisst Rousseff in der Justiz. Zur
juristischen Posse geriet ihre Berufung von Lula zum Kabinettschef
vergangene Woche, um die Regierung mit dem einst so populären Namen zu
stärken.
Drei Richter untersagten Lula in erster Instanz vorläufig den Amtsantritt
aufgrund der Vermutung, er sei nur zum Minister ernannt worden, um ihn vor
Untersuchungshaft zu schützen. Zweimal kassierte die zweite Instanz diesen
Beschluss, bis der oberste Richter Gilmar Mendes am Freitagabend erneut
beschied, dass Lula nicht Minister werden dürfe. Die Regierung ging in
Berufung und wartet nun auf das endgültige Urteil des Plenums des obersten
Gerichtshofs.
Angesichts der politischen Krise ist die Regierung so gut wie
handlungsunfähig. Der erst kürzlich berufene Justizminister kündigte an,
gegen das Durchsickern von Ermittlungsdetails, Kronzeugenaussagen und vor
allem Telefonmitschnitten an die Presse vorzugehen.
## Vom Korruptionsgeflecht gewusst?
Für Minister Eugênio Aragão sind solche Veröffentlichungen illegal und
politisch motiviert, während Chefermittler Sérgio Moro die Auffassung
vertritt, dass die Öffentlichkeit ein Recht habe, all diese Details zu
erfahren.
Der Kronzeuge und Senator Delcídio Amaral wiederholte in Zeitungsinterviews
seine Aussage, dass sowohl Rousseff als auch Lula von dem ganzen
Korruptionsgeflecht – Bauunternehmer füllten die Kassen korrupter Politiker
mit Bestechungsgeld, um als Gegenleistung lukrative Aufträge von Petrobras
zu bekommen – wussten und die Ermittlung behinderten.
Gleichzeitig treibt das Parlament das Amtsenthebungsverfahren gegen
Rousseff, das einer neuen Meinungsumfrage zufolge von über 60 Prozent der
Brasilianer unterstützt wird, in ungewohnter Eile voran. Dabei wird oft
vergessen, dass im Rahmen der Korruptionsaffäre gegen die Präsidentin weder
ermittelt wird noch eine Anklage seitens der Justiz formuliert wurde.
21 Mar 2016
## AUTOREN
Andreas Behn
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Brasilien
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