# taz.de -- Freiburger Dopingkommission am Ende: Uni verhindert Wahrheitsfindung | |
> Die „Evaluierungskommission Sportmedizin“ schmeißt hin. Sie sollte die | |
> Dopingvorgänge in Freiburg aufklären – und wurde von der Uni ausgebremst. | |
Bild: Dank Hilfe aus Freiburg? | |
Der Rektor der Universität Freiburg unternahm am Dienstag einen letzten | |
Versuch, die Blamage doch noch abzuwenden. In einem öffentlich gemachten | |
Schreiben ging der arg bedrängte Prof. Dr. Hans-Jochen Schiewer in die | |
Offensive: „Ich erwarte [. . .] bis spätestens heute um 14 Uhr, dass Sie | |
alle mir mitteilen, ob Sie zurückgetreten sind oder ob Sie mein | |
Gesprächsangebot annehmen.“ | |
Die Evaluierungskommission Freiburger Sportmedizin, die 2007 eingesetzt | |
wurde, um Licht in die dunkle Historie des westdeutschen Dopingzentrums zu | |
bringen, hatte zuvor die Auflösung ihrer Kommission verkündet. | |
Über die Medien habe er davon erfahren, beklagte Schiewer. | |
Kommissionsmitglied Fritz Sörgel erklärte dagegen, man habe Tage zuvor dem | |
Rektor in einem Schreiben eine Frist bis um 24 Uhr am Montag gesetzt, die | |
Unabhängigkeit der Kommission zu garantieren. Da dies nicht geschehen sei, | |
wäre es automatisch zur Auflösung gekommen. Die Gesprächsangebote von | |
Schiewer bezeichnete Sörgel als inakzeptabel. Sie seien an Bedingungen | |
geknüpft gewesen. | |
Nach Informationen der FAZpochte die Universität Freiburg auf das Recht, | |
Gutachten der Kommission nach einer Rechtsprüfung ohne Rücksprache | |
überarbeiten zu können, und beruft sich dabei auf vertragliche Abmachungen. | |
Die Kommissionsvorsitzende Letizia Paoli und ihre Mitarbeiter bestreiten | |
jedoch, eine derartige Klausel unterschrieben zu haben. | |
## Lieferant von Textbausteinen | |
Sörgel erklärte: „Durch die als fortlaufend empfundene Verhinderungspolitik | |
der Universitätsspitze wird es keinen ordentlichen Schlussstrich unter | |
einem der wichtigsten Projekte der jüngeren deutschen Sportvergangenheit | |
geben.“ Man wolle nicht Lieferant von Textbausteinen sein, die „beliebig | |
und zugunsten der Universität“ zusammengesetzt würden. | |
„Die Wahrheit, wie sie sich uns darstellt, das war unsere Aufgabe.“ Der | |
Nürnberger Pharmakologe kündigte an, dass die Kommissionsmitglieder ihre | |
Sicht der Dinge in einer gesonderten Publikation veröffentlichen wollen. | |
Eigentlich sollte der offizielle Abschlussbericht bis Mitte des Jahres | |
fertiggestellt werden. | |
In der Vergangenheit hatte sich die Vorsitzende Paoli mehrfach über | |
Behinderungen der Arbeiten ihres Forscherteams beschwert und selbst mit | |
ihrem Rücktritt gedroht. So wurde etwa von der Universität die Existenz von | |
Akten zu Professor Armin Klümper, einer der zentralen Figuren im Freiburger | |
Dopingsumpf, geleugnet, die dann nach verstärktem Fahndungsdruck plötzlich | |
doch auftauchten. Andere Materialien, die als verschwunden galten, fanden | |
sich noch zufällig in der Garage einer Uni-Mitarbeiterin. | |
## Mehr Freiheiten | |
Aber auch innerhalb der Kommission gibt es offenbar Differenzen. Fünf der | |
sechs Kommissionsmitglieder, nämlich Hans Hoppeler (Schweiz), Perikles | |
Simon (Mainz), Gerhard Treutlein (Heidelberg), Hellmut Mahler (Düsseldorf) | |
und Sörgel (Nürnberg) hatten Rektor Schiewer aufgefordert, dem Gremium mehr | |
Freiheiten einzuräumen. | |
Es ging darum, sich öffentlich auch ohne stetige Rücksprache über | |
Ermittlungsergebnisse äußern zu dürfen. Ausgerechnet die | |
Kommissionsvorsitzende Letizia Paoli soll das Schreiben als Einzige nicht | |
unterzeichnet haben. Folglich äußerte sich die Vorsitzende des | |
Forscherteams auch am Dienstag nicht öffentlich. | |
2 Mar 2016 | |
## AUTOREN | |
Johannes Kopp | |
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