# taz.de -- Kommentar Donald Trump: Wütender Clown, Liebling der Massen | |
> Der Republikaner sieht sich gerne als Rächer des weißen Mannes. Er weiß | |
> die Massenmedien zu bedienen und vereint so eine breite Wählerschaft. | |
Bild: Der Wutmilliardär hat die Massen hinter sich. | |
Für die strauchelnden Republikaner ist Donald Trump ein unverzichtbarer | |
Kriegsherr, der, wie sein italienisches Gegenstück Silvio Berlusconi, mit | |
allen Waffengattungen der Massenmedien zu hantieren weiß: Vom clownesken | |
Reality-TV zu den hyperaktiven Twitterkanälen. Der Wutmilliardär pflegt | |
seine Wut besonders auf Twitter, wo er mehr als 6 Millionen Follower | |
unterhält. Nebenbei stellt er die alte Wählerkoalition Reagans wieder her: | |
Gebildete Angestellte und Arbeiter, vereint mit den Wechselwählern, die als | |
Reagan Democrats bekannt wurden. Ein virtuoses Kunststück, das den | |
Republikanern in den letzten Jahrzehnten abhanden gekommen schien. | |
Zwar hatten die Konservativen immer auch eine schillernde Mediensubkultur, | |
etwa das „Hate Radio“ des frustrierten weißen Mannes, das ein | |
puertoricanischer Dichter im Harlem der 90er treffend als „Radio der | |
Apokalypse“ bezeichnete. Aber Trump ist der erste Präsidentschaftskandidat | |
mit eigenem Hang zum unterhaltsamen Zynismus, seitdem der „Große | |
Kommunikator“ Ronald Reagan mit sonnigem Lächeln und überaus dunklem Humor | |
Bemerkungen zur spontanen Bombardierung Russlands fallen ließ. Trump ist | |
der erste Kandidat seit Langem mit Draht zum einfachen Volk. Die Reaktionen | |
der amerikanischen Elite auf seinen Aufstieg sprechen Bände über ihre | |
eigene Angst vor Kontrollverlust. | |
Trumps Aneignung des medialen Handwerkszeugs stellt für seine Partei ein | |
unkalkulierbares Risiko dar. Missfallen ihm Kritiker wie die | |
Politikberaterin Cheri Jacobs, die ihn „einen schlechten Debattierer“ | |
genannt hat, werden sie als Bittsteller beschimpft, die bloß versuchten, | |
sich an ihm persönlich zu rächen. „We said no [to her], she went hostile. A | |
real dummy“, twittert Trump über Jacobs. | |
Gleichzeitig lässt er seine Follower wie Höllenhunde von der Leine, um die | |
Beleidigung tausendfach zu multiplizieren: „Cheri is a nutcase.“ Auch | |
republikanische Geldgeber wie die Familie Rickerts, die Trumps Rivalen | |
Marco Rubio einen Teil ihrer Millionen zusprach, werden erpresst: Trump | |
drohte, ihre Geschäftsgeheimnisse in seiner Öffentlichkeitsmaschinerie zu | |
offenbaren. | |
Durch Cyberbullying schafft er, was Barack Obama in acht Jahren nicht | |
gelungen ist: Angst in den eigenen Reihen zu erzeugen. Abseits aller | |
daherschwadronierten Pläne wie eine Mauer vor Mexiko oder ein | |
Einwanderungsverbot für Muslime, bahnt Trump in seiner Kultur des Drohens | |
den sicheren Weg in eine Schreckensherrschaft. | |
## Die schwindende weiße Mehrheit | |
Trump gibt sich antielitär, radikal demokratisch und setzt sich | |
unterschwellig für den weißen Mann ein. Tatsächlich ist die Lage für weiße | |
Amerikaner heute weniger paradiesisch als je zuvor in der Geschichte des | |
Landes. Ihre Sterblichkeitsrate schnellt in die Höhe, ganz im Gegensatz zu | |
anderen ethnischen Gruppen. Es gibt in dieser demografischen Gruppe akute | |
Suchtepidemien, die in ländlichen Gegenden wie New Hampshire als zentrales | |
Wahlkampfthema gelten. Trump bietet diesem Milieu seine frontale | |
Selbstliebe und lässt die Verzweifelten daran teilhaben. In seiner | |
Wutrhetorik gibt es doch ein schwaches Echo des Reagan’schen Optimismus: | |
„Make America great again.“ | |
Es gibt eine historische Figur, die nicht wenig an Trump erinnert und die | |
Parallele sollte zu denken geben: Jacques-René Hébert, ein gebildeter Mann | |
aus bürgerlichem Haus, der dem Fußvolk über die Ereignisse der | |
Französischen Revolution berichtete: Den kleinen Handwerkern, den | |
Sansculottes, den Soldaten der nationalen Armee. Hébert nahm in seiner | |
legendären Zeitung Père Duchesne kein Blatt vor den Mund. Er berichtete | |
ausgiebig über die Geschehnisse auf dem Schafott. Seine besondere | |
Feindschaft galt der katholischen Kirche. | |
Wen Hébert in seiner Zeitung als Feind der Republik deklarierte, lebte in | |
unmittelbarer Gefahr, auf dem Schafott enthauptet zu werden. Verkaufsparole | |
des Blatts: „Père Duchesne hat heute wieder eine Scheißwut.“ 1784 wurde | |
Hébert selbst auf dem Schafott enthauptet. Die Nachricht seines Todes wurde | |
sofort parodiert: „Die große Wut des Père Duchesne beim Betrachten des | |
Fallens seines eigenen Kopfes aus dem nationalen Fenster.“ | |
Wir Amerikaner verheddern uns in unseren Kandidaten, im Pro und Kontra. Wir | |
sollten mehr darüber nachdenken, was sich hier gerade entwickelt. Es geht | |
ebenso wenig um Trump, wie es um Hébert ging. Für Amerika geht es darum, | |
welche Stunde gerade schlägt, wieso die weiße Arbeiterklasse eine Krise | |
solchen Ausmaßes erlebt, wieso ihre Wut so geladen ist wie die entsicherten | |
Handfeuerwaffen vorhanden sind. Und wie die schwindende weiße Mehrheit | |
dahinsiecht wie einst die geistertanzenden Indianer. Radio der Apokalypse, | |
indeed. | |
4 Mar 2016 | |
## AUTOREN | |
Anjana Shrivastana | |
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