| # taz.de -- Umgang mit Populismus: Schrill gegen laut | |
| > Die AfD fordert Schießbefehle und macht sich über gegenderte Sprache | |
| > lustig. Die Gegenseite schreit laut zurück. Ist ein Dialog möglich? | |
| Bild: Das ist der Sound, 2015: „FCK AfD“ – für die einen ist die Message… | |
| Es gab zahlreiche Situationen in den vergangenen Monaten, in denen sich | |
| zeigte, wie vergiftet die Debattenkultur in Deutschland derzeit ist. Ein | |
| SPD-Politiker bezeichnete einen Teil der Bürgerinnen und Bürger als „Pack�… | |
| Das „Pack“ wiederum trug einen für ihn reservierten symbolischen Galgen | |
| durch die Straßen. Ein CDU-Politiker [1][gab zu Protokoll], er würde sich | |
| „erschießen“, wenn er mit einer bestimmten AfD-Politikerin verheiratet | |
| wäre. In Talkshows reden Publizisten über Frauke Petry, als wäre sie nicht | |
| da, während sie lächelnd daneben sitzt. | |
| Und AfD-Leute befürworten einen Schießbefehl an der Grenze und nehmen die | |
| Aussage halbherzig [2][zurück], aber erst, wenn sie in der Welt ist. | |
| Die einen schreien „Überfremdung“, die anderen reagieren empört und | |
| schimpfen auf „Rechtspopulisten“, „Hetzer“ und „Rassisten“. Schreie… | |
| das Geschrei. | |
| Zwischen Willkommenskultur und Angst vor Überfremdung ist offenbar schwer | |
| zu vermitteln. Es ist, als zöge sich ein Absperrgitter durch Deutschland. | |
| Und auf beiden Seiten stünden Menschen mit Megaphonen und Ohrenschützern: | |
| Sie sind laut, weil sie gehört werden wollen, aber hören nicht auf das, was | |
| von der Gegenseite zurückschallt. Wo Debatte sein könnte, gibt es einen | |
| doppelten Monolog. Und der ist ein Ausdruck von Sprachlosigkeit. | |
| ## Aufeinandertreffen in Trier | |
| Ist ein Dialog in dieser aufgeheizten Stimmung möglich? Der taz-Autor Arno | |
| Frank ist zusammen mit AfD-Anhängern zu einer Wahlkampfveranstaltung in | |
| Trier gefahren, um eine Veranstaltung der Partei zu besuchen, die als | |
| „Dialog“ ausgewiesen war. 150 AfD-Sympathisantinnen und -Sympathisanten und | |
| etwa 100 AfD-Gegnerinnen und -Gegner trafen sich in einer | |
| Veranstaltungshalle in Trier, um – ja, eigentlich doch, um zu reden. In der | |
| Halle erlebte er Beatrix von Storch, die sich unter anderem über gegenderte | |
| Sprache lustig machte. [3][Seine Eindrücke beschreibt er in einem Essay in | |
| der taz.am wochenende vom 20./21. Februar.] | |
| Und er sucht nach einem Rahmen, in dem der Dialog mit Populisten gelingen | |
| könnte. | |
| Wie finden wir zu einem Gespräch zurück? Gegenseitige Schmähungen und | |
| Beschimpfungen helfen jedenfalls nicht weiter. Sie befriedigen das eigene | |
| Gewissen. Aber seine Meinung ändert dadurch niemand. In Diskussionen zu | |
| weniger polarisierenden Themen überzeugen doch auch nicht diejenigen, die | |
| am lautesten beleidigen. | |
| Wäre es nicht besser, der [4][„Schreispirale“, wie der Publizist Sascha | |
| Lobo sie nannte], zu entfliehen und den anderen aufzuzeigen, warum man ihre | |
| Positionen für falsch hält? Man würde dann argumentieren, dass Menschen aus | |
| Kriegsgebieten nicht nach Deutschland kommen, weil sie hier morden und | |
| vergewaltigen wollen, sondern weil sie vor Mördern und Vergewaltigern | |
| fliehen. Man könnte auch sagen, dass sie ihr Land nicht so leicht | |
| verteidigen können, wenn Kampfflugzeuge Bomben auf ihre Köpfe werfen. Oder | |
| wenn die hochgerüsteten Milizen des Islamischen Staates mit modernen | |
| Panzern vor der Tür stehen. Man könnte anführen, dass einzelne Verbrechen | |
| durch Flüchtlinge nicht verallgemeinerbar seien und die Kriminalitätsrate | |
| im Umfeld von Flüchtlingsheimen nicht signifikant gestiegen sei. | |
| ## Alles nicht so einfach | |
| Ein paar besonnen vorgetragene Argumente, könnte man meinen, und schon wäre | |
| das Klima weniger vergiftet. Aber auch so leicht ist es nicht. Beide | |
| Seiten, links wie rechts, sind sich in einer Sache einig: dass ihre | |
| Position die richtige ist. Es mangelt am Interesse, sich in den anderen | |
| hineinzuversetzen und dabei auch die eigene Position zu hinterfragen. Nimmt | |
| man den anderen und dessen Sorgen denn wirklich ernst? | |
| Aber Arno Frank fragt auch: Hat ein Gespräch überhaupt Sinn? | |
| Wie reden wir mit Populisten? Ist unser Geschrei nicht nur ein Ausdruck von | |
| Sprachlosigkeit? Welche Voraussetzungen sind nötig, um Brücken zu bauen? | |
| Wie kann der Dialog über das Indiskutable funktionieren? Glauben Sie, dass | |
| ein Dialog überhaupt möglich ist? Oder sind manche Aussagen einfach | |
| indiskutabel? | |
| Diskutieren Sie mit! | |
| Die Titelgeschichte “Weil... fuck you!„ lesen Sie in der [5][taz.am | |
| wochenende vom 20./21. Februar 2016] | |
| 19 Feb 2016 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Oettinger-und-AfD-Chefin-Petry/!5278772 | |
| [2] /AfD-Vize-nach-Schusswaffenaeusserung/!5277360 | |
| [3] /Ausgabe-vom-20/21-Februar-2016/!161855/ | |
| [4] http://www.spiegel.de/netzwelt/web/sascha-lobo-zu-donald-trump-wir-schlitte… | |
| [5] /Ausgabe-vom-20/21-Februar-2016/!161855/ | |
| ## AUTOREN | |
| Philipp Saul | |
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