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# taz.de -- Die Wahrheit: Terrorzelle Bräustüberl
> Spurensuche in der Heimat des Irregeleiteten: Bayerische
> Bier-Dschihadisten ziehen in den Krieg nach Syrien. Der IS kriegt sie
> alle.
Bild: Der „Islamische Staat“ macht mittlerweile sogar Werbung auf bayerisch…
Eine starke Detonation erschüttert die Altstadt Aleppos. Fensterscheiben
gehen zu Bruch, eine Polizeistation brennt aus. Drei Polizisten sterben,
viele Passanten werden mit schweren Verletzungen abtransportiert. Ein
Anschlag, trauriger Alltag in der syrischen Stadt. Als einzige Besonderheit
vermerkt der Polizeibericht, dass in der Nähe des Tatorts eine zerfetzte
Lederhose mit Resten eines Sprengstoffgürtels gefunden wurde.
Das Bekennerschreiben des sogenannten Islamischen Staats lässt die Ahnung
zur schrecklichen Gewissheit werden: Der Attentäter kam aus Deutschland.
Sein Name: Stefan Obermoser aus dem bayerischen Maisach. Ein 23-Jähriger,
der sich dem IS angeschlossen und unter dem Kampfnamen Hussein al-Bavari
die schreckliche Tat begangen hatte.
In seinem früheren Freundeskreis herrscht blankes Entsetzen. „Der Stefan
war immer gut drauf“, erzählt ein Klassenkamerad mit stockender Stimme,
„der hat nix auslassn, mit dem konntest immer auf eine Maß ins
Bräustüberl.“ Auch frühere Arbeitskollegen bestätigen den geselligen
Charakter des Selbstmordattentäters. Doch vor etwa einem halben Jahr
radikalisierte sich der gelernte Spengler zunehmend. Am Stammtisch
verkündete er immer öfter lautstark die wirren Ansichten seiner
islamistischen Vorbilder. Bis er eines Tages alles stehen und liegen ließ
und sich Richtung Syrien aufmachte.
Für Markus Brenninger vom bayerischen Innenministerium kein Einzelfall.
Nach Untersuchungen seines Ministeriums halten sich zurzeit 84 Islamisten
aus Bayern in Syrien oder im Irak auf. Wie viele von ihnen an
Kampfhandlungen oder terroristischen Aktionen teilnehmen, vermag er
allerdings nicht zu beurteilen. Eines ist jedoch klar: Die Zahl der
gewaltbereiten Islamisten im Freistaat steigt rapide an.
## IS auf dem Bierfilz
Spurensuche in der Heimat des Irregeleiteten. Maisach, eine Gemeinde
westlich von München. Brauerei mit Bräustüberl. Weithin geschätzt für Speis
und Trank. Ein Flaggschiff bayerischer Gastlichkeit – hier scheint die Welt
noch in Ordnung zu sein. Doch als die fesche Bedienung das frisch gezapfte
Bier auf den Bierdeckel stellt, fällt der Blick des Berichterstatters auf
das martialische Signet der Brauerei. Auf der Klinge einer schwarzen
Hellebarde prangen fett die Buchstaben „IS“! Ein erster Schock – doch das
Bier schmeckt vorzüglich. Ist der IS bei seinem Bemühen, die Grundfesten
der abendländischen Wertegemeinschaft zu unterminieren, schon bis ins
Allerheiligste bayerischer Gemütlichkeit vorgedrungen?
Bekannt ist ja, dass der IS seit einiger Zeit verstärkt Kämpfer in Europa
anwirbt. Doch bislang hatte man dabei eher an schäbige
Hinterhof-Gebetsräume und schummrige Teestuben in Bahnhofsnähe gedacht. Wir
fragen nach bei Mansour al-Bukr, Sprecher der Bundesvereinigung deutscher
Salafistenverbände.
Der in Heidelberg aufgewachsene Deutsch-Libanese erklärt erstaunlich offen
die Hintergründe: „Wir müssen unsere potenziellen Anhänger dort abholen, wo
sie sich bevorzugt aufhalten – also dringen wir in die Mitte der
Gesellschaft vor. Und die bayerischen Burschen haben sich als
ausgezeichnete Kämpfer bewährt. Früher haben sie sich auf Volksfesten oder
bei der Wirtshausschlägerei ausleben können. Heute ist das kaum mehr
möglich. Aber bei uns im Nahen Osten ist ihre unverstellte
Gewaltbereitschaft noch sehr gefragt.“
## Diskrete Übernahme
Da war die diskret vollzogene Übernahme einer Brauerei der logische nächste
Schritt „Wir sind da überhaupt nicht dogmatisch. Sehen Sie, um die
bayerischen Burschen in der trockenen Wüstenluft bei Laune zu halten und in
die richtige Kampfeslaune zu bringen, brauchen wir unbedingt Bier. Und bei
der Maisacher Brauerei hat uns einfach das Logo gefallen. Die Hellebarde
eignete sich im Kampf doch gleichermaßen zum Kopfabschlagen, Stechen und
Reißen und ist ein sehr passendes Symbol für unseren Kampf gegen die
Ungläubigen.“
Ein offenes Geheimnis ist auch, dass die Einnahmen des IS aus dem
Ölgeschäft durch die Bombardements in Syrien stark rückläufig sind. So ist
der IS dringend auf neue Einnahmequellen angewiesen – ein florierender
Betrieb wie die Maisacher Brauerei kam da gerade recht. Aber ist für
strenggläubige Muslime der Umgang mit alkoholischen Getränken nicht ein
absolutes Tabu? Auch in dieser brisanten Frage gibt al-Bukr bereitwillig
Auskunft. „Wir haben natürlich vor, die Produktpalette nach und nach auf
alkoholfreie Biere umzustellen. Zur Zeit wird der alkoholfreie ,Schariator‘
eingebraut – streng nach dem islamischen Reinheitsgebot.“
1 Mar 2016
## AUTOREN
Rüdiger Kind
## TAGS
Bier
Bayern
„Islamischer Staat“ (IS)
Donald Trump
Fußball
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