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# taz.de -- Die Wahrheit: Bing bong Boeing
> Donald Trump hat das Desaster des US-Luftfahrtunternehmens zur Chefsache
> erklärt. Mit gravierenden Folgen.
Bild: Der Präsident hebt ab: Trump fliegt am liebsten selbst
In den ersten Tagen des neuen Jahrzehnts stellte die internationale
Waffenindustrie in beeindruckender Weise ihre Leistungsfähigkeit am –
anfangs noch – lebenden Objekt unter Beweis. Die Demonstration
militärischer Einsatzmöglichkeiten löste in Teheran und Washington großen
Jubel aus. Vor allem dem amerikanischen Präsidenten Donald Trump war es
damit zu Beginn des Wahljahres gelungen, praktisch alle außenpolitischen
Baustellen zu schließen.
Einzig ein inneramerikanischer Problemfall trübt seine Erfolgsbilanz –
Sorgenkind Boeing droht Trump den Wahlkampf zu verhageln. Der größte
amerikanische Flugzeugbauer durchlebt die schwerste Krise seiner
Geschichte. Der Absturz von zwei „737 Max“-Maschinen aufgrund
unausgereifter Software zwang die US-Luftfahrtbehörde FAA, ein Flugverbot
zu verhängen.
Ein extremer Imageschaden für eine Ikone der US-Wirtschaft, die Reputation
des american engineering erweist sich als schwer beschädigt. Weltweit ist
das Vertrauen in die Zuverlässigkeit der Boeing-Technologie erschüttert –
Konkurrent Airbus profitiert von der Notlage und jagt Boeing Marktanteile
ab, weshalb Trump prompt den Zoll für Airbus erhöhte.
Doch damit nicht genug, mit seinem untrüglichen Gespür für den richtigen
Moment sorgte Trump jetzt zu Beginn des Wahljahres für eine faustdicke
Überraschung: Er ordnete an, eine der stillgelegten 737 Max („Wirklich
wundervolle Maschinen“) zum Präsidentenflugzeug umzurüsten. Trump in der
Air Force One als fliegender Werbeträger, so das Kalkül, würde weltweit das
Vertrauen in die Zuverlässigkeit der Problemflieger wiederherstellen und
ihn ganz nebenbei als „Grödaz“ („Größten Dealmaker aller Zeiten“) in…
setzen.
## Golfanlage im Flugzeug
Der Umbau erfolgte in Rekordzeit, und bei der Gelegenheit wurde die
Maschine natürlich auch den persönlichen Bedürfnissen des Präsidenten
angepasst: Ein mit schwarzem Marmor ausgekleideter Wellness-Bereich mit
vergoldeten Armaturen, Schlafzimmer im Empire-Stil mit
Swarovski-Kronleuchtern. Für den golfbegeisterten Trump wurde im Mittelgang
der Maschine eigens eine Driving Range installiert.
Mit einem breit angelegten Twitter-Bombardement begründete Trump seine
spektakuläre Entscheidung: Eine antiamerikanische Verschwörung sei
verantwortlich für das Boeing-Desaster, die Berichterstattung über die
angeblichen Software-Mängel und die Abstürze schlicht fake news: „In den
USA ist kein einziges dieser Flugzeuge abgestürzt. Unsere großartigen
Piloten hätten die Situationen, die zu den Abstürzen führten, mühelos
gemeistert. Kein Wunder, dass da Flugzeuge abstürzen, wo Kameltreiber als
Piloten eingesetzt werden.“
Die amerikanische Luftfahrtbehörde FAA, die das Flugverbot verhängte, ist
in Trumps Augen Teil des von Demokraten dominierten „tiefen Staats“, der
seine Präsidentschaft zu unterminieren versucht. Seine bedingungslose
Unterstützung für den kriselnden Flugzeugbauer begeistert seine
Anhängerschaft. „America first“ ist für diesen Präsidenten eben nicht nur
ein wohlfeiler Wahlkampfslogan, sondern gelebte politische Tat.
Beim Jungfernflug zu Trumps Golfresort Mar-a-Lago in Florida am Sonntag
pflügte die neue Air Force One durch den Äther wie ein Solinger Messer
durch Erdnussbutter. Die Steuerungssoftware funktionierte fehlerfrei, kein
Wässerchen trübte den beeindruckenden Flugkomfort. Die zum Lunch gereichte
Jahrgangs-Coke prickelte im mundgeblasenen Kristallkelch. Es fehlte an
nichts, es war an alles gedacht und auch eine auf die Maschine abgefeuerte
Boden-Luft-Rakete wäre vom bordeigenen Raketenabwehrsystem wirkungsvoll
vernichtet worden.
## Feilen am Abschlag
Das Unheil nahte von ganz anderer Seite. Da Trump am nächsten Tag an einem
Charity-Golfturnier teilnehmen sollte, wollte er noch ein wenig an seinem
Abschlag feilen. Beim ersten Versuch traf Trump – bing, bong – einen der
acht TV-Monitore und knockte einen CNN-Reporter aus.
Beim zweiten, nahezu perfekten Versuch wurde just in dem Moment, als Donald
Trump den Golfball mit beeindruckender Präzision abschlug, die Tür zum
Cockpit geöffnet. Und so jagte der Ball, anstatt an der mit Dämmmatten
gepolsterten Cockpit-Tür abzuprallen, durch die offene Tür, verfehlte um
Haaresbreite den Hinterkopf des Piloten und durchschlug die Frontscheibe
des sichersten Flugzeugs der Welt.
Für diesen Notfall ist die Air Force One nicht gerüstet. Die Folgen sind
verheerend: plötzlicher Druckverlust, 40 Grad kalte Luft schießt in die
Maschine, ein gewaltiger Sog zieht zuerst den Piloten, dann auch den
Co-Piloten, der ihm zu Hilfe eilen will, aus dem Cockpit. Führerlos
geworden, gerät die Maschine ins Trudeln und geht in den Sturzflug über.
Donald Trump aber ist leider nicht Harrison Ford, der sich als Präsident im
Hollywood-Film, kurz bevor die Air Force One auf dem Meer zerschellt, noch
retten kann. Goodbye, Mr President, dieser Flug verging wie im Flug.
17 Feb 2020
## AUTOREN
Rüdiger Kind
## TAGS
Donald Trump
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