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# taz.de -- Korruptionsskandal in Brasilien: Präsidentenmacher in Haft
> Gegen einen der engsten Mitarbeiter von Präsidentin Dilma Rousseff wird
> ermittelt. Das eingeleitete Verfahren bringt auch sie weiter in
> Bedrängnis.
Bild: Haftbefehl für Strippenzieher: Gegen João Santana wird wegen Korruption…
Rio de Janeiro taz | João Santana war gerade in Santo Domingo, als er
erfuhr, dass zu Hause in Brasilien ein Haftbefehl wegen Korruption gegen
ihr erlassen worden ist. Der Präsident der Dominikanischen Republik, Danilo
Medina, hatte ihn engagiert, um die Kampagne zu seiner Wiederwahl zu
organisieren.
Santana ist Fachmann im Präsidentenmachen: Für Brasiliens Präsidentin Dilma
Rousseff koordinierte er beide Kampagnen erfolgreich, auch ihr Vorgänger
Lula da Silva griff bei seiner Wiederwahl 2006 auf seine Dienste zurück.
2009 verhalf er Mauricio Funes, dem Kandidaten der Ex-Guerilla FMLN in El
Salvador zum Wahlsieg, ebenso wie Hugo Chávez 2012 in Venezuela sowie José
Eduardo dos Santos in Angola im gleichen Jahr.
Santana soll über sieben Millionen US-Dollar illegal eingenommen und auf
Konten im Ausland deponiert haben. Ermittlungsrichter Sergio Moro vermutet,
dass die Gelder aus dem Korruptionsskandal rund um Brasiliens
halbstaatlichen Erdölkonzern Petrobras stammen.
Aufgrund dieser Affäre, die schon einige Regierungspolitiker und Topmanager
hinter Gitter gebracht hat, fordert die Opposition den Kopf von Präsidentin
Rousseff. Das Verfahren gegen einen ihrer engsten Mitarbeiter bringt sie
jetzt noch weiter in Bedrängnis.
## Kartell in der Baubranche
Santana reagierte gelassen. Die Vorwürfe seien abwegig, all seine Gelder im
Ausland stammten von Aufträgen in anderen Ländern. Er sprach von einem
„Klima der Verfolgung“ in Brasilien. Er kündigte seinen Vertrag mit der
Partei von Präsident Medina und kehrte im nächsten Flieger mit seiner Frau
und Mitarbeiterin, gegen die ebenfalls Haftbefehl erlassen wurde, nach
Brasilien zurück. Dort wurden beide am Dienstagmittag festgenommen.
Mindestens drei Millionen soll Santana den Ermittlungen zufolge direkt von
dem Baukonzern Odebrecht erhalten haben. Das Unternehmen ist prominentes
Mitglied eines Kartells der Baubranche, das nicht nur den Großteil der
hochprofitablen staatlichen Aufträge im Rahmen von Fußball-WM und
Olympischen Spielen an sich riss. Es erschlich sich auch überteuerte
Aufträge von Petrobras und vielleicht anderen Staatsunternehmen. Der
Extragewinn verblieb zum Teil im Unternehmen, zum Teil floss er an korrupte
Politiker und ihre Parteien.
Diese Praxis ist in Brasilien nicht ungewöhnlich. Aber ärgerlich für die
regierende Arbeiterpartei PT ist, dass erstmals dagegen ermittelt wird,
wenn sie an der Macht ist. Da hilft es auch nicht, dass die meisten
angeklagten Politiker – darunter über 50 amtierende Bundesabgeordnete und
Senatoren – von dubiosen Koalitionspartnern stammen, die ohnehin im Ruf
stehen, nur des Geldes wegen Politik zu machen.
In knapp zwei Jahren brachte die „Autowaschanlage“ getaufte juristische
Aufarbeitung des Skandals über 80 Politiker, Unternehmer und Lobbyisten
hinter Gitter. Umgerechnet 630 Millionen Euro veruntreuter Gelder kamen
zurück in die Staatskassen. Die Regierung Rousseff und vor allem die PT
laufen zunehmend Gefahr, im Strudel der Ermittlungen und immer neuer
Enthüllungen von Details zu ertrinken. Da hilft auch nicht der Hinweis,
dass die Ermittlungen einseitig sind und dass immer wieder vertrauliche
Aussagen von Kronzeugen als vermeintliche Beweise in der Presse auftauchen.
Sogar gegen Expräsident Lula da Silva laufen erste Ermittlungen. Nur gegen
Rousseff selbst, die zugleich gegen eine schwere Wirtschaftskrise kämpft
und von Teilen ihrer Koalition schon im Stich gelassen wird, gib es bisher
keine Korruptionsvorwürfe. Das hindert die konservative Opposition nicht,
ein Amtsenthebungsverfahren gegen sie wegen unklarer Wahlkampffinanzierung
und einiger Haushaltstricks anzustrengen. Die PT nennt das einen
„Putschversuch“.
24 Feb 2016
## AUTOREN
Andreas Behn
## TAGS
Brasilien
Arbeiterpartei Brasilien
Dilma Rousseff
Schwerpunkt Korruption
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Schwerpunkt Olympische Spiele 2024
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Dilma Rousseff
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