# taz.de -- Flüchtlingspolitik in der EU: Noch zwei Jahre Grenzkontrollen? | |
> Die EU erwägt, Kontrollen im Schengen-Raum auf zwei Jahre zu verlängern. | |
> Griechenland werden schwere Vorwürfe gemacht – aber auch Athen beschwert | |
> sich. | |
Bild: November 2015: Zaun an der mazedonisch-griechischen Grenze. | |
Amsterdam/Brüssel ap/dpa | Als Antwort auf das massive Flüchtlingsaufkommen | |
will die EU nun längerfristige Grenzkontrollen auf dem Kontinent prüfen. | |
Der „nie dagewesene Zufluss von Asylbewerbern“, habe sich nicht vermindert, | |
sagte der niederländische Migrations-Staatssekretär Klaas Dijkhoff nach | |
einem Treffen der EU-Innenminister am Montag in Amsterdam. Sein Land hat | |
derzeit den Vorsitz der EU-Staaten. | |
Die Minister hätten die Brüsseler EU-Kommission nun beauftragt, die | |
„rechtliche und praktische Grundlage“ für die Verlängerung der Kontrollen | |
nach Artikel 26 des Schengener Kodexes vorzubereiten, so Dijkhoff. Dies ist | |
ein erster Schritt hin zu Kontrollen im Schengen-Raum von bis zu zwei | |
Jahren. | |
In den 26 Ländern des Schengen-Raums können sich Reisende normalerweise | |
weitgehend ungehindert bewegen. Deutschland und fünf andere Länder | |
kontrollieren derzeit ihre Grenzen aber wieder. „Im Falle außergewöhnlicher | |
Umstände“, in denen das Funktionieren des Schengen-Raums in Gefahr ist, | |
sind Grenzkontrollen von bis zu zwei Jahren möglich. | |
Derweil haben mehrere EU-Partner Griechenlands gedroht, dem Nachbarn | |
Mazedonien bei der Zurückweisung von Flüchtlingen zu unterstützen. Falls es | |
nicht gelinge, Migranten an der unkontrollierten Einreise nach Griechenland | |
zu hindern, könnten die EU-Partner erwägen, Mazedonien beim Abriegeln | |
seiner Grenze zu helfen, sagte Dijkhoff. Athen wies das als rechtswidrig | |
zurück. | |
## Außengrenzen schärfer kontrollieren | |
EU-Zuwanderungskommissar Dimitris Avramopoulos sagte, die EU-Außengrenzen | |
müssten schärfer kontrolliert werden, um den freien Verkehr innerhalb der | |
sogenannten Schengen-Zone aufrecht zu erhalten. EU-Ratspräsident Donald | |
Tusk warnte bereits, dass das passfreie Reisen innerhalb des Schengen-Raums | |
ein Ende haben könnte, falls die EU binnen zwei Monaten keine | |
Migrationsstrategie festgeklopft habe. | |
Nach Zahlen der Europäischen Union erreichen trotz des Winters und rauer | |
See immer noch mehr als 2.000 Menschen täglich Griechenland – meist per | |
Boot von der Türkei aus. Fast alle von ihnen sehen Griechenland nur als | |
Durchgangsstation und wollen nach Norden weiterreisen. Doch auf dem Treffen | |
der EU-Innen- und Justizminister in Amsterdam drängten die übrigen | |
EU-Staaten Griechenland, die Flüchtlinge zu registrieren und zu | |
beherbergen. | |
Mehrere Länder machten deutlich, dass sie ihre Grenzen schließen könnten, | |
so dass die Flüchtlinge in Griechenland bleiben müssten. Die könnte | |
geschehen, falls das Nicht-EU-Mitglied Mazedonien keine Flüchtlinge mehr | |
einreisen ließe. | |
## Staatliche Strukturen zu schwach | |
Der belgische Innenminister Jan Jambon sagte, falls Athen die | |
erforderlichen Kontrollen nicht schaffe, müsse sich die EU damit näher | |
befassen. Der belgische Staatssekretär für Asyl und Immigration, Theo | |
Francken, sagte: “Ihre staatlichen Strukturen sind offensichtlich zu | |
schwach, um dies zu leisten.“ Österreichs Innenministerin Johanna | |
Mikl-Leitner sagte, wenn Griechenland seine Grenze nicht wirksam | |
kontrolliere, müsse dies an anderer Stelle geschehen. | |
Der griechische Einwanderungsminister Ioannis Mouzalas räumte in, dass sein | |
Land Schwierigkeiten mit der großen Zahl von Flüchtlingen habe. Allerdings | |
unterstütze die EU Griechenland auch nicht genug. Griechenland unternehme | |
alles, um seine Seegrenze zur Türkei besser zu überwachen, doch statt der | |
erbetenen 1.800 Frontex-Beamten seien nur 800 gekommen. | |
Statt der beantragten 28 beantragten Küstenschutzschiffe seien nur sechs | |
eingetroffen. Im Übrigen sei es illegal, Beamte der Grenzschutzagentur | |
Frontex stattdessen an der griechisch-mazedonischen Grenze zu stationieren. | |
Francken brachte die Möglichkeit ins Gespräch, innerhalb Griechenlands | |
„geschlossene Einrichtungen“ für bis zu 300.000 Personen einzurichten. | |
Diese sollten dann von der EU verwaltet werden. | |
## Wer zahlt? | |
Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini verhandelte in der Türkei über | |
die Verwendung der von der EU zugesagten drei Milliarden Euro zur | |
Unterstützung von Flüchtlingen im Land. Der türkische Außenminister Mevlüt | |
Cavusoglu sagte, wenn das Geld nicht rechtzeitig komme, erschwere dies die | |
Bemühungen der Türkei, die Lebensbedingungen der Flüchtlinge zu verbessern. | |
Die EU-Staaten sind sich noch nicht einig, wie sie die Summe aufbringen | |
wollen. | |
Der Vizepräsident der EU-Kommission, Frans Timmermans, sagte dem | |
niederländischen Radiosender NOS, etwa 60 Prozent der Zuwanderer, die | |
Europa erreichten, kämen aus „Ländern, bei denen Sie davon ausgehen können, | |
das sie kein Recht auf Asyl haben“. Dies Wirtschaftsmigranten sollten so | |
schnell wie möglich nach Hause geschickt werden, um den Druck innerhlab der | |
EU zu verringern. | |
26 Jan 2016 | |
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