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# taz.de -- Schweigsame Pflege: Heime sind gegen Transparenz
> Um die Altenpflege zu verbessern, will die Gesundheitsbehörde Bewohner
> und Beschäftigte befragen und das Ergebnis veröffentlichen. Heimbetreiber
> sind dagegen.
Bild: Ob‘s was taugt? Schwer zu sagen, wenn die Daten nicht öffentlich sind.
HAMBURG taz | Wer in Hamburg für sich selbst oder einen Angehörigen eine
Pflegeeinrichtung sucht, soll in Zukunft auf einen öffentlichen Vergleich
zurückgreifen können. Die Gesundheitsbehörde bereitet eine Verordnung vor,
nach der die Alten- und Pflegeheime regelmäßig geprüft und die Ergebnisse
dann zum Teil ins Internet gestellt werden sollen.
Aber Vertreter der Heime wehren sich dagegen: Die staatliche Aufsicht
mische sich auf inakzeptabler Weise in das Geschäft der Betreiber ein.
Dabei seien die Kriterien, die über das Wohl und Wehe der einzelnen
Einrichtungen entscheiden, oft nur subjektiv zu bewerten, kritisiert die
Hamburgische Pflegegesellschaft.
Seit der Föderalismusreform 2006 sind die Bundesländer für das Heimrecht
zuständig. 2009 beschloss die Hamburgische Bürgerschaft ein Wohn- und
Betreuungsqualitätsgesetz, nach dem die Heime regelmäßig überprüft und die
Prüfergebnisse auf vergleichbare und verständliche Weise veröffentlicht
werden sollen. Bei der Verordnung, an der seither gearbeitet wird, geht es
darum, auf welche Weise das geschehen soll.
## Ein Stück Verbraucherschutz
„Ich verstehe nicht, warum sich die Einrichtungen dagegen wehren“, sagt die
zuständige SPD-Bürgerschaftsabgeordnete Sylvia Wowretzko. „Es ist ein Stück
Verbraucherschutz und die Einrichtungen können damit werben.“
Sinn der Regelungen ist es laut Gesetz, behinderten und alten Menschen, die
sich oft schwer tun, ihre Rechte wahrzunehmen, in einem besonders sensiblen
Bereich zu stärken – dem betreuten Wohnen. Sie sollen in die Lage versetzt
werden, selbstbestimmt und gleichberechtigt am gesellschaftlichen Leben
teilzunehmen.
Doch der Prüfleitfaden, mit dem das sichergestellt werden soll, stößt bei
der Hamburgischen Pflegegesellschaft, bei der der größte Teil der
Einrichtungen organisiert ist, auf herbe Kritik. Ordnungsrechtliche
Vorgaben wären aus Sicht der Verbandes in Ordnung, versichert dessen
Geschäftsführer Martin Sielaff. „Das Problem ist, dass die Behörde
versucht, ihren Qualitätsanspruch in die Einrichtungen hinein zu prüfen“,
sagt er. Dabei seien die einzelnen Anforderungen oft unscharf formuliert
und es würden Standards gefordert, die nicht finanziert werden.
## Auch Gutachter zweifeln
Auch die Pflegewissenschaftler Martina Hasseler und Mathias Fünfstück, die
das Prüfverfahren für den Senat untersuchten, kommen in einem 420-seitigen
Gutachten zum Schluss, dass die Behörde zwar Kriterien entwickelt habe,
„aber nicht immer deutlich ist, wie das Kriterium zu erfüllen ist“.
Zur Beurteilung sollen die Betreuten, deren Angehörigen und die
Beschäftigten befragt werden. Dabei geht es zum Teil um klar zu
beantwortende Fragen wie, ob die Betreuten zwischen verschiedenen Speisen
wählen können oder ob es ihnen ermöglicht wird, Wahlen oder Familienfeiern
zu besuchen.
Aber Fragen danach, ob der Kontakt der Betreuungskräften mit den
Angehörigen „respektvoll und wertschätzend ist“ sind schwerlich objektiv …
beantworten. Ob es einer Einrichtung gelingt, Angehörige in die Betreuung
einzubeziehen, hängt auch davon ab, ob das die Angehörigen wollen. Und ob
sich Pflegekräfte nach der Arbeit ausgelaugt fühlen, sagt weniger über ein
Heim als das Zahlenverhältnis zwischen Bewohnern und Betreuern.
25 Jan 2016
## AUTOREN
Gernot Knödler
## TAGS
Altenpflege
Transparenz
Hamburg
Heim
Alten- und Pflegeheime
Pflege
Altenpflege
Tarifverhandlungen
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