Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Verhandlung zu Safe-Harbor-Abkommen: Lieber schnell als sicher
> Die EU-Kommission beugt sich den Wünschen der Wirtschaft: Statt eigene
> Gesetze zu erlassen, vertraut sie auf die NSA. Ein Kläger hat sich
> angekündigt.
Bild: Was passiert auf der anderen Seite des Atlantik?
BERLIN taz | Nachdem die EU-Kommission in der vergangenen Woche erste
Eckpunkte des neuen Safe-Harbor-Abkommens vorgestellt hat, sickern langsam
neue Details durch. Nun berichtet der österreichische Rundfunk ORF unter
Berufung auf interne Papiere aus Verhandlungskreisen, dass die
EU-Unterhändler wohl Geschwindigkeit vor Substanz stellen wollen. Und im
Interesse der Wirtschaft auf einen schnellen Abschluss setzen, statt in
längeren Verhandlungen bessere Bedingungen zu erzielen.
Dass die EU-Kommission überhaupt mit den USA verhandelt, geht auf ein
Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom Oktober zurück. Der kippte
das Abkommen zwischen der EU und den USA, das es hiesigen Unternehmen
erlaubte, persönliche Nutzerdaten über den Atlantik zu transferieren. Die
Begründung des Gerichts: Die Daten seien in den USA nicht ausreichend vor
dem Zugriff durch staatliche Stellen geschützt. Weil Unternehmen dennoch
gerne ohne größeren Aufwand ihre Datenverarbeitung an US-Dienstleister
auslagern möchten, ist ein Nachfolgeabkommen geplant.
Mit neuer Verpackung: statt Safe Harbor soll es EU-US-Privacy-Shield
heißen. Eine schriftliche Vereinbarung gibt es noch nicht und die
EU-Kommission hält sich mit Details zurück, doch einiges ist schon
absehbar. Zum Beispiel die Antwort auf die Frage, wie eigentlich garantiert
werden soll, dass US-Behörden nicht auf die Daten von europäischen
NutzerInnen zugreifen.
Der EuGH stellte dafür klare Anforderungen: Entweder müssen die USA
Zugriffe per Gesetz unterbinden. Oder es muss eine internationale
Vereinbarung geben. Beides stellt zwar immer noch nicht sicher, dass
Geheimdienste sich auch daran halten. Aber zumindest würde es NutzerInnen
Wege eröffnen, gegen Verstöße einigermaßen wirksam vorgehen zu können.
Doch beides ist nicht absehbar. Stattdessen kündigte Justizkommissarin Věra
Jourová bei der Vorstellung der Pläne an, dass man auf schriftliche Zusagen
des Nationalen US-Geheimdienstdirektors setze. Der gab 2013 bei einer
Anhörung zu Protokoll, die NSA würde die Kommunikation von US-Bürgern nicht
überwachen. Wenige Monate später zeigten die von Edward Snowden
veröffentlichten Dokumente, dass es eine entsprechende Überwachung sehr
wohl gab.
## Hält der (Daten)Schutzschild?
Datenschützer befürchten, das geplante Abkommen werde sogar negative
Auswirkungen haben. „Das ‚Schutzschild für Privatsphäre‘ soll die Tatsa…
verdecken, dass es keine Lösung für die grundrechtswidrige
Massenüberwachung gibt“, kritisiert Friedemann Ebelt vom Verein
Digitalcourage. „Wie schon bei Safe Harbor ist auch beim
EU-US-Privatsphäre-Schild der Bereich der nationalen Sicherheit von den
Regelungen ausgenommen“, sagt Alexander Sander, Geschäftsführer des Vereins
Digitale Gesellschaft. Jurová spricht dann auch nicht davon, dass
Geheimdienste grundsätzlich keinen Zugriff auf die persönlichen Daten
europäischer VerbraucherInnen bekommen sollen, sondern nur von
„Begrenzungen“. Wo die liegen sollen, verrät die Kommission nicht.
Unternehmen, die noch immer auf Grundlage von Safe Harbor Daten in die USA
übermitteln, müssen sich jedenfalls darauf einstellen, dass die
Datenschutzaufsicht einschreitet. Die Überprüfung werde nicht ausgesetzt,
nur weil die EU-Kommission ein Abkommen in Aussicht gestellt hat, sagte ein
Sprecher des Hamburger Datenschutzbeauftragten Johannes Caspar.
Die Aufsichtsbehörden gehen dabei auch Beschwerden von NutzerInnen und
MitarbeiterInnen nach. Unabhängig davon wird das – noch nicht einmal
vorhandene – neue Abkommen angezählt. Der österreichische Jurist Max
Schrems, der durch seine Beschwerde bereits Safe Harbor vor dem EuGH zum
Kippen brachte, kann sich vorstellen, auch gegen das Nachfolgeabkommen
vorzugehen.
9 Feb 2016
## AUTOREN
Svenja Bergt
## TAGS
EU-Kommission
Nutzerdaten
Europäischer Gerichtshof
Safe Harbour
Safe Harbour
Schwerpunkt TTIP
Datenschutzabkommen
## ARTIKEL ZUM THEMA
Nach Ende von „Safe Harbor“-Abkommen: Deal zu Datenaustausch mit USA steht
Der Rahmen für neue Regelungen zum Datenaustausch zwischen der EU und den
USA steht. Datenschützer lehnen die Pläne entschieden ab.
Datenaustausch mit den USA: Frist verfehlt … und nun?
Früher konnten Firmen problemlos Daten aus Europa in die USA schicken.
EU-Richter kassierten das Safe Harbor Abkommen. Eine neue Regelung lässt
auf sich warten.
TTIP-Abkommen zwischen EU und USA: Streit über regulatorisches Duett
Spiel über Bande mit dem „Regulierungsrat“: Das Freihandelsabkommen sichert
Lobbyisten noch mehr Einfluss, stellt eine neue Studie fest.
Neue Grundverordnung zum Datenschutz: Die Jagd nach dem Datenschatz
Nach langen Verhandlungen einigt sich die EU auf neue Datenschutzregeln.
Doch vorbei ist die Lobbyschlacht noch lange nicht.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.