# taz.de -- Abschiebungen von Roma und Afghanen: Aus dem Bett gerissen | |
> Die Ausländerbehörde hat in der vergangenen Woche mehrere Dutzend | |
> Menschen abgeschoben, darunter einen Mann, der schon mehr als 20 Jahre | |
> hier lebte. | |
Bild: Von Abschiebung bedroht: Roma in Hamburg. | |
HAMBURG taz | Mindestens 44 Menschen aus verschiedenen Balkanstaaten sind | |
in der vergangenen Woche abgeschoben worden, wie die Ausländerbehörde | |
bestätigte – darunter ein Rom, der schon seit mehr als 20 Jahren in | |
Deutschland lebte. Eine afghanische Familie darf nach Angaben der | |
Initiative [1][„Willkommen-Kiwittsmoor“] vorerst bleiben, weil die Frau | |
schwanger ist. | |
Unter den Abgeschobenen sind auch Mitglieder der [2][Gruppe Romano Jekipe | |
Ano] (Vereinigte Roma) Hamburg, die auf sich aufmerksam machte, indem sie | |
den Michel symbolisch besetzte und gegen die Abschiebung von Roma auf den | |
Balkan protestierte. Die Minderheit wird dort häufig diskriminiert und die | |
Menschen leben unter erbärmlichen Bedingungen. Noch heute wohnen nach | |
Auskunft ihres Sprechers Isen Asanovski 51 Mitglieder der Gruppe in | |
kirchlichen Räumen. | |
Mindestens zwei Roma-Familien aus anderen Stadtteilen seien aber | |
abgeschoben worden, sagt Asanovski. „Wir hatten keine Kraft, sie zu | |
retten“, bedauert er. Die Gruppe „[3][2016 refugee support“] wirft der | |
Polizei vor, bei Abschiebungen in Billstedt gewaltsam gegen die Menschen | |
vorgegangen zu sein. Dabei sei ein Mädchen geschlagen worden. Die Familie | |
habe ihre Habseligkeiten nicht packen dürfen und die Handys abgeben müssen. | |
Der Ausländerbehörde war der Vorfall nicht bekannt. | |
Der Mann, der nach Serbien abgeschoben wurde, hat laut Asanovski vier | |
erwachsene Kinder, die in Deutschland geblieben seien. Die Duldung des | |
Mannes sei noch nicht abgelaufen. Er verstehe nicht, warum der Mann dann | |
540 Euro für seine Abschiebung bezahlen müsse. | |
Nach Darstellung der Ausländerbehörde hatte der Mann keinen Anspruch auf | |
eine Aufenthaltserlaubnis. Das habe das Verwaltungsgericht festgestellt. Er | |
sei nicht erwerbstätig gewesen. Seine Duldung sei mit einem Flugtermin | |
erloschen. „Es gibt keinen Hinweis darauf, dass die Abschiebung | |
rechtswidrig ist“, sagt Norbert Smekal, der Sprecher des | |
[4][Einwohnerzentralamtes]. | |
Zum Fall der afghanischen Familie vom Kiwittsmoor konnte Smekal nichts | |
sagen. Die Helferinitiative berichtet, dass rund 20 Polizisten die | |
Unterkunft in Langenhorn umstellten. Einige seien in das Zimmer der | |
schlafenden Familie mit einem zweijährigen Kind eingedrungen und hätten sie | |
aufgefordert, ihre Sachen zu packen. Nur dem Umstand, dass die 19-jährige | |
Mutter kurz vor einer weiteren Entbindung stehe, sei es zu verdanken, dass | |
die Abschiebung ausgesetzt wurde. | |
Das junge Ehepaar und ihr kleiner Sohn hätten sich nichts zu Schulden | |
kommen lassen. „Warum werden sie wie Schwerverbrecher behandelt?“, fragt | |
Willkommen-Kiwittsmoor. Für die Ehrenamtlichen aus der Nachbarschaft, die | |
sich für das Wohl der Bewohner einsetzten, sei das Verhalten der | |
Innenbehörde inakzeptabel. | |
1 Feb 2016 | |
## LINKS | |
[1] https://www.facebook.com/groups/436186656565350/ | |
[2] https://www.facebook.com/romanojekipe/?fref=ts | |
[3] https://de.indymedia.org/node/7764 | |
[4] http://www.hamburg.de/eza/79920/einwohner-zentralamt/ | |
## AUTOREN | |
Gernot Knödler | |
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