# taz.de -- Debatte um das Tempelhofer Feld: CDUler stimmt gegen seine Fraktion | |
> Abgeordnetenhaus gibt vier Prozent der Fläche für mobile | |
> Flüchtlingsunterkünfte frei. Ein CDU-Mitglied mag die Entscheidung nicht | |
> mittragen. | |
Bild: Das Tempelhofer Feld: Jetzt wird es doch ein bisschen bebaut | |
Nun also auch Antje Kapek. Auch die grüne Fraktionsvorsitzende redet wie | |
die Initiative „100 % Tempelhofer Feld“ vom Schweinegalopp, in dem das | |
Schutzgesetz fürs Tempelhofer Feld angeblich geändert werden solle. Dabei | |
hat der SPD-Abgeordnete Daniel Buchholz ihr erst tags zuvor und an manch | |
anderer Stelle dargelegt, dass über zwei Monate zwischen Änderungsentwurf | |
und Beschluss an diesem Donnerstag im Abgeordnetenhaus liegen. | |
Und natürlich taucht, auf Plakaten in den Reihen der Grünen-Fraktion, auch | |
wieder das schier unvermeidbare „Haus der Statistik“ in Alex-Nähe als | |
vermeintliche Alternative zum Tempelhofer Feld auf – jenes frühere | |
Behördenhaus, das laut Sozial-Staatssekretär Dirk Gerstle (CDU) erst in | |
knapp drei Jahren wieder nutzbar sein wird. | |
## Vier Prozent der Fläche – direkt neben dem Vorfeld | |
Es ist nochmal eine Mischung vieler Halbwahrheiten, gegenseitiger Vorwürfe | |
und persönlicher Attacken, als das Abgeordnetenhaus an diesem | |
Donnerstagvormittag das beschließt, was von den ersten Senatsplänen fürs | |
Tempelhofer Feld übrig geblieben ist: dass statt vier Flächen am | |
westlichen, nördlichen und östlichen Feldrand nun nur zwei befestigte | |
Abschnitte unmittelbar neben dem Vorfeld genutzt werden, jener betonierten | |
Fläche, über die einst die Flugzeuge zum Start rollten. Von der seit dem | |
Volksentscheid im Mai 2014 geschützten Fläche machen sie vier Prozent aus, | |
also ein Fünfundzwanzigstel. | |
Zwei Dinge sorgen dafür, dass es nicht bei einem reinen letzten Aufwasch | |
von längst Gehörtem bleibt: zum einen gegenseitige Vorwürfe zum Umgang mit | |
dem Todesfall am Lageso, der dann doch kein Todesfall war. Da sieht | |
CDU-Stadtentwicklungsexperte und Vizefraktionschef Stefan Evers den | |
Tiefpunkt der politischen Debatte erreicht, weil die Grüne Ramona Pop und | |
Christopher Lauer von der Piratenfraktion vorschnell den Rücktritt von | |
Sozialsenator Mario Czaja (CDU) gefordert hätten, ohne dass die Lage klar | |
war. | |
## „Czajas Job gehört zu den schwersten in der Republik“ | |
Wie die Reiter der Apokalypse habe sich die Opposition auf den Fall | |
gestürzt, um ihn gegen Czaja zu nutzen, „Hexenjäger“ sieht Evers in Grün… | |
Linken und Piraten. Der CDU-Mann legt ein klares Bekenntnis zum Senator ab, | |
dessen Job für ihn „zu den schwersten in der Republik in diesen Tagen“ | |
gehört. | |
Wenig später steht Fabio Reinhard (Piraten) am Mikrofon und spricht von | |
vier Fehlgeburten am Lageso. Das setzt Czaja-Sprecher Sascha Langenbach in | |
Aktion, der auf der Pressetribüne Journalisten versichert: „Es gab keine | |
Fehlgeburten, das ist alles gelogen!“ Genauso sei es mit angeblichen | |
Erfrierungen und Amputationen. Es ist Czaja, der am Rednerpult von solchem | |
vivace auf lente runtergeht. Die größte Aufgabe seit der Wiedervereinigung | |
nennt er die Flüchtlingsaufnahme. Man könne sich sicher sein: „Ich werde | |
diese Aufgabe mit aller Kraft und maximalem Einsatz erledigen.“ | |
## Markus Klaer ist dagegen | |
Die zweite Neuerung gegenüber der bisherigen Tempelhof-Debatte: Einer der | |
39 CDU-Abgeordneten stimmt offen gegen die Gesetzesänderung und seine | |
eigene Fraktion. Es ist nicht Manuel Heide, der sich tags zuvor für eine | |
weit intensivere Feld-Nutzung ausgesprochen hatte, sondern sein | |
Fraktionskollege Markus Klaer. Dieser war bisher öffentlich am meisten in | |
Erscheinung getreten, als er im vergangenen Sommer als Chef der | |
Lesben-und-Schwulen-Union (LSU) in der Berliner CDU für die Homo-Ehe warb. | |
An diesem Donnerstag mag er zum einen die künftig auf 7.000 fast | |
verdreifachte Zahl von Flüchtlingen am Flughafen nicht mittragen. Zum | |
anderen will Klaer kein Gesetz ändern, für das erst vor knapp | |
eindreiviertel Jahren 740.000 Berliner stimmten: „Das verbietet der Respekt | |
vor dem Souverän“, sagt er in einer persönlichen Erklärung. Dafür bekommt | |
der CDU-Mann viel Applaus – von Grünen, Linken und Piraten. | |
28 Jan 2016 | |
## AUTOREN | |
Stefan Alberti | |
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