| # taz.de -- Debatte übers Tempelhofer Feld: CDU entdeckt Herz für Arme | |
| > Am Tag vor der Abstimmung über die Unterbringung von Flüchtlingen fordert | |
| > ein CDU-Abgeordneter, an den Feldrändern Wohnungen auch für Flüchtlinge | |
| > zu bauen. | |
| Bild: Soll das vom Volk verabschiedete Gesetz geändert werden? Viele Anwohner … | |
| Am heutigen Donnerstag wollen SPD und CDU im Abgeordnetenhaus das | |
| Schutzgesetz fürs Tempelhofer Feld ändern, um mehr Flüchtlinge unterbringen | |
| zu können. Damit werde weder der Volksentscheid vom Mai 2014 gekippt noch | |
| Baurecht geschaffen, außerdem sei alles auf drei Jahre begrenzt, versichert | |
| die Koalition am Mittwoch im Stadtentwicklungsausschuss, wo sie den Weg für | |
| die heutige Abstimmung freimachte. Zumindest einem bei SPD und CDU ist das | |
| viel zu wenig: Ausschusschef Manuel Heide (CDU) sprach von fehlendem Mut | |
| und forderte sozialen Wohnungsbau am Tempelhofer Feld – für Flüchtlinge und | |
| deutsche Familien. | |
| Der Senat hatte schon im November darauf gedrängt, vier Flächen an den | |
| Feldrändern für Unterkünfte zu nutzen – am Tempelhofer Damm, am | |
| Columbiadamm und auf Neuköllner Seite – und das Schutzgesetz entsprechend | |
| zu ändern. Die Parlamentsfraktionen ließen sich allerdings nicht zu einem | |
| schnellen Beschluss drängen. Nach breitem Protest, vor allem der Initiative | |
| 100% Tempelhofer Feld, rückte Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel (SPD) | |
| davon ab und legte zu Jahresbeginn eine stark abgespeckte Fassung vor. Nach | |
| einer Änderung durch die Koalitionsfraktionen sieht der Entwurf nun | |
| lediglich vor, zwei befestigte Flächen zu nutzen, die südlich und westlich | |
| an das betonierte Vorfeld anschließen. | |
| Diese beiden zusätzlichen Flächen sind zusammen etwa so groß wie 17 | |
| Fußballfelder und machen weniger als vier Prozent des geschützten | |
| Tempelhofer Felds aus. Dort sollen mobile Unterkünfte entstehen, auf dem | |
| Vorfeld Gesundheitseinrichtungen und Sportanlagen. Statt derzeit 2.500 | |
| Flüchtlinge in drei der sieben Flughafen-Hangars sollen künftig auf die | |
| neuen Bauten und allen Hangars verteilt maximal 7.000 Flüchtlinge | |
| unterkommen. | |
| „Diese Massierung von Menschen ist problematisch“, sagte Heide (60), der | |
| als Schatzmeister der CDU-Fraktionsspitze angehört, aber im Herbst nach 31 | |
| Jahren als Abgeordneter nicht erneut fürs Parlament kandidiert. Er | |
| bezweifelte auch, dass es Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) gelingen | |
| wird, jene 1.200 Kinder im schulfähigen Alter, die unter den bis zu 7.000 | |
| Flüchtlingen sein sollen, auf die umliegenden Schulen zu verteilen. Eine | |
| reine Flüchtlingsschule auf dem Flughafengelände soll es nach Darstellung | |
| der Scheeres-Verwaltung nicht geben. | |
| Richtig wäre es gewesen, am Tempelhofer Feld auf sozialen Wohnungsbau zu | |
| setzen, sagte Heide am Mittwoch im Stadtentwicklungsausschuss, „aber diesen | |
| Mut gibt es nicht“. Gegenüber der taz konkretisierte Heide, dass er an eine | |
| Randbebauung denke, wie sie der rot-schwarze Senat vor dem Volksentscheid | |
| 2014 plante. Heide würde allerdings höher bauen, teilweise achtgeschossig | |
| statt wie damals geplant vier bis fünf Stockwerke hoch. Dadurch könnte | |
| knapp die Hälfte mehr als die damals angesteuerten 4.400 Wohnungen | |
| entstehen. Die sollten damals nur zum Teil als Sozialwohnungen gebaut | |
| werden. | |
| „Ich sage deutlich, dass das nicht die Meinung meiner Partei, sondern meine | |
| eigene ist“, betonte Heide im Ausschuss. Die Stadtentwicklungsverwaltung | |
| konterte sofort: „Es gibt keinerlei Aktivitäten, wie sie der Abgeordnete | |
| Heide eingefordert hat“, sagte Staatssekretär Christian Gaebler (SPD). Im | |
| Tagesspiegel hatte sich allerdings auch der ehemalige Regierende | |
| Bürgermeister und Ehrenvorsitzende der Berliner CDU, Eberhard Diepgen, | |
| ähnlich geäußert: „An einer Bebauung im Randbereich wird man nicht vorbei | |
| kommen. Der Bedarf an Wohnungen ist zu groß.“ Wie Diepgen setzt auch sein | |
| Parteifreund Heide auf soziale Durchmischung: „Wenn ich das Ghetto nicht | |
| will, dann muss ich Wohnungen für alle schaffen“, sagte er der taz. So will | |
| er sich auch am Dienstag in der CDU-Fraktionssitzung geäußert haben. Allein | |
| sieht er sich mit seiner Haltung nicht: „Ich glaube, dass das viele im | |
| Hinterkopf haben.“ | |
| 27 Jan 2016 | |
| ## AUTOREN | |
| Stefan Alberti | |
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