# taz.de -- Gentrifizierung in Bremen: Wenig Geld für grüne Dächer | |
> Bremen minimiert nach zehn Jahren sein Programm zur Förderung bewachsener | |
> Dächer: Geld gibt‘s nur für Großwohnanlagen. | |
Bild: Urbaner Dschungel, zahm und ökologisch wertvoll. | |
BREMEN taz | Sie sehen – meistens – schön aus. Sie sorgen in verbauten | |
Innenstädten für Artenvielfalt, gute Luft und dämpfen Verkehrslärm. Sie | |
wirken wie eine natürliche Wärmedämmung und helfen, Energie zu sparen. Und | |
sie nehmen – deswegen sind Dächer, auf denen Pflanzen wachsen, bei | |
Stadtverwaltungen so beliebt – Regenwasser auf, das dann nicht in Kanälen | |
landet und sie im Extremfall zum Überlaufen bringt. | |
Auch Bremen hat seit zehn Jahren ein Programm, mit dem die Anlage von | |
begrünten Dächern gefördert werden soll. | |
Gerade wurde es für drei Jahre neu aufgelegt – aber es steht sehr viel | |
weniger Geld zur Verfügung als bisher. 165.000 Euro gab es bis 2014 pro | |
Jahr für das gesamte Programm „Ökologische Regenwasserbewirtschaftung“, m… | |
dem zusätzlich die Ausstattung von Gebäuden mit Regenwassernutzungsanlagen, | |
die Entsiegelung von Flächen sowie Versickerungsanlagen gefördert wurden. | |
Letzteres fällt ganz weg, für die anderen drei Programmteile dürfen noch | |
84.000 Euro ausgegeben werden. 60.000 Euro davon für die grünen Dächer. | |
Anders als früher können nur noch Besitzer von „Großwohnanlagen“ Geld | |
bekommen – so steht es in der Richtlinie, die PolitikerInnen der | |
Umwelt-Deputation im Dezember beschlossen haben. Was eine Großwohnanlage | |
ist, steht dort nicht. „Mindestens acht Wohnungen“ müsse so ein Gebäude | |
haben, sagt Jens Tittmann, Sprecher von Bau- und Umweltsenator Joachim | |
Lohse (Grüne). Und dass die Fachleute der Behörde die Einschränkung | |
bedauern. | |
Verantwortlich dafür ist die SPD-Fraktion in der Bürgerschaft. „Wir wollen | |
einen neuen Adressatenkreis erreichen“, sagt deren Umweltpolitiker Jens | |
Crueger. „Das Geld reicht nicht, um es flächendeckend einzusetzen, daher | |
wollen wir einen Schwerpunkt auf die Förderung von Geschossbauten legen.“ | |
Deshalb liegt die Höchstsumme, die übernommen wird, jetzt auch bei 12.000 | |
Euro statt wie bisher bei 5.000 Euro. Damit ließe sich eine mehrere hundert | |
Quadratmeter große Fläche begrünen: Pro Quadratmeter zahlt die Stadt | |
maximal 25 Euro dazu – die Aufbringung von Bodensubstrat und Pflanzen | |
kostet selten mehr als 100 Euro pro Quadratmeter. | |
Dass solche Summen für ein großes Bauunternehmen keinen finanziellen Anreiz | |
darstellen, räumt Crueger ein. „Uns geht es um einen Multiplikatoreneffekt, | |
dass sich Leute für das Thema begeistern.“ | |
Das waren nach Angaben der Umweltberatung, die das Programm bisher | |
verwaltet hat, in der Vergangenheit eher Privatleute. „Die meisten | |
Antragsteller wollten ihr Carport oder eine Garage begrünen“, sagt die | |
Umweltberaterin Silke Christiansen. Selten habe es Anträge über 100 | |
Quadratmeter gegeben. | |
Im Schnitt seien so in den vergangenen Jahren jeweils etwa 2.500 | |
Quadratmeter Dachgrün hinzugekommen. 2014 gab es fast 30 solcher Vorhaben, | |
2015 wurden nur noch halb so viele gefördert, wegen der Haushaltssperre. | |
„Wir hatten zehn Anträge auf Eis liegen“, sagt Christiansen, „denen wir | |
jetzt absagen mussten.“ Darunter befand sich ein Neubau von vier | |
Reihenhäusern, die jeweils um die 100 Quadratmeter bepflanzen wollten. | |
Wie viel andere Kommunen für mehr Dachgrün tun, war auf der Messe Hansebau | |
am Wochenende in Bremen zu erfahren. Hamburg beispielsweise gibt bis 2019 | |
drei Millionen Euro aus. Zudem können Abwassergebühren reduziert werden. | |
Weniger wohlhabende Kommunen verpflichten Bauherren per Bebauungsplan zum | |
Gründach – erlassen ihnen dafür andere Auflagen wie im | |
schleswig-holsteinischen Flintbek, wo ein ganzer Straßenzug „oben grün“ | |
ist. | |
Auf diese Weise ließe sich auch in Bremen noch mehr Dachgrün gewinnen, | |
stellt der Bau- und Umweltsenator in einem Schreiben an die | |
UmweltpolitikerInnen fest. Aber Bauunternehmen Vorschriften machen, will in | |
Bremen gerade niemand. Die sollen schließlich in großem Stil Wohnungen | |
schaffen. Geplant sind 14.000 bis zum Jahr 2020. | |
26 Jan 2016 | |
## AUTOREN | |
Eiken Bruhn | |
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