# taz.de -- Berliner Klimawandel-Konzept: Unser Dorf soll grüner werden | |
> Mehr Straßenbäume, begrünte Dächer, weiße Häuserwände: Die | |
> Stadtentwicklungssenatorin stellt einen Plan vor, wie Berlin die Folgen | |
> der globalen Erderwärmung abmildern könnte. | |
Bild: Global ändert sich das Klima, in Berlin auch. Jetzt reagiert der Senat. | |
Berlin wird ein heißes Pflaster: Aufgrund des Klimawandels steigt die | |
jährliche Durchschnittstemperatur in der Stadt bis 2050 um bis zu 2,5 Grad, | |
so die Prognose der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung. Die Tage über 30 | |
Grad nehmen zu. Die Sommer sind trocken, die Winter feucht. Auch | |
Wetterextreme treten vermehrt auf. Wenn es regnet, fällt er häufig | |
sturzbachartig vom Himmel. | |
Um Berlin auf diese Veränderungen vorzubereiten, hat der Senat einen | |
Stadtentwicklungsplan Klima entwickelt. Die zuständige Senatorin, Ingeborg | |
Junge-Reyer (SPD), stellte das Papier am Mittwoch vor. Es ist eine | |
detaillierte Analyse der Auswirkungen des Klimawandels auf Berlin und zeigt | |
Maßnahmen auf, mit denen diese zumindest abgemildert werden könnten. | |
Die Senatorin bezeichnet den Plan als "Roadmap", also als eine Art | |
Wegweiser, nach dem sich die Landespolitik in Zukunft ausrichten möge. Er | |
soll nicht in ein eigenständiges Gesetz münden, stattdessen müssten bereits | |
bestehende Regelungen verändert werden, so Junge-Reyer. Das könne nur in | |
Absprache etwa mit den Bezirken geschehen. "Die Inhalte sollen ab sofort | |
breit diskutiert, ergänzt und räumlich konkretisiert werden." | |
Vor allem innerhalb des S-Bahn-Rings werden die Berliner 2050 dem | |
Stadtentwicklungsplan zufolge ins Schwitzen kommen. Eine dichte Bebauung | |
heizt sich tagsüber besonders auf. Nachts strahlen die Häuser die Wärme ab. | |
Heute gibt es im Zentrum pro Jahr fünf bis sechs "Tropennächte" mit | |
Temperaturen über 20 Grad, 2050 werden es acht bis neun sein, sagte der | |
zuständige Projektleiter, Heinz Brandl. Bis 2100 könnte die Zahl auf 17 bis | |
20 steigen. | |
Anhand einiger Beispiele hat die Verwaltung für verschiedene Siedlungsarten | |
die Wirksamkeit von Maßnahmen überprüft. Bei einem Wohnblock aus der | |
Gründerzeit in Charlottenburg zeigte sich, dass eine Bepflanzung der | |
Fassade, des Dachs und vor allem mehr Bäume im direkten Umfeld besonders | |
sinnvoll seien, berichtete Brandl. Eine hohe Reflexionsfähigkeit der Wände | |
senke ebenfalls die Temperatur - die Häuser sollten möglichst hell | |
gestrichen sein. "Durch eine Kombination dieser Maßnahmen könnte man am | |
Boden 6 bis 7 Grad Abkühlung erreichen", sagte Brandl. | |
Am Beispiel eines Industriegebiets im Süden Berlins zeigt der Plan auf, | |
dass es hier vor allem sinnvoll wäre, Flächen zu entsiegeln. Weiße Wände | |
könnten das Bioklima ebenfalls deutlich verbessern. | |
Neben dem Umgang mit bebauten Gebieten befasst sich der Plan auch mit den | |
Grünflächen in der Stadt, die ausgleichend auf das Klima wirken. Sie | |
sollten erhalten und möglichst neue geschaffen werden. Auch | |
"Kaltluftschneisen" seien wichtig, damit kühlere Luft in die Wohngebiete | |
strömen kann. Die Bepflanzungen müssten ebenfalls angepasst werden: Bäume | |
und Sträucher müssen im Sommer mit größerer Trockenheit klarkommen. Es sei | |
auch wichtig, versiegelte Flächen aufzubrechen, sodass die Erde das | |
versickernde Wasser aufnehmen kann, erklärte Brandl. | |
Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) Berlin reagierte verhalten auf | |
den Plan. "Es ist gut, dass die Probleme definiert und Maßnahmen entwickelt | |
werden", sagte Geschäftsführer Tilmann Heuser. Jetzt dürfe es aber nicht | |
bei hehren Zielen bleiben. Sie müssten auch konkret umgesetzt werden. Schon | |
beim gescheiterten Klimaschutzgesetz habe sich gezeigt, dass beim Senat | |
Anspruch und Wirklichkeit auseinanderklafften. | |
"Vor allem müssen die finanziellen Mittel bereitgestellt werden", so | |
Heuser. In der Vergangenheit seien gerade die Grünflächenämter in den | |
Bezirken unterfinanziert gewesen. "Allein zwischen 2005 und 2009 wurden | |
9.000 Straßenbäume weniger gepflanzt als gefällt." Meine der Senat es ernst | |
mit seinem Stadtentwicklungsplan, müsse nun ein Programm sowohl für | |
Straßenbäume als auch für die Dachbegrünung und die Entsiegelung von Böden | |
folgen. | |
Auch die Grünen sind skeptisch, ob der Senat die im Plan genannten Ziele | |
tatsächlich realisiert. Die stadtentwicklungspolitische Sprecherin, | |
Franziska Eichstädt-Bohlig, nannte Mediaspree als Beispiel. "Das Spreeufer | |
ist für die Stadt eine wichtige Kaltluftschneise. Trotzdem soll es bebaut | |
werden." | |
19 Jan 2011 | |
## AUTOREN | |
Antje Lang-Lendorff | |
Antje Lang-Lendorff | |
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