| # taz.de -- Kommentar Umgang mit Flüchtlingen: Aktion Mistgabel | |
| > Der Landrat, der Flüchtlinge von Bayern nach Berlin karrt, hat jetzt den | |
| > eigenen Mist vor der Tür. Seine Aktion ist ein neuer Debattentiefpunkt. | |
| Bild: So ein Bullshit: Peter Dreier karrte Menschen vors Kanzleramt, als ob sie… | |
| Wütende Landwirte protestieren gerne rustikal: Auf Treckern mit | |
| schmutzstarrenden Reifen fahren sie vor ins Zentrum der politischen Macht. | |
| Und kippen Kuhmist oder überschüssige Milch vors Kanzleramt. Auf dass die | |
| Herren und Damen in Berlin sehen und riechen können, wie groß der Unmut an | |
| der Basis ist. | |
| Die bewährte Bauernmethode hat nun auch der Landrat Peter Dreier aus dem | |
| niederbayerischen Landshut angewandt. Und damit einen neuen Tiefpunkt in | |
| der Flüchtlingsdebatte markiert. Der Politiker der Freien Wähler Bayern | |
| wollte nach eigenen Angaben „ein Zeichen setzen, dass es so wie bisher in | |
| der Flüchtlingspolitik nicht weitergehen kann und darf“. | |
| Also charterte er einen Reisebus, setzte 31 syrische Flüchtlinge hinein und | |
| [1][ließ sie am Donnerstag zum Kanzleramt fahren]. Die Botschaft: „Schau | |
| her, Merkel, da hast‘ Deine Flüchtlinge.“ Selber fuhr Dreier im Auto | |
| hinterher. Schließlich sitzt der Landwirt ja auch vorn – und nicht hinten | |
| im Hänger beim Kuhmist. | |
| Mal abgesehen von der hässlichen Symbolik, die Menschen mit Unrat | |
| gleichsetzt, hat der Landrat aus Niederbayern mit seiner Aktion auch | |
| menschlich eine rote Linie überschritten. Denn offenbar hat er die Männer, | |
| die bereits als Asylbewerber anerkannt waren, mit falschen Versprechungen | |
| zu der Reise überredet: In Berlin seien die Unterbringungsmöglichkeiten | |
| besser, sie hätten dort Aussicht auf eine Wohnung. | |
| ## „Entsolidarisierung“ | |
| Dabei dürfte es niemand besser wissen als der Landrat, dass die Situation | |
| in der notorisch überforderten Hauptstadt ungleich schlechter ist als in | |
| seinem 151.000-Einwohner-Kreis, der sich rühmt, „wirtschaftliches | |
| Kraftzentrum“ der Region zu sein. | |
| Acht Stunden saßen die Syrer im Bus, angeblich wurde einer zwischendrin an | |
| einer Tankstelle vergessen. Erst im Lauf der Reise dürfte ihnen aufgegangen | |
| sein, dass sie für eine politische Inszenierung missbraucht werden. | |
| In Berlin ging es dann weiter: Berlins Regierender Bürgermeister sprach von | |
| einer „Entsolidarisierung“ – und nahm keinen der Flüchtlinge auf, worauf | |
| Dreier eigentlich spekuliert hatte. Jetzt sitzen die Flüchtlinge wieder im | |
| Bus. Zurück nach Oberbayern. | |
| Die Aktion Mistgabel ist also in doppelter Hinsicht gescheitert: Da Merkel | |
| am Donnerstag nicht einmal anwesend war, lief die beabsichtigte | |
| Demonstration von politischer Stärke ins Leere. Auch die mediale Aufregung | |
| dürfte sich angesichts drängender tagespolitischer Probleme schnell wieder | |
| verflüchtigen. Übrig geblieben ist nur erbärmlicher Zynismus. | |
| Den Mist hat Dreier jetzt im eigenen Haus. In Landshut herrscht unter den | |
| Flüchtlingen jetzt vermutlich eine Stimmung, vor der Landrat Dreier noch am | |
| Donnerstag per Presseerklärung gewarnt hatte: „dass immer mehr Menschen das | |
| Vertrauen in ihren Staat und die Handlungsfähigkeit seiner Organe verloren | |
| haben“. | |
| 15 Jan 2016 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Syrische-Fluechtlinge-aus-Landshut/!5268741/ | |
| ## AUTOREN | |
| Nina Apin | |
| ## TAGS | |
| Schwerpunkt Flucht | |
| Landshut | |
| Freie Wähler | |
| Berlin | |
| Landshut | |
| Schwerpunkt Angela Merkel | |
| Landshut | |
| Flüchtlinge | |
| Flüchtlinge | |
| Flüchtlinge | |
| Schwerpunkt Rassismus | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Oberbürgermeisterwahl in Landshut: Gelber Fleck im schwarzen Land | |
| In Landshut gewinnt ein Österreicher die Stichwahl zum Stadtoberhaupt. | |
| Bemerkenswert daran ist, dass Alexander Putz für die FDP antrat. | |
| Kommentar Folgen von Köln für Merkel: Schluss mit Bullerbü | |
| Die heile Welt der Kanzlerin ist durch die Flüchtlinge gefährdet. Ihre | |
| Gegenrezepte wirken nicht, ihre Partei ist zunehmend gereizt. | |
| Syrische Flüchtlinge aus Landshut: Unwürdig herumgeschoben | |
| Ein Landrat reiste mit Flüchtlingen nach Berlin, weil es für sie in | |
| Landshut keine Wohnungen gebe. Auf die „Verzweiflungsaktion“ folgt nun | |
| Enttäuschung. | |
| Flüchtlinge: „Das wird sich zurechtruckeln“ | |
| Die freiwillige Hilfe am Hamburger Hauptbahnhof hat sich | |
| professionalisiert. Seither ringen Haupt- und Ehrenamtliche darum, wer das | |
| Sagen hat. | |
| Österreichischer Arzt gegen Flüchtlinge: Asylbewerber unerwünscht! | |
| Der Wiener Arzt Thomas Unden weigert sich, Flüchtlinge zu behandeln. Die | |
| müsse er ohnehin durchfüttern. Die Ärztekammer erstattet Anzeige. | |
| Vorschlag zu straffälligen Flüchtlingen: Abschiebung ohne Prozess | |
| Der CSU-Generalsekretär sorgt mit einer Forderung für Aufruhr. Politiker | |
| anderer Parteien empfehlen ihm einen Integrationskurs und den Blick ins | |
| Grundgesetz. | |
| Kolumne Eben: Endlich wieder Opfer | |
| Die Deutschen sind erschüttert. Wegen dem, was in Köln passiert ist. Aber | |
| vor allem, weil sie sich selbst als Opfer fühlen. |