# taz.de -- Rechtsstaatsverfahren der EU: Bloß keine Polemik gegen Polen | |
> Die Europäische Kommission löst erstmals ein neues Prüfverfahren gegen | |
> Polen aus. Von Sanktionen ist vorerst keine Rede. | |
Bild: Auch Demonstranten machen Druck: verknotete Fahnen Europas und Polens wä… | |
Brüssel taz | Es ist eine Premiere: Nach langem Zögern hat die | |
EU-Kommission am Mittwoch ein Verfahren gegen Polen eingeleitet, um | |
mögliche Verstöße der nationalistischen Regierung gegen den Rechtsstaat zu | |
prüfen. Von Sanktionen war nach der ersten „Orientierungsdebatte“ der 28 | |
EU-Kommissare aber nicht mehr die Rede – im Gegenteil. | |
„Wir wollen niemanden anklagen, sondern das Problem lösen“, sagte | |
Kommissionsvize Frans Timmermans. Die Entwicklungen in Polen gäben Anlass | |
zu ernster Sorge, so der Niederländer. Deshalb werde man nun in einen | |
„strukturierten und kooperativen Dialog“ mit Warschau eintreten, „ohne die | |
Ergebnisse vorwegzunehmen“. | |
Das Wort „Sanktionen“ nahm Timmermans nicht in den Mund. Schließlich hatte | |
sein Chef Jean-Claude Juncker schon in der vergangenen Woche klargestellt, | |
dass er nicht mit Strafen rechne. Nach dem neuen sogenannten | |
Rechtsstaatsverfahren der EU könnten sie bis zum Entzug des Stimmrechts im | |
Ministerrat gehen. | |
Doch diese Höchststrafe müsste einstimmig beschlossen werden, Ungarn hat | |
bereits ein Veto angekündigt. Außerdem hat die Bundesregierung in Berlin | |
klargestellt, dass sie keinen Streit mit Warschau wünscht. „Keine Polemik“ | |
heißt denn nun auch das Motto in Brüssel. Damit sei niemandem gedient. | |
## „Systembedingte Gefahr“ | |
Damit der Konflikt, der sich um das polnische Verfassungsgericht und die | |
Medien dreht, keine Wellen mehr schlägt, hat die EU-Kommission zu einem | |
Verfahrenstrick gegriffen. Sie will nicht allein entscheiden, sondern sich | |
mit der Venedig-Kommission abstimmen. Dieser nicht öffentlich tagende | |
Ausschuss berät europäische Staaten in verfassungsrechtlichen Fragen. Er | |
gehört jedoch nicht zur EU in Brüssel, sondern zum Europarat in Straßburg. | |
Zudem soll die erste Phase nur einer Klärung dienen. Dabei will die | |
EU-Kommission analysieren, ob es eindeutige Anzeichen für eine | |
„systembedingte Gefahr“ für die Rechtsstaatlichkeit in Polen gibt. Nur wenn | |
dies der Fall ist, könnte die Regierung zu Änderungen bewegt werden. | |
„Wir müssen klären, ob die Handlungsfähigkeit des Verfassungsgerichts | |
beeinträchtigt wird“, sagte Timmermans. Ein erster Brief soll als „stille | |
Post“ nach Warschau gehen – mit Ergebnissen wird nicht vor März gerechnet. | |
13 Jan 2016 | |
## AUTOREN | |
Eric Bonse | |
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