# taz.de -- Kolumne Wirtschaftsweisen: Alles wächst und wird grün | |
> Windparks im Berliner Umland decken 15 Prozent des Strombedarfs der | |
> Hauptstadt und Brandenburgs. Und was das mit der Umweltbank zu tun hat. | |
Bild: Windrad nebst Kranichen bei Luckenwalde in Brandenburg. | |
Die dem Verein Berliner Wertpapierbörse gehörende Berliner Börse, deren | |
Domizil einem Gürteltier nachempfunden wurde, bietet laut eigener Angabe | |
„eine einmalig große Auswahl an internationalen Titeln. Rund 10.000 Aktien | |
aus 120 Ländern stehen zur Auswahl. Schwerpunkte liegen unter anderem auf | |
Aktien aus Amerika, Australien, Osteuropa und China“. Man unkt, noch vor | |
einigen Jahren wären amerikanische „Spielcasino“- und | |
„Privatgefängnis“-Aktien die Renner gewesen. Heute zählt man dort unter | |
anderem die Aktien der Umweltbank zu den „umsatzstärksten“. Als Neuheit | |
bietet die Börse via Internet „kostenlose Realtime-Kurse“ an. | |
Ein Banker erzählte kürzlich dem Fernsehpublikum: „Früher wurden Aktien | |
Jahre gehalten, heute oft nur noch Stunden, sogar nur Minuten. Die | |
Privatanleger sind meistens die Verlierer, es gewinnt, wer die schnellsten | |
Rechner hat, mitunter entscheidet weniger als eine Sekunde.“ | |
Die Umweltbank AG Nürnberg setzt sich für den „Erhalt unserer natürlichen | |
Lebensgrundlagen, insbesondere für klares Wasser, reine Luft und eine | |
gesunde Umwelt“ ein. Das ist doch mal eine klare Ansage, mögen sich viele | |
gedacht haben, weswegen die Nürnberger Nachrichten schrieben, sie „stürmt | |
seit 15 Jahren von Rekordergebnis zu Rekordergebnis“. Zwar zeigt das | |
Börsenbarometer beim Trend nun etwas nach unten, aber das tut auch die | |
CO2-Bilanz, die der Umweltbank als „Gradmesser ihres ökologischen Erfolges“ | |
dient. | |
Die taz hat ein Journal namens zeozwei und berichtete 116 Mal über | |
„Deutschlands grüne Bank“. Fast hat man den Eindruck, die Redaktion steht | |
heute eher den fränkischen Bankern als den Bundesgrünen nahe. Erstere | |
„emittieren“ gerade ihren „ersten grünen CoCo-Bond“ – zur „weiteren | |
Stärkung des haftenden Eigenkapitals und damit als Grundlage für das | |
zukünftige Wachstum“. Wachsen wollen wir alle. | |
## Falsche Werbeaussagen, riskante Beteiligungen | |
Die taz kritisierte zuletzt, dass die Umweltbank ihren angestellten | |
Werkstudenten bezahlten Urlaub und die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall | |
verweigert habe – und damit gegen geltendes Arbeitsrecht verstieß. Das | |
taz-Aufsichtsratsmitglied Hermann-Josef Tenhagen kritisierte in der | |
Zeitschrift Finanztest der gemeinnützigen Stiftung Warentest, die Bank habe | |
Anlegern mit falschen Werbeaussagen riskante Beteiligungen an Windparks | |
verkauft. Zudem sollen langjährige Investitionen in Windparks zur | |
Altersvorsorge empfohlen worden sein. | |
Anlegern bei ihren geschlossenen Fonds, die Verluste erlitten hatten, | |
klagten: die Umweltbank habe sie bewusst über die Risiken der Windfonds | |
getäuscht. Wikipedia ergänzte: „Nach einer Klage der Verbraucherzentrale | |
gegen die Umweltbank unterlag diese vor dem OLG Nürnberg. Nach Ansicht des | |
Gerichts durfte die Bank nicht auf die Vorteile (hohe Genussrechtszinsen) | |
hinweisen, ohne auch die Risiken entsprechend darzustellen.“ | |
Dessen ungeachtet tickerte das Internetportal Solarserver aus der | |
„nach-gesellschaftlichen Projektewelt“: „Das Geschäftsvolumen der | |
Umweltbank überschreitet die 3-Milliarden-Euro-Marke; Solar-Projekte haben | |
größten Anteil am grünen Kreditportfolio.“ | |
## Berliner machen nicht mit | |
Parallel zu den „Windfonds“ – für den Bau neuer und zur Aufrüstung alter | |
Windkraftanlagen (WKAs) – gründeten sich deutschlandweit etwa 80 | |
Bürgerinitiativen gegen weitere Windparks. Sie nennen sich „Rettet die | |
Uckermark“, „Gegenwind Ettlingen“ usw. Neuerdings werben sie gemeinsam f�… | |
ein „Moratorium gegen Windkraftanlagen in Europa“ und haben sich dazu eine | |
European Platform geschaffen. Berliner Bürgerinitiativen – zum Beispiel | |
gegen den Ausbau der WKAs in Buch und Malchow – sind nicht dabei. Dafür | |
umso mehr aus dem Umland, wo die Windparks 15 Prozent des Strombedarfs von | |
Berlin und Brandenburg decken. | |
Wie man der Liste der WKAs in Berlin und Brandenburg (auf Wikipedia) | |
entnehmen kann, sind nicht wenige große Aktiengesellschaften ihre Besitzer, | |
unter anderem die Bremer WKA-Entwicklungs-AG „Energiekontor“, deren Aktie | |
laut Berliner Börse im vergangenen Jahr wieder stieg, nachdem sie sich bei | |
ihrer Standortplanung wiederholt auf falsche „Wind-Prognosen“ verlassen | |
hatte, aber „2015 alle gebauten Projekte erfolgreich ins Ziel brachte,“ wie | |
aktiencheck.de meldete. Die taz berichtete zuletzt, dass die Energiekontor | |
AG „mehr als 500 Windräder in 86 Parks errichtet hat“, weitere seien | |
geplant. | |
Alle wollen wachsen. „Wachstum um des Wachstums willen ist die Ideologie | |
der Krebszelle“, meint demgegenüber Edward Abbey, Ökologe und Gründer von | |
„Earth First“ . Die B. Z. titelte am Sonntag passend dazu: „Krebs, die | |
Geisel der Menschheit“, weil nämlich gerade David Bowie gestorben war. | |
24 Jan 2016 | |
## AUTOREN | |
Helmut Höge | |
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