# taz.de -- Spuckschutz-Einsätze in Bremen: Polizei rüstet weiter auf | |
> Spuckschutzhauben sollen zur Grundausstattung der Bremer Polizei gehören. | |
> Als Grundlage dient eine Evaluation, die Fragen aufwirft. | |
Bild: Tatütata: Ressortsprecherin Rose Gerdts-Schiffler mit einer Spuckschutzh… | |
BREMEN taz | Spuckschutzhauben vom Typ „POL-i-Veil weiß“ werden künftig z… | |
Grundausstattung der Bremer Polizei gehören. Das hat die Innenbehörde nach | |
einjähriger Testphase beschlossen: Einen einschlägigen Evaluationsbericht | |
nahm die Innendeputation gestern zustimmend zur Kenntnis. „Wir sind sehr | |
zufrieden mit dem Ergebnis“, bewertete der Grünen-Vertreter Wilko Zicht das | |
Papier. | |
Eine Überraschung ist die Einführung der Hauben freilich nicht, denn | |
Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) hatte bereits 2012 angekündigt, den | |
Einsatz spezieller Hauben, die Festgenommene daran hindern sollen, | |
PolizistInnen im Einsatz anzuspucken, testen zu wollen. | |
Damit folgte er dem Druck der Gewerkschaft der Polizei (GdP) und ihrem wohl | |
größten Fürsprecher, dem CDU-Innenpolitiker Wilhelm Hinners, die über die | |
massive Steigerung von Spuckattacken auf PolizistInnen klagten – obwohl, | |
das räumte Mäurer selbst ein, die Datenerfassung der Polizei eine valide | |
statistische Aussage dazu nicht zulasse. | |
Gescheitert war das Vorhaben dennoch nur, weil es kein akzeptables | |
Haubenmodell gab: Eine „umgekehrte Kapuze“, wie von der GdP vorgeschlagen, | |
wurde fraktionsübergreifend abgelehnt, andere Modelle erinnerten an Bilder | |
der Gefangenen in Guantanamo.Doch dann kam 2014 „POL-i-Veil weiß“ auf den | |
Markt: „[1][Die Haube ist aus dünner Baumwolle und im Gesichtsbereich | |
nahezu durchsichtig – das sieht sehr ordentlich aus]“, sagte dazu damals | |
Rose Gerdts-Schiffler, Sprecherin des Innensenators. Und das Modell stieß | |
auf wenig Widerstand, schränkt es doch die Hörfähigkeit des spuckwilligen | |
Festgenommenen nicht ein und lässt noch weitestgehend freie Sicht zu. Von | |
Oktober 2014 bis September 2015 hat die Bremer Polizei diesen Spuckschutz | |
getestet. | |
Mit Erfolg, sagt der von Innenbehörde in der gestrigen Deputation für | |
Inneres vorgestellte Evaluationsbericht. Denn 57 der 60 | |
Spuckschutzhaubeneinsätze während der Testphase konnten danach das | |
Anspucken, das schon erfolgt oder angedroht worden war, unterbinden oder | |
verhindern. Bei vier der Festgenommen hätten Infektionskrankheiten | |
vorgelegen, die im Bericht kaum erwähnt worden wären, ginge die Polizei | |
nicht davon aus, dass durch die Haube eine Ansteckung verhindert worden | |
wäre. Bloß handelte es sich hier um HIV und Hepatitis C – Erreger, die | |
durch Anspucken nicht übertragen werden (s. Infokasten). | |
Rechtsanwalt Horst Wesemann (Die Linke), stellvertretender Vorsitzender der | |
Innendeputation, ist insgesamt nicht überzeugt von der Schlagkraft der | |
Evaluation: „Ich finde, das sind so wenig Fälle, das man sich hier schon | |
die Frage stellen muss, warum die Polizei sich in den entsprechenden | |
Situationen nicht selbst mit einem Spuckschutz ausstattet.“ | |
Zumal aus dem Bericht hervorgeht, dass die BeamteInnen durch den | |
Haubeneinsatz zwar vor Spucke geschützt wurden, nicht aber vor weiteren | |
Angriffen: Die Betroffenen, heißt es im Bericht, legten „in allen Fällen | |
eine hohe Gewaltbereitschaft an den Tag. Sie versuchten durchweg, das | |
Aufsetzen der Spuckschutzhauben zu verhindern. Bei der Wahl der Mittel | |
ihrer Gegenwehr kam es vom bloßen ‚dagegen sperren‘ bis zum Stoßen und | |
Treten.“ | |
Offenbar, sagt Wesemann, löse also der Versuch des Überstülpens Panik bei | |
den Festgenommenen aus: „Und die wiederum führt zu Reaktionen, die | |
Verfahren wegen Widerstandes gegen die Staatsgewalt auslösen können.“ Hier | |
sei zu hoffen, dass die Polizei ihren Ermessensspielraum verantwortungsvoll | |
nutze und künftig durch wirksame Öffentlichkeitsarbeit über ihr neues | |
Instrument aufkläre. | |
„Es ist widerlich und unerhört, jemanden anzuspucken, darüber muss man | |
überhaupt nicht diskutieren“, sagt Wesemann, „aber die von der Polizei | |
beklagte zunehmende Respektlosigkeit ihr gegenüber kann man nicht | |
technokratisch lösen – man muss da auch nach den Ursachen schauen.“ | |
14 Jan 2016 | |
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## AUTOREN | |
Simone Schnase | |
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