| # taz.de -- Aufarbeitung von Nazi-Verbrechen: Weltweit Interesse für NS-Prozes… | |
| > Aktuell gibt es zwölf Vorermittlungsverfahren, sagt Chefermittler Jens | |
| > Rommel. Die Aufarbeitung habe auch Modellcharakter für Staaten wie | |
| > Südkorea. | |
| Bild: Jens Rommel ist Leiter der zentralen Stelle der Landesjustizverwaltungen … | |
| Berlin afp | Der Fortgang der deutschen Ermittlungen zu NS-Verbrechen wird | |
| nach Angaben des neuen Leiters der sogenannten Zentralen Stelle, Jens | |
| Rommel, im Ausland weiterhin stark beachtet. „Es wird sehr genau | |
| wahrgenommen. Tatsächlich ist weltweit Interesse dafür da, wie Deutschland | |
| mit seiner Diktatur umgegangen ist und umgeht“, sagte der 43-Jährige der | |
| Nachrichtenagentur AFP. | |
| Das gelte nicht nur für Israel, die USA und Polen, wo viele überlebende | |
| NS-Opfer wohnten. Auch Staaten wie Südkorea seien sehr interessiert. „Das | |
| zeigt, dass der Ansatz, mit Strafverfahren der Vergangenheit Herr zu | |
| werden, ein Modell sein kann“, sagte er. In Südkorea sind Verbrechen | |
| während der japanischen Besetzung vor und während des Zweiten Weltkriegs | |
| ein großes Thema. | |
| Rommel war Anfang Dezember offiziell in sein Amt als Leiter der Zentralen | |
| Stelle der Landesjustizverwaltungen zur Aufklärung nationalsozialistischer | |
| Verbrechen eingeführt worden. Die Behörde im baden-württembergischen | |
| Ludwigsburg war 1958 von den Justizministern der Ländern geschaffen worden, | |
| um Material gegen NS-Täter zu sammeln und Anklagen vorzubereiten. | |
| Zuletzt war noch einmal Schwung in die deutsche Strafverfolgung von | |
| NS-Tätern gekommen. In einem als juristisch wegweisend angesehenen Prozess | |
| hatte das Lüneburger Landgericht den im Vernichtungslager | |
| Auschwitz-Birkenau eingesetzten ehemaligen SS-Buchhalter Oskar G. im Juli | |
| wegen Beihilfe zum Mord in 300.000 Fällen [1][zu vier Jahren Haft | |
| verurteilt]. Weitere zwei Verfahren gegen frühere SS-Männer aus Auschwitz | |
| sollen bald beginnen. | |
| ## Beihilfe zum Mord? | |
| Entscheidenden Einfluss auf die weiteren Schritte der Zentralen Stelle | |
| werde nun zunächst die Revision des G.-Urteils vor dem Bundesgerichtshof | |
| (BGH) haben, erläuterte Rommel. Die Lüneburger Richter hatten anders als | |
| viele frühere geurteilt, dass auch Tätigkeiten, die den Massenmord in den | |
| Gaskammern indirekt unterstützten, als Beihilfe zum Mord anzusehen seien. | |
| Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. „Wir erhoffen uns vom BGH nun | |
| Hinweise darauf, ob diese rechtliche Konstruktion möglich ist. Abhängig | |
| davon können wir den Kreis der Verdächtigen ziehen.“ | |
| Derzeit bearbeite seine Behörde noch zwölf weitere Vorermittlungsverfahren, | |
| sagte Rommel. Dabei gehe es unter anderem um Taten im Konzentrations- und | |
| Vernichtungslager Majdanek. Zudem würden Akten zu sowjetischen Prozessen | |
| gegen deutsche Kriegsgefangene und sowjetische Kollaborateure ausgewertet. | |
| ## „Es wird weiter ermittelt“ | |
| Diese könnten unter Umständen erste Hinweise auf weitere NS-Verbrecher | |
| liefern. Geplant sei, mehrere dieser Verfahren demnächst an die | |
| Staatsanwaltschaften abzugeben, die dann gegebenenfalls Anklage erheben | |
| könnten. „Dazu muss man aber sagen, dass die Erfolgsaussichten gering | |
| sind“, räumte Rommel ein. | |
| Generell würden die strafrechtlichen Ermittlungen zu NS-Verbrechen auch | |
| mehr als 70 Jahre nach Kriegsende auf absehbare Zeit in jedem Fall | |
| weitergeführt. „Es wird weiter ermittelt“, sagte Rommel. Das sei der von | |
| den Justizministern klar festgelegte politische Wille. | |
| Zwar handele es sich bei den heute Beschuldigten um damals sehr junge | |
| Menschen, die in eher untergeordneten Positionen tätig waren. Die | |
| Ermittlungen gegen sie sei aber gleichwohl „legitim“, denn die | |
| NS-Verbrechen hätten nicht nur ein unvergleichbares Ausmaß gehabt, auch | |
| wäre „ohne diese Gehilfen der Massenmord nicht möglich gewesen.“ | |
| 3 Jan 2016 | |
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