# taz.de -- CSU-Mann zur Obergrenze: „Zurückweisung als Signal“ | |
> Wie soll das eigentlich funktionieren, so eine Obergrenze? Stephan Mayer, | |
> Innenexperte der CDU/CSU-Fraktion, erklärt den Vorstoß seiner Partei. | |
Bild: Noch dürfen sie kommen: Flüchtlinge an der bayerisch-österreichischen … | |
taz: Herr Mayer, Ihr Parteichef Horst Seehofer sagt, Deutschland brauche | |
eine Obergrenze von 200.000 Flüchtlingen im Jahr. Woher kommt diese Zahl? | |
Stephan Mayer: 2014 kamen 202.000 Menschen nach Deutschland. Seit der | |
Flüchtlingswelle in den neunziger Jahren war das ein Rekordjahr. Das ist | |
nicht wenig, rechnet man die Menschen hinzu, die aus anderen Gründen nach | |
Deutschland kommen, etwa über die EU-Binnenmigration. Natürlich gibt es | |
keine Wissenschaft, die belegt, ob nicht auch 250.000 integrierbar wären. | |
Vor dem Hintergrund der Erfahrungen im letzten Jahrzehnt ist 200.000 aber | |
eine sehr hohe Zahl. | |
Was passiert mit Person 200.001? | |
Die Obergrenze bezieht sich nicht auf Asylbewerber, sondern auf | |
Flüchtlinge. Nur die wenigsten Einreisenden sind asylberechtigt, für sie | |
gilt keine Obergrenze. Über 98 Prozent erhalten den Status als Flüchtling | |
oder als subsidiär Schutzberechtigte nach der Genfer Flüchtlingskonvention. | |
Diese Konvention wollen wir nun mit einem europäischen | |
Verteilungsmechanismus verbinden. | |
Eine bessere Verteilung auf die Nachbarstaaten wünschen sich alle Parteien. | |
Das Problem ist, dass sich EU-Nachbarn sperren. | |
Stimmt. Um Griechenland und Italien zu entlasten, sollen 160.000 | |
Flüchtlinge von dort verteilt werden. Einige sind bereits nach Luxemburg | |
und Estland weitergeleitet worden, aber noch viel zu wenige. | |
Bedauerlicherweise beteiligen sich nicht alle EU-Länder. Trotzdem fordern | |
wir so eine Lösung für alle Flüchtlinge: Sie werden bei einer geltenden | |
Obergrenze im Land X aufgenommen und nach der Registrierung in das Land | |
gebracht, das für die endgültige Aufnahme zuständig ist. Ideal wäre, wenn | |
sich die gesamte europäische EU auf derartige Kontingente verständigt. | |
Aber im Fall Griechenland scheitert die Verteilung doch schon an | |
vergleichsweise wenig Menschen. | |
Aber nicht, weil die Verteilung an sich nicht erfolgen kann. Der politische | |
Wille ist in gewissen EU-Hauptstädten nicht vorhanden. Deshalb muss man den | |
Druck auf diejenigen erhöhen, die sich dagegen momentan sperren. | |
Bedeutet eine Obergrenze auch mehr Grenzkontrollen? | |
Es muss nicht apodiktisch die gesamte Grenze kontrolliert werden. Sie wird | |
ja bereits heute teilweise kontrolliert, und ich spreche mich dafür aus, | |
dies auch mithilfe von Schleierfahndungen zu tun. Und die Verteilung kann | |
auch aus einem deutschen Registrierzentrum heraus erfolgen. | |
Und falls Polen und Ungarn bei ihrer Ablehnung bleiben? | |
Ein Anfang wäre, wenn einige Länder mit gutem Beispiel vorangehen: die | |
Benelux-Staaten, Frankreich, Österreich und Italien. Um zu zeigen, dass | |
Verteilung funktioniert. | |
Angenommen, Europa einigt sich auf Obergrenzen: Bleiben Flüchtlinge, die zu | |
spät kommen, dann an den Außengrenzen stehen? | |
Niemand bleibt an der Tür Europas stehen, wenn sich alle 28 Länder zu | |
großzügigen Obergrenzen bereit erklären. Aber es kann nicht angehen, dass | |
Deutschland dauerhaft mehr als die Hälfte aller Flüchtlinge aufnimmt, die | |
insgesamt in die Europäische Union kommen. | |
Eigentlich war das Reizwort Obergrenze bereits beiseitegeschafft. Warum | |
holen Sie es wieder heraus? | |
Die CSU hat die Obergrenze auf ihrem vergangenen Parteitag beschlossen. | |
Manchmal ist es erforderlich, dass ein Land, gerade wenn es das | |
bevölkerungsreichste Europas ist, mit einer Forderung voranschreitet, um | |
den Druck auf andere zu erhöhen. | |
Sie haben kürzlich vorgeschlagen, Männer an der deutschen Grenze | |
abzuweisen. Spricht daraus Ratlosigkeit über die Starrköpfigkeit der | |
Nachbarn? | |
Ein Nationalstaat muss auch ohne europäische Partner handlungsfähig | |
bleiben. Deshalb sprechen wir von Zurückweisung, auch als Signal. Natürlich | |
wollen wir keine Schwangeren, Alten oder Schwachen abweisen. Daher bieten | |
sich junge, allein reisende Männer zwischen 18 und 40 an. | |
6 Jan 2016 | |
## AUTOREN | |
Christina Schmidt | |
## TAGS | |
CSU | |
Wildbad Kreuth | |
Stephan Mayer | |
Horst Seehofer | |
Flüchtlingspolitik | |
Asyl | |
Sigmar Gabriel | |
Horst Seehofer | |
Schwerpunkt Flucht | |
Schwerpunkt Gender und Sexualitäten | |
CSU | |
Flüchtlingspolitik | |
Schwerpunkt Flucht | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
SPD und Flüchtlingspolitik: Gabriel fordert Kontingente | |
Vizekanzler Gabriel (SPD) fordert Kontingente für Flüchtlinge, allerdings | |
höher als die Obergrenze der CSU. Man solle die Grenzen der Demokratie | |
nicht austesten. | |
Bayern mit Flüchtlingspolitik unzufrieden: Seehofer droht mit Verfassungsklage | |
Nach Angaben aus Bayern reisten zu Jahresbeginn 3.000 Flüchtlinge am Tag | |
nach Deutschland. Nun droht Horst Seehofer mit einer Klage gegen die | |
Bundesregierung. | |
Kommentar Grenzen auf dem Balkan: Versuchte Nötigung | |
Österreich sucht nach Partnern zur Grenzsicherung. Damit wird auch ein | |
erwartbares flüchtlingspolitisches Signal nach Deutschland gesandt. | |
CSU-Mitglieder für die Gleichstellung: Die schwule Revolte | |
Eine Gruppe Schwuler streitet in der CSU erstmals gemeinsam für | |
gleichgeschlechtliche Partnerschaften. Angeführt werden sie von Patrick | |
Slapal. | |
Das Personal der CSU: Ödnis in der zweiten Reihe | |
Die CSU hat ein Problem mit ihrem Spitzenpersonal: Es ist unerfahren, | |
unbekannt oder glücklos. Schuld ist auch Ministerpräsident Horst Seehofer. | |
Kommentar Flüchtlingspolitik der CSU: Seehofer plustert sich auf | |
Mit populistischen Vorschägen zur Flüchtlingspolitik macht die CSU der AfD | |
Konkurrenz. Und Horst Seehofer setzt auf Vernebelungstaktik. | |
Horst Seehofer zieht konkrete Obergrenze: Der 200.001ste muss draußen bleiben | |
Der CSU-Chef nennt eine Zahl: 200.000 Flüchtlinge könne Deutschland | |
jährlich aufnehmen. Am besten nur solche mit Papieren. Erneut pocht er auf | |
die Pflicht zur Integration. |