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# taz.de -- Geschichtsbücher für Jugendliche: Die Erzählung vom Wir
> „Das Rätsel der Varus-Schlacht“ und „Wir und unsere Geschichte“ werf…
> einen kritischen Blick in die Vergangenheit.
Bild: Was geschah wirklich bei der Varus-Schlacht? Und welche Bedeutung hat sie…
Angesichts der aktuell nach Europa flüchtenden Menschen und ihrer Not,
kommt das Bildersachbuch „Wir und unsere Geschichte“ wie gerufen. Versucht
es doch vor allem die Entwicklung der Menschheit vom Urknall bis in unsere
Gegenwart als eine kollektive Geschichte des „Wir“ zu erzählen. Diese fand
mit der Herausbildung des Homo erectus, dem vermuteten Vorläufer des
Neandertalers, bald überall auf der Welt und mit wechselnder Dynamik statt.
Konsequent verzichten die französischen Autoren Yvan Pommaux und Christophe
Ylla-Somers in ihrer für Kinder veröffentlichten Weltgeschichte darauf,
einzelne Persönlichkeiten herauszustellen oder auch nur deren Namen zu
nennen. Die großzügig von Yvan Pommaux illustrierten, teilweise mit
Sprechblasen versehenen Bildseiten des Geschichtsbuchs zeigen stattdessen
viel von den Tätigkeiten und dem Alltag der Menschen.
So entwickelten sich früh Formen von Landwirtschaft oder erste Städte bei
den Sumerern im Süden des heutigen Iraks (etwa 3.000 Jahre vor Christus)
während in anderen Regionen noch weitere 1.000 Jahre gejagt und gesammelt
wurde. Unter günstigen Bedingungen entstanden im Verlauf der Geschichte
Zentren der Zivilisation in China oder in Mittelamerika genauso wie in
Griechenland oder in Rom.
Land- und Seewege beförderten nicht nur den Austausch von Waren, sondern
auch von Wissen und Ideen. Doch auch Kriege und Unterdrückung prägen bis
heute unsere Geschichte und lösen Wanderungsbewegungen aus. Auch wenn
Pommeraux und Ylla-Somers in „Wir und unsere Geschichte“ historische
(Unrechts-)Verhältnisse manchmal etwas überkommentieren, gelingt ihnen doch
eine besonders anschauliche und nachvollziehbare Darstellung unserer
Entwicklungsgeschichte als dynamischer Prozess.
## Die Welt zum Aufklappen
Über die sogenannte Seidenstraße reisten bereits im 2. Jahrhundert vor
Christus Karawanen von China über den Orient bis zum Mittelmeer. Und
transportierten auf diese Weise nicht nur Waren.
Das aus dem Französischen übersetzte Aufklappbuch „Auf großer Fahrt. Die
berühmtesten Routen der Welt“ setzt diesen berühmten Handelsweg nach
Fernost räumlich in Szene, genauso aber auch im Retrostil die erste
Luftpostverbindung zwischen Toulouse und Santiago de Chile oder die
legendäre US-amerikanische Route 66. Segelboote, Doppeldecker, Reiter und
Raumschiffe springen darin aus den jeweils passenden Papierlandschaften der
Seiten auf. Obwohl die bühnenhafte Inszenierung der fünf historischen
Routen vor allem für das Auge ein Vergnügen ist, erzählt „Auf großer Fahr…
jedoch auch eine entschleunigte Geschichte des Reisens.
Der Titel der nun überarbeitet vorliegenden Neuausgabe „Das Rätsel der
Varus-Schlacht. Archäologen auf der Spur der verlorenen Legionen“ mag
vielleicht in die Irre führen, vermutet man hier doch zunächst eine der
üblichen Römerfibeln. Tatsächlich aber gibt Wolfgang Korn in seinem Buch
über jene berüchtigte Schlacht die 9 nach Christus im germanischen
Barbaricum stattfand, eine gelungene Einführung in den kritischen Umgang
mit historischen Quellen. „Varus, Varus. Gib mir meine Legionen zurück.“
Diese Wehklage des Augustus nach der militärischen Niederlage im
rechtsrheinischen Teil Germaniens kennen viele. Doch woher wissen wir, dass
der römische Kaiser tatsächlich so verzweifelt war?
„Moment mal“, unterbricht Korn immer wieder seine Abhandlung über die
Unternehmungen des Römischen Imperiums nördlich der Alpen und sortiert
dabei scheinbar längst gesicherte Informationen neu. Dabei erläutert er
auch das Vorgehen von Archäologen und Historikern. Besonders in der ersten
Hälfte des Buchs beleuchtet der Autor die gesellschaftlichen und
ökonomischen Aspekte römischer Feldzüge.
Schnell entzaubert und korrigiert Korn das Bild nicht nur des
Soldatenalltags in den Legionen. Die wenig idealisierenden Illustrationen
des Zeichners und Karikaturisten Klaus Ensikat unterstützen den nüchternen
Tenor des Textes, bleiben aber in ihrer Darstellung stets detailreich und
präzise. Gemeinsam gelingt Korn und Ensikat eine detektivisch spannende
Rekonstruktion der 2.000 Jahre zurückliegenden Ereignisse sowie die
Darstellung vergangener Rezeptionen, die exemplarisch deutlich macht,
Geschichte ist interpretierbar, kritische Nachfragen sind stets angebracht.
22 Dec 2015
## AUTOREN
Eva-Christina Meier
## TAGS
Römer
Germanen
Geschichtswissenschaft
Germanen
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