# taz.de -- Olympia-Referendum: In Hamburg sagt man Nein | |
> Eine knappe Mehrheit stimmt beim Referendum gegen die Bewerbung Hamburgs | |
> um die Spiele 2024. Die Stadt zieht ihre Kandidatur nun zurück. | |
Bild: Aus der Traum: Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) ist mit s… | |
HAMBURG taz | Hamburg muss den Traum von Olympischen Spielen 2024 begraben. | |
Eine Mehrheit von 51,6 Prozent der HamburgerInnen sprach sich am Sonntag in | |
einem Referendum gegen die Bewerbung der Hansestadt um die Spiele aus, nur | |
48,4 Prozent stimmten dafür. Dieses knappe, aber klare Ergebnis wiegt umso | |
schwerer, als die Beteiligung an der Abstimmung mit 650.000 Voten oder 50 | |
Prozent weit höher lag als zuvor erwartet und somit das Ergebnis deutlich | |
legitimiert. | |
Selbst der hoch umstrittene Volksentscheid über die Primarschule 2010 hatte | |
nur 492.000 Menschen (39,3 Prozent) zur Stimmabgabe motiviert. Zwar | |
übertrafen die Befürworter Olympischer Spiele das Mindestzustimmungsquorum | |
von 20 Prozent aller Wahlberechtigten (259.883 Ja-Stimmen) deutlich, lagen | |
aber hinter der Zahl der Nein-Stimmen. Letztlich votierten gut 330.000 | |
Menschen mit Nein und etwa 310.000 mit Ja. | |
Sowohl im Rathaus als auch auf der Party der Olympia-Bewerbungsgesellschaft | |
in der Arena im Volkspark war die Stimmung den ganzen Abend über im Keller, | |
weil von Beginn der Auszählung um 18 Uhr an die Neinsager vorne lagen. | |
Statements von Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) und Alfons Hörmann, | |
Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), wurden mehrfach | |
nach hinten verschoben. Lediglich Sabine Boeddinghaus, Fraktionsvorsitzende | |
der Olympia-Kritischen Linkspartei, frohlockte vor laufenden Kameras über | |
ein Ergebnis, das sie selbst „überrascht hat“. | |
Als Scholz um 21 Uhr unter neun Schlägen der Rathausglocke verspätet auf | |
der Senatstreppe vor die Presse trat, gestand er unumwunden seine | |
Niederlage ein: „Die HamburgerInnen haben eine klare Entscheidung | |
getroffen, Hamburg wird sich nicht um die Olympischen und Paralympischen | |
Spiele 2024 bewerben.“ Hörmann sprach von einem „Tiefschlag“, die Zweite | |
Bürgermeisterin Katharina Fegebank (Grüne) zeigte sich „sehr, sehr | |
enttäuscht“. Er habe für die Niederlage „keine kluge Erklärung“, gesta… | |
der Arena Innen- und Sportsenator Michael Neumann (SPD) offen ein. | |
## Kieler Ergebnis obsolet | |
Unterstützt wurde die Bewerbung Hamburgs von der rot-grünen Mehrheit in der | |
Bürgerschaft und den Oppositionsfraktionen CDU und FDP sowie von der | |
Handelskammer und dem Hamburger Sportbund. Dagegen waren die Linkspartei, | |
mehrere Umweltverbände und eine Reihe von Initiativen. | |
In Kiel fiel das Ergebnis deutlich für die Spiele aus. 65,6 Prozent der | |
Abstimmenden votierten dafür, dass die schleswig-holsteinische | |
Landeshauptstadt als Partnerin Hamburgs zum dritten Mal nach 1972 und 1936 | |
die olympischen Segelwettbewerbe ausrichten soll. Das notwendige Quorum an | |
der Förde lag bei acht Prozent der rund 200.000 Abstimmungsberechtigten. | |
Dieses Quorum wurde deutlich überschritten. Das Ergebnis ist nach dem | |
Hamburger Nein nun jedoch obsolet. | |
Sowohl in Kiel als auch in Hamburg war die Zahl der Olympia-Gegner zuletzt | |
gestiegen. „Wir wollten die Menschen darauf stoßen, dass nicht alles so | |
schön ist, wie es scheint“, sagte Marie Behr von der Initiative NOlympia. | |
„Wir sind gegen die Verschwendung von Steuergeldern und gegen diese Art von | |
Stadtentwicklung.“ Die Olympia-Gegener befürchteten unter anderem steigende | |
Mieten und soziale Ausgrenzung und beklagten einen Missbrauch der | |
Olympischen Idee durch Konzerne. | |
Im Zentrum der Kritik steht jedoch die Finanzierungsfrage. Hamburgs Senat | |
hat für die öffentliche Hand Kosten von rund 7,4 Milliarden Euro | |
veranschlagt, von denen die Hansestadt maximal 1,2 Milliarden Euro | |
übernehmen wollte. Den Rest sollte der Bund finanzieren. Eine Zusage jedoch | |
stand bislang aus - und ist jetzt auch nicht mehr nötig. | |
## Unfaire Verteilung? | |
Welche Rolle zudem die Terrorattentate von Paris und die Absage des | |
Fußball-Länderspiels vor eineinhalb Wochen in Hannover gespielt haben, kann | |
nur vermutet werden. | |
Die Initiative „Mehr Demokratie“ kritisierte trotz des Sieges der | |
Olympia-Gegner eine unfaire Verteilung der Möglichkeiten. „Die Gegner des | |
Olympia-Referendums hatten nicht annähernd die gleichen finanziellen und | |
organisatorischen Möglichkeiten, mit ihren Argumenten an die Öffentlichkeit | |
zu gelangen“, beklagte das Bündnis am Sonntag. „Mit einem bisher nie | |
erlebten Aufwand hatten Senat, Bürgerschaftsmehrheit, Wirtschaft und | |
Sportorganisationen um das Ja für die Hamburger Bewerbung für die | |
Olympischen und Paralympischen Spiele 2024 geworben“, hieß es in einer | |
Mitteilung. | |
Manfred Brandt von „Mehr Demokratie“ sagte: „Immer wenn Referenden von | |
Regierungen eingeleitet werden, leidet diese Fairness, denn dann können | |
alle personellen und finanziellen Mittel einer Exekutive für die Position | |
der Regierenden eingesetzt werden. Hamburg ist leider keine Ausnahme.“ | |
Weiterhin bewerben wollen sich Budapest, Paris, Rom und Los Angeles um die | |
Spiele in neun Jahren. Die Entscheidung fällt das IOC am 13. September 2017 | |
in Lima (Peru). | |
29 Nov 2015 | |
## AUTOREN | |
Sven-Michael Veit | |
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