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# taz.de -- Klimaaktivist über Hausarrest in Paris: „Ich darf nicht in die I…
> Französische Behörden nutzen offenbar die Notstandsgesetze, um gegen
> Protestler vorzugehen. Joel Domenjoud darüber, was sein Hausarrest
> bedeutet.
Bild: In Japan können Klimaaktivisten noch auf die Straße gehen: Tokio am Sam…
taz: Herr Domenjoud, wo befinden Sie sich gerade?
Joel Domenjoud: Zuhause, wo sonst? Ich stehe unter Hausarrest.
Sie haben sich daneben benommen? Wie alt sind sie?
Ich bin 32 Jahre alt und es war nicht meine Mutter, sondern das
französische Innenministerium, das mich unter Arrest gestellt hat. Die
französische Regierung nutzt die Notstandsgesetze, die sie nach den
[1][Terroranschlägen von Paris] erlassen hat, um massiv gegen Aktivisten
vorzugehen, die anlässlich des am Montag beginnenden [2][Weltklimagipfels]
in Paris demonstrieren wollten.
Wie drückt sich das aus?
Zunächst einmal über umfassende Demonstrationsverbote. Frankreichs
Regierungen hat alle Demonstrationen pauschal verboten, die während des
zweiwöchigen Klimagipfels angemeldet waren.
Sie wollten aber trotzdem demonstrieren.
Ja. Weil ich der Meinung bin, dass wir nicht aufgrund von Terrormaßnahmen,
die es auf unsere Freiheit absehen, als allererstes unsere eigenen
Bürgerrechte einschränken sollten. Ich habe deshalb am Mittwoch rechtliche
Schritte ergriffen, um am heutigen Samstag ein Protestbankett mit
Aktivisten aus ganz Frankreich in Paris zu veranstalten. Wir wollten
öffentlich gemeinsam essen, feiern und zeigen, dass wir einen anderen
Lebensentwurf zu bieten haben.
Was ist dann passiert?
Im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit meinem rechtlichen Widerspruch
und meinem Kampf für die Veranstaltung wurde im Innenministerium eine
Anweisung formuliert, die mir de facto Hausarrest erteilt. Am Mittwoch habe
ich Rechtsmittel eingelegt, am Donnerstag wurden sie zurückgewiesen – und
parallel dazu wurde im Innenministerium eine Anweisung erlassen.
Seit wann dürfen denn Innenminister scheinbar willkürlich Hausarreste
erteilen?
Das dürfen sie eigentlich gar nicht, weil es natürlich eigentlich eines
Richtervorbehaltes bedarf. Die einzige Ermächtigungsgrundlange dazu rührt
aus der Notstandsgesetzgebung, die nach den Terrorangriffen beschlossen
wurden – und die über drei Monate anhalten soll.
Aber richtet sich diese nicht gegen Terroristen?
Dachte ich auch. Fakt ist: Mir haben Polizisten eine Anordnung überreicht,
die direkt aus dem Innenministerium stammt. Sie wurde von keiner Polizei
und keinem Staatsanwalt gezeichnet und hat nie einen Richter gesehen. Ich
werde darin weder beschuldigt, irgendetwas getan zu haben, noch wird
aufgeführt, auf welcher Basis diese Entscheidung getroffen wurde. Ich bin
nicht vorbestraft und stand noch nie vor Gericht. Was mir vorgehalten wird
ist, dass ich Proteste geplant habe und davon auszugehen sei, dass ich die
öffentliche Sicherheit und Ordnung störe.
Und was genau bedeutet das nun für Sie?
Ich habe die Auflage, während des gesamten Klimagipfels, also in den
nächsten zwei Wochen, meinen Stadtbezirk, einen Vorort von Paris, nicht zu
verlassen, darf also nicht mal in die Innenstadt von Paris fahren. Ich muss
mich drei mal täglich auf dem Polizeirevier meines Ortes melden, um 9 Uhr,
um 13 Uhr und um 19 Uhr. Zwischen 20 Uhr abends und 6 Uhr morgens darf ich
meine Wohnung nicht verlassen.
Das sind extrem massive Eingriffe.
Ja, und ich bin fassungslos, dass so etwas möglich ist. Soll das wirklich
die Antwort auf die Terrorattacken sein? Wir sehen daran wie gefährlich ein
solcher Ausnahmestaat für die Bürgerrechte ist. Und in ganz Frankreich
sollen diese Zustände nun drei Monate lang gelten? Ich kann es wirklich
nicht fassen.
Sie sind nicht der einzige, der unter Hausarrest steht.
Nein, ich weiß von insgesamt 24 Aktivisten, die gegen den Klimagipfel
protestieren wollten und nun die gleichen Auflagen wie ich zu erfüllen
haben. Es gab in den letzten beiden Tagen drei Razzien in besetzten Häusern
und es gibt verschiedene Protestgruppen, die aus unterschiedlichen Orten
Frankreichs zu Fuß nach Paris gelaufen sind. Nun stehen sie vor den Toren
der Stadt und haben ein pauschales Verbot, Paris überhaupt zu betreten. Das
ist schon ganz schön extrem.
28 Nov 2015
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## AUTOREN
Martin Kaul
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