| # taz.de -- Elektroautos sind lautlos und gefährlich: Düsenflieger statt Moto… | |
| > Weil sie so leise sind, verursachen E-Kisten mehr Unfälle. Die Hersteller | |
| > basteln an warnenden Sounds – und wehren sich gegen Gesetze. | |
| Bild: Hier kann man auch gerade nichts hören | |
| Berlin taz | Angeblich steckte die Eisenbahnerlobby hinter dem | |
| Rote-Fahnen-Gesetz. Der Red Flag Act bestimmte in Irland und Großbritannien | |
| zwischen 1865 und 1896, dass jedem Auto, das schneller als 4 Meilen pro | |
| Stunde (6,4 km/h) fuhr, ein Fußgänger mit einer warnenden roten Flagge | |
| vorauslaufen musste. So sollten Verkehrsunfälle verhindert werden. | |
| Angesichts von Elektroautos gewinnt der als Technikbremse bekannte Act | |
| jetzt wieder an Aktualität. | |
| Wie kann man Fußgänger und Fahrradfahrer vor heranschleichenden Elektro- | |
| und Hybridautos warnen? 2015 nicht mehr mit einer roten Flagge, sondern mit | |
| einem Tonsignal. Das fordern vor allem Blindenverbände – bis auf geringe | |
| Roll- und Windgeräusche sind die Ökokisten vor allem beim Anfahren nämlich | |
| quasi lautlos. Aber die Hersteller wehren sich. | |
| Zumindest in den USA: Dort wurde jetzt wegen des Protests der Industrie | |
| erneut ein Gesetz verschoben, nach dem Hersteller von Elektro- und | |
| Hybridautos ihre Fahrzeuge mit wasserdichten Außenlautsprechern ausstatten | |
| müssen. Die Warnsignale sollen bis zu einer Geschwindigkeit von 18 Meilen | |
| pro Stunde (29 km/h) vorgeschrieben sein, schnellere Autos sind auch ohne | |
| Zusatzton hörbar. | |
| Die nationale Verkehrssicherheitsbehörde NHTSA schlägt anschwellendes, | |
| relativ leise vernehmbares Surren oder Pfeifen vor – und argumentiert mit | |
| harten Zahlen: Die Wahrscheinlichkeit eines Tesla, Toyota Prius oder Ford | |
| Fusion Hybrid, in einen Unfall mit einem Fußgänger oder Radfahrer | |
| verwickelt zu sein, ist danach 19 Prozent höher als beim Benziner. Eine | |
| Alarmvorrichtung am Elektroauto würde 2.800 Unfälle pro Jahr in den USA | |
| vermeiden, so die NHTSA. | |
| ## US-Lärmgesetz erneut auf März 2016 verschoben | |
| Schon seit 2010 ist deshalb ein Lärmgesetz in Planung, nun wurde es erneut | |
| auf März 2016 verschoben. Die Hersteller scheuen die zusätzlichen Kosten, | |
| wollen aber auch lieber markentypische eigene Geräusche als die von der | |
| Behörde vorgeschlagenen eher monotonen Laute – und so das „Sounddesign“ | |
| ihrer Autos vervollkommnen. | |
| In einer ähnlichen Bredouille stecken die Gesetzgeber in Europa. „Wir | |
| empfehlen einen ähnlichen Ton wie beim Fahrrad die Klingel“, sagt René | |
| Weinandy, zuständiger Fachgebietsleiter beim Umweltbundesamt (UBA). | |
| Anschwellende Töne, wie von der NHTSA gefordert, übten „keinen | |
| Schockeffekt“ aus. Von der Industrie gebastelte Sounds hätten zudem den | |
| Nachteil, dass mit ihnen der Lärmminderungseffekt von E-Autos wohl dahin | |
| sei. | |
| Aus einem weiteren Grund ist eine Regelung des Problems derzeit nicht | |
| absehbar, sagt Weinandy: Die zusätzlichen Unfallzahlen seien „für | |
| Deutschland noch nicht hinreichend untersucht“. Auch wenn laut Plänen der | |
| Bundesregierung bis 2020 eine Million E-Autos und Hybride im Land fahren | |
| sollen, gebe es noch keine Position zu dem Thema. | |
| Derweil bietet die Industrie eigene Lösungen an: Wenn Nissans E-Auto Leaf | |
| sich nähernde Fußgänger und Radfahrer mit der Kamera geortet hat, sind aus | |
| sechs Lautsprechern an- und abschwellende Warngeräusche ähnlich einem | |
| Düsenjet zu hören. | |
| 26 Nov 2015 | |
| ## AUTOREN | |
| Kai Schöneberg | |
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