# taz.de -- Ausgaben für AsylbewerberInnen: „Das Geld geht mit dem Flüchtli… | |
> Schleswig-Holstein plant im neuen Haushalt 805 Millionen Euro für | |
> Flüchtlinge ein und umgeht mit einem Trick die Schuldenbremse. | |
Bild: Auch für 2016 wird in Schleswig-Holstein mit tausenden Flüchtlingen ger… | |
HAMBURG taz | Schleswig-Holstein stellt sich finanziell auf die Zuwanderung | |
Zehntausender Flüchtlinge ein. Finanzministerin Monika Heinold (Grüne) | |
stellte dazu am Dienstag einen neuen Haushaltsentwurf für 2016 vor, der von | |
den Plänen abweicht, über die das Parlament im September diskutierte. | |
Vorgesehen sind 805 Millionen Euro allein für alle Kosten, die durch den | |
massenhaften Zuzug entstehen. | |
Dabei sind direkte Kosten, etwa für den Bau von Unterkünften, aber auch | |
indirekte, etwa für neue Stellen für Lehrkräfte oder Polizisten, die bei | |
einer insgesamt wachsenden Bevölkerung notwendig sind. Aber die Zahlen, die | |
nun im Raum stehen, sind alles andere als gesichert: „Das sind alles nur | |
Prognosen“, sagte die Ministerin. | |
## „Schwer planbar“ | |
In den 20 Jahren, die sie Landespolitik mache, habe sie noch keinen | |
Haushalt erlebt, der so schwer planbar gewesen sei. In vielen Bereichen | |
kamen Zahlen als „Mischkalkulation aus mehreren Unsicherheitsfaktoren“ | |
zustande. Haushaltsberatungen laufen normalerweise nach einem bekannten | |
Muster ab: Erst kommt der Entwurf, den die Opposition bei einer | |
Parlamentsdebatte zu einem großen Rundumschlag gegen die Regierung nutzt. | |
Dann beginnt das Klein-Klein der Nachschiebelisten, in denen hier ein | |
Milliönchen in jene Haushaltsstelle und dort ein paar Tausender in einen | |
anderen Unterpunkt verschoben werden. | |
Wer Lobbyarbeit macht, führt spätestens jetzt dringliche Gespräche mit ein | |
paar Abgeordneten. Diesmal ist alles ein wenig anders – aus dem | |
Finanzministerium drang das Wörtchen „verrückt“. Es geht um große Zahlen: | |
Mit 27.000 neuen Flüchtlingen, die dauerhaft bleiben, rechnet das Land für | |
2016 – eine Zahl, die auf Bundesprognosen beruht. Für 37.000 Menschen | |
werden Plätze in Erstaufnahmen geschaffen. 1.001 Stellen will das Land im | |
kommenden Jahr neu schaffen, darunter Stellen für 280 Lehrer und 200 | |
Polizisten. | |
Auch in Justiz und Verwaltung wird aufgestockt. In den Folgejahren sollen | |
ähnlich viele neue Arbeitsplätze hinzu kommen. Für die Asylsuchenden selbst | |
kalkuliert das Land über 400 Millionen Euro ein – darunter sind auch | |
Bundesmittel, die größtenteils den Kommunen zugute kommen. „Das Geld geht | |
mit dem Flüchtling“, nennt Heinold die Formel. | |
## Probleme in den Kommunen | |
Ob das ausreichend klappt, bezweifelte die CDU-Gruppe für die | |
Arbeitnehmerschaft (CDA) bereits im Vorfeld der Pressekonferenz. Deren | |
Landesvorsitzender Werner Kalinka forderte, den Kommunen alle Kosten für | |
die Flüchtlinge zu erstatten. „Dies gilt auch für die zusätzlichen | |
Personalkosten“, sagte Kalinka. „Sonst werden die Haushalte von Kreisen und | |
Städten gesprengt.“ | |
Das Land will beim alten Modell bleiben und für Flüchtlinge, für die der | |
Bund keine Kosten übernimmt, 70 Prozent der Kosten übernehmen, es bleiben | |
damit 30 Prozent bei den Kommunen. „Das Land geht in vielen Bereichen in | |
Vorleistung“, sagte die Ministerin. Vor allem verschuldet sich das | |
Schleswig-Holstein stärker als geplant: 261 Millionen Neuverschuldung statt | |
52, von denen noch im September die Rede war. | |
Mit einem Kniff schafft es Heinold, dabei nicht den Korridor zu verlassen, | |
den ihr die landeseigene Schuldenbremse auferlegt: Bei der Berechnung | |
einiger Konjunktur-Zahlen stellt sie von der bisherigen Methode auf ein | |
„weicheres“ Modell um, das der Bund auch benutzt. | |
Finanzminister Schäuble sei damit einverstanden, sagte Heinold. Die | |
Umstellung erhöhte die Ausgabengrenze um 106 Millionen – das reicht aus. Ob | |
es dauerhaft und auch in den folgenden Jahren reicht? Sie rechne damit, die | |
Neuverschuldung bis 2020 auf null zu bringen, sagte Heinold. | |
Tobias Koch (CDU) kritisierte die Abschaffung der bisherigen | |
Landesregelung: „Spätestens jetzt rächt sich die nachlässige und | |
selbstgerechte Haushaltspolitik von SPD, Grünen und SSW aus den Vorjahren.“ | |
Heiner Garg (FDP) drohte gar eine Klage an: Die FDP-Fraktion werde „alle | |
rechtlichen Mittel nutzen, um die Landesregierung zur Einhaltung der | |
rechtlichen Normen zu zwingen“. | |
10 Nov 2015 | |
## AUTOREN | |
Esther Geißlinger | |
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