# taz.de -- Wirtschaftswachstum in Deutschland: Flüchtlingshilfe und Kauflaune | |
> Die deutsche Wirtschaft wächst im dritten Quartal 2015 um 0,3 Prozent. | |
> Der Staatskonsum für Flüchtlinge schiebt die Wirtschaft an, Investitionen | |
> und Exporte schwächeln. | |
Bild: Dank Konsum floriert die Konjunktur. | |
Berlin rtr | Dank der staatlichen Flüchtlingshilfe und der Kauffreude der | |
Verbraucher bleibt die deutsche Wirtschaft auf Wachstumskurs. Zwischen Juli | |
und September stieg das Bruttoinlandsprodukt zwar mit 0,3 Prozent etwas | |
langsamer als zuletzt, wie das Statistische Bundesamt am Dienstag mitteilte | |
und so eine Schätzung von Mitte November bestätigte. Grund war der | |
schwächelnde Außenhandel wegen der mauen globalen Konjunktur. | |
Für Impulse sorgten aber die Ausgaben des Staates, die mit 1,3 Prozent so | |
stark stiegen wie seit den Konjunkturpaketen 2009 nicht mehr. „Natürlich | |
spielen die Flüchtlingskosten da mit rein“, sagte ein Statistiker zu | |
Reuters. „Das sind die ersten Auswirkungen, die sich im Staatskonsum | |
bemerkbar machen.“ Auch die Bürger kurbelten mit ihrer Kauflaune das | |
Wachstum spürbar an. | |
Damit legte die Wirtschaftsleistung das fünfte Quartal in Folge zu. | |
Allerdings verlor die Erholung an Fahrt, denn im Frühjahr hatte es noch 0,4 | |
Prozent Wachstum zum Vorquartal gegeben. Die erfolgsverwöhnten Exporteure | |
mussten der Abkühlung der Weltwirtschaft Tribut zollen. „Das liegt vor | |
allem an der Schwäche der Schwellenländer“, sagte DekaBank-Experte Andreas | |
Scheuerle. | |
„Ohne Hilfe des gesunkenen Euro-Kurses und der anziehenden Konjunktur in | |
den Industrieländern wäre es noch schlechter ausgefallen.“ Insgesamt | |
bremste der Außenhandel so stark wie seit zwei Jahren nicht mehr, da die | |
Exporte mit 0,2 Prozent weniger stiegen als die Importe mit 1,1 Prozent. In | |
diesen Jahr droht den deutschen Exporten nach China der erste Rückgang seit | |
1997. | |
## „Verbraucher retten die Konjunktur“ | |
Zudem hielten sich die Unternehmen mit ihren Ausgaben in Maschinen und | |
Anlagen zurück: Diese sogenannten Ausrüstungsinvestitionen sanken um 0,8 | |
Prozent. „Den Unternehmen fehlt die Absatzperspektive“, betonte Scheuerle. | |
„Sie fragen sich: Warum soll ich meine Kapazitäten erweitern, wenn ich | |
nicht weiß, ob ich sie auslasten kann.“ | |
Für Impulse sorgt weiter der private Konsum mit einem Plus von 0,6 Prozent. | |
Die Deutschen profitieren vor allem vom boomenden Jobmarkt, steigenden | |
Löhnen und der niedrigen Inflation. „Die Verbraucher retten die Konjunktur | |
und machen die Schwäche der Industrie in den Sommermonaten wett“, sagte | |
Ökonom Carsten Brzeski von der Großbank ING. „Um die aktuellen und | |
künftigen Herausforderungen zu bestehen, braucht die Wirtschaft aber einen | |
nachhaltigen Investitionsschub.“ Nur auf die aktuelle Stärke des Konsums zu | |
setzen, „wäre eine gefährliche Strategie“. | |
Die Bundesregierung rechnet dieses Jahr mit einem Wachstum von 1,7 Prozent, | |
das sich 2016 auf 1,8 Prozent beschleunigen soll. 2014 hatte Europas größte | |
Volkswirtschaft um 1,6 Prozent zugelegt. | |
24 Nov 2015 | |
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