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# taz.de -- Argentinien nach der Wahl: Wieder Amnestie für Folterer?
> Die konservative Zeitung „La Nación“ fordert ein Ende der
> Menschenrechtsprozesse gegen Militärs – einen Tag nach der
> Präsidentschaftswahl.
Bild: Tausende fielen der argentinischen Militärdiktatur zum Opfer (Gedenken 2…
Buenos Aires taz | Kaum war am Sonntag in Argentinien entschieden, dass
[1][mit Mauricio Macri ein Rechter ins Präsidentenamt einziehen wird], warf
die rechtskonservative Tageszeitung La Nación ihre Druckmaschinen an. Unter
dem Titel „Nicht noch mehr Rache“ veröffentlichte das Flaggschiff der
konservativen Presse ein Editorial, in dem es die Einstellung der Prozesse
wegen der Menschenrechtsverbrechen während der Militärdiktatur von 1976 bis
1983 forderte. „Die Wahl einer neuen Regierung ist der geeignete Moment, um
die Lügen über die 70er Jahre zu beenden“, so die Unterzeile.
Die Veröffentlichung sorgte in der Belegschaft von La Nación für heftigen
Wirbel. Öffentlich sprach sich ein Teil noch am gleichen Tag dagegen aus:
„Die Arbeiter des Tageszeitung La Nación sagen Ja zur Demokratie, zur
Fortführung der Prozesse wegen Menschenrechtsverbrechen und wir sagen Nein
zum Vergessen.“ Ein Foto zeigt hunderte Mitarbeiter, die auf Plakaten das
Editorial zurückweisen.
Nach dem Amtsantritt von Präsident Néstor Kirchner im Mai 2003 war die
juristische Aufarbeitung der Menschenrechtsverbrechen wieder in Gang
gekommen. 2005 wurden die beiden Amnestiegesetze aufgehoben, die Militär
und Polizei vor Strafverfolgung geschützt hatten. Nach Angaben der
Menschenrechtsorganisation CELS wurde seither gegen 2 071 Personen
ermittelt, 370 Angeklagte zu teilweise hohen Haftstrafen verurteilt.
Für den größten Teil der argentinischen konservativen Mittel- und
Oberschicht wurden und werden diese Prozesse als Rache der in den 1970er
Jahren unterlegenen linken Bewegungen interpretiert, die mit der
Kirchner-Regierung ihren späten Sieg feierten. Für sie sind die 1970er
Jahre ein Teil des Kriegs gegen eine kommunistische Subversion, die damals
die Freiheit bedrohte und bekämpft werden musste. Das Verständnis dafür,
dass es sich dabei um, wie es Präsident Néstor Kirchner 2004 sagte,
Staatsterrorismus handelte, ist ihnen fremd.
So heißt es im Editoral: „Die tragischen Vorfälle der 1970er Jahre wurden
von der Linken umgedeutet, die ideologisch mit den terroristischen Gruppen
verbandelt ist, die hier mit Waffen, Bomben und zellenartiger Vernetzung
gemordet haben, die sich in nichts von denen unterscheiden, die in Paris am
Freitag, den 13. die Welt erschütterten. Diese Linke, mit der früheren und
jetzigen wahren faschistischen Grundeinstellung, hat sich von Beginn der
Kirchner-Regierungen an des offiziellen Propagandaapparats bemächtigt.“
Mauricio Macri hatte sich am Montag ebenfalls zu den Prozessen geäußert. Er
werde garantieren, „dass die Justiz die Unabhängigkeit bekommen werde, um
ihre Aufgabe fortführen zu können“. Bei der Menschenrechtsanwältin Myriam
Bregman schrillten dabei die Alarmglocken. „Macri weiß, dass diese Haltung
Straflosigkeit bedeutet.“ Eine Justiz, die noch immer ihre Seilschaften mit
den Verbrechern unterhält, wird diese laufen lassen, fürchtet Bregman.
25 Nov 2015
## LINKS
[1] /Stichwahl-in-Argentinien/!5254735
## AUTOREN
Jürgen Vogt
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Alberto Nisman
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