# taz.de -- Streit um Solidarität im Profifußball: Liga der Gerechten | |
> Die Idee: Wer sich nicht an die 50+1-Regel hält, kriegt kein Fernsehgeld. | |
> Etliche Klubs sehen darin das Ende der Solidargemeinschaft. Gab es die? | |
Bild: Voll solidarisch: Dank der Brausemillionen aus Österreich kann sich RB L… | |
Da haben wir ja wieder etwas gelernt. Die Fußball-Bundesliga ist also eine | |
Solidargemeinschaft. Wie schön! Es gibt in dieser harten Welt, in der sich | |
kaum noch jemand findet, der es wagen würde, etwa die Europäische Union als | |
Solidargemeinschaft zu bezeichnen, also doch noch Zusammenschlüsse von | |
Organisationen, die zum Wohle aller Mitglieder an gemeinsamen Zielen | |
arbeiten. Ja, dafür lieben wir die Bundesliga, diese Spielklasse, die wie | |
keine zweite in Europa für Ausgeglichenheit und absolute Chancengleichheit | |
steht. | |
Doch es gibt Klubs, die die Solidargemeinschaft in Gefahr sehen. Sie zeigen | |
mit dem Finger auf den FC St. Pauli. Der hat doch tatsächlich | |
vorgeschlagen, die Klubs von der Verteilung der Fernsehgelder | |
auszuschließen, die von einer Regel befreit sind, die für viele | |
Fußballanhänger heilig ist: die 50+1-Regel. | |
Sie soll sicherstellen, dass die guten alten Fußballklubs, die | |
eingetragenen Vereine, immer mehr als 50 Prozent der Anteile an den Firmen | |
halten, bei denen die Profis angestellt sind, die in den ersten beiden | |
Ligen in Deutschland spielen. Damit soll verhindert werden, dass seelenlose | |
Investoren die Klubs, die längst Kapitalgesellschaften sind, kaufen und | |
verkaufen könnten, wie es ihnen gerade beliebt. | |
Und schon immer haben die Fußballromantiker aus den Klubs, die als | |
Traditionsvereine bezeichnet werden, mit dem kurvenüblichen Hass auf die | |
Kapitalgesellschaften geschaut, die von der 50+1-Regel befreit sind, weil | |
ihre Eigner schon lange und viel für den Klub getan haben. Es sind dies der | |
VW Wolfsburg, Bayer Leverkusen und Hopp Hoffenheim. 2017 kommt dann auch | |
noch Hörgeräte Hannover dazu. | |
Bei St. Pauli, dem inoffiziellen deutschen Meister in der Vermarktung der | |
David-gegen-Goliath-Rolle, findet man das ungerecht und will diese Klubs | |
von der Verteilung der Millionen aus dem Verkauf der Übertragungsrechte für | |
die Liga ausschließen. Und prompt sieht sich der Hamburger Klub dem Vorwurf | |
ausgesetzt, das Solidarprinzip der Liga in Frage zu stellen. Dabei wird so | |
getan, als hätte die zentrale Vermarktung der Liga für das Fernsehen, bei | |
der in dieser Saison der FC Bayern das Doppelte der Summe einstreicht, die | |
dem SV Darmstadt 98 zusteht (40 Millionen Euro zu 20 Millionen Euro), | |
tatsächlich einen sozialen Charakter. | |
Den hat indes die 50+1-Regel auch nicht, wenn man das beim FC St. Pauli | |
auch glauben mag. Es ist ja nun wahrlich nicht so, dass durch diese Regel | |
Investoren davon abgehalten würden, Einfluss auf Entscheidungen in den | |
Klubs zu nehmen. Beim TSV 1860 München tut man sich überaus schwer damit, | |
Entscheidungen durchzusetzen, mit der man den jordanischen Investor Hasan | |
Ismaik verärgern könnte. | |
Regelrecht pervertiert wird die gewiss gut gemeinte 50+1-Regel bei Red Bull | |
Leipzig. Der Trägerverein besteht aus ein paar handverlesenen Mitgliedern, | |
deren Rolle es ist, abzunicken, was in der Zentrale eines österreichischen | |
Brauseherstellers entschieden wird. Bei den Summen, mit denen der Klub sich | |
den Aufstieg in die erste Liga kauft, kann kein anderer Klub mithalten. Als | |
solidarisch wird das Gebaren der Leipziger gewiss niemand bezeichnen. | |
Kann es sein, dass es die gerechte Liga doch nicht gibt? | |
23 Nov 2015 | |
## AUTOREN | |
Andreas Rüttenauer | |
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