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# taz.de -- Ein Jahr St.Pauli-Chef: Göttlich im Glück
> Kommenden Montag ist Oke Göttlich ein Jahr als Präsident des FC St. Pauli
> im Amt. Am Sonntag muss er mit den Mitgliedern über Olympia diskutieren
Bild: Der Präsident: Oke Göttlich bei der Mitgliederversammlung vor einem Jahr
HAMBURG taz | Es ist oft eine einzige Entscheidung, die über Erfolg und
Misserfolg entscheidet. Als Oke Göttlich, damals frisch gebackener
Präsident des FC St. Pauli, Ewald Lienen als neuen Trainer für das
schwächelnde Zweitligateam holte, gab es nichts, was ihn sicher sein ließ,
den richtigen Schritt zu tun. Nur: Etwas musste getan werden.
Der Plan, den es nie gab, ging auf: Unter Lienen spielte die Mannschaft
eine Rückrunde, die ihr niemand zugetraut hätte, und entging in letzter
Sekunde dem Abstieg. Heute steht sie auf Tabellenplatz 2, die ersten Fans
träumen bereits von der ersten Liga.
Vor diesem Hintergrund darf Oke Göttlich vor der Mitgliederversammlung des
Vereins am Sonntag Bilanz ziehen – eigentlich eine komfortable Situation,
wenn da das leidige Thema Olympia nicht wäre. Es wird am Sonntag einen
Antrag geben, dass der Verein sich gegen die Hamburger Olympia-Bewerbung
ausspricht – eine Festlegung, mit der Göttlich nicht so glücklich wäre.
„Doch wenn das höchste Vereinsgremium das so beschließt, setzen wir das als
Präsidium auch so um“, sagt er. Die basisdemokratische Vereinsstruktur ist
ihm wichtig. Um sie zu erhalten in einer Zeit, in der die Vereine zu
Aktiengesellschaften oder Firmenfilialen mutieren, sei er schließlich
gewählt worden.
Seit einem Jahr ist der ehemalige taz-Sportredakteur und Mitbegründer eines
Online-Vertriebs für Indielabels Vereinspräsident am Millerntor. „Bis Juni
haben wir nichts anderes getan, als uns darauf vorzubereiten, den Abstieg
zu überleben“, sagt er rückblickend. Seitdem heißt es nach vorne schauen
und die Entwicklungen vorantreiben, die den Club nach Göttlichs Auffassung
konkurrenzfähig machen.
Oft seien in der Vergangenheit notwendige Entscheidungen nicht getroffen
worden, „weil niemand anecken wollte – da gab es eine Wohlfühlzone, aus der
heraus kaum noch Entwicklung nach vorne sichtbar war“, sagt Göttlich.
Verdiente Mitarbeiter wie Geschäftsführer Michael Meeske oder Teammanager
Christian Bönig gingen freiwillig oder mussten gehen. Die Trennungen
verliefen nicht reibungslos, doch über Hintergründe herrscht
Stillschweigen, um niemand zu beschädigen.
Inzwischen hat Göttlich mit Trainer Ewald Lienen, Sportchef Thomas Meggle
und Geschäftsführer Andreas Rettig Männer auf den zentralen
Entscheidungspositionen, die seine (erste) Wahl sind. An Lienen schätzt er
dessen „Authentizität“. Der Trainer galt einst als einziger Linksradikaler
im bezahlten Fußball, machte Werbung gegen Atomkraft und kandidierte für
die DKP-nahe „Friedensliste“. Doch das war in den frühen Achtzigern.
Dass zwischen ihm und den mehrheitlich linken St.-Pauli-Fans einmal
Zuneigung entstehen würde, sei so nicht vorauszusehen gewesen, sagt
Göttlich. Doch längst wirkt es, als sei der Trainer am Ende seiner langen
Fußball-Reise durch Europa endlich nach Hause gekommen, wenn er die
Trainingsjacke mit dem Aufdruck „Kein Fußball den Faschisten“ über den
Platz trägt.
Nach dem atemlosen ersten Jahr gehe es nun darum, in aller Ruhe
„nachzujustieren“, sagt Göttlich. Und Konflikte auszutragen, wie etwa am
Sonntag, wenn er dagegen eintreten wird, dass der Verein sich eindeutig
gegen Olympia positioniert. „Das entscheidet doch jeder für sich“, sagt
Göttlich, und es wäre seiner Meinung nach schon ein wenig widersinnig, wenn
die Mitglieder beschlössen, die Vereinsspitze solle ihnen empfehlen, gegen
Olympia zu stimmen.
„Wir haben fast als einziger Verein nicht Stellung für Olympia bezogen“,
sagt Göttlich. „Das ist faktisch bereits eine Haltung mit Tendenz zum
Nein.“
13 Nov 2015
## AUTOREN
Marco Carini
## TAGS
Schwerpunkt Olympische Spiele 2024
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