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# taz.de -- Tourismus in der Ukraine: „Eine Form der Solidarität“
> Wegen des Krieges bleiben viele West-Touristen weg, sagt die Slawistin
> Vira Makovska. Und die Sanktionen gegen Russland hinterlassen auch in der
> Ukraine Spuren.
Bild: Der Hafen von Odessa (Archivbild von 2007).
taz: Frau Makovska, Sie haben in den 90er Jahren in Lviv/Lemberg Slawistik
studiert. War Lemberg damals schon eine Touristenstadt?
Vira Makovska: Während meines Studiums war Lemberg wenig touristisch
ausgerichtet. Und wenn, dann war dieser Tourismus privat. Ich erinnere
mich, dass in meiner Familie und in meinem Freundeskreis häufig Gäste aus
dem Ausland zu Besuch waren. Verwandtschaft aus Polen, Freunde aus
Deutschland, ehemalige Nachbarn aus den USA. Viele Polen waren in Lemberg
geboren, mussten aber nach dem Zweiten Weltkrieg die Stadt verlassen. Ihre
Nostalgie hat die Einheimischen kaum gestört – die Polen waren in Lemberg
immer willkommen.
Wie ist es heute?
Die Bewohner der Stadt sind weltoffen, auch gegenüber Touristen aus
Deutschland. Inzwischen ist auch die Zahl der Touristen aus den östlichen
Regionen des Landes stark gestiegen. Allerdings steigen auch die
Flüchtlingszahlen aus den besetzten Gebieten. Den Flüchtlingen begegnen die
Lemberger oft reserviert, ihnen wird häufig die Kooperation mit den
Separatisten vorgehalten. Diese Situation stellt eine große Herausforderung
für die Stadt dar.
Gibt es auch etwas wie eine Willkommenskultur?
Anfang September gab es ein Festival der Flüchtlinge in Lemberg, an dem
viele Einheimische zusammen mit den Flüchtlingen gekocht, gearbeitet und
gefeiert haben. Eine aus meiner Sicht gute Initiative.
Ist die Ukraine ein Urlaubsland?
Auf jeden Fall. Aber es ist ein Urlaubsland, das noch im Dornröschenschlaf
schlummert. Viele Touristen aus dem Westen sind wegen des Krieges
verunsichert oder verschieben ihre geplanten Reisen in die Ukraine.
Andersherum planen auch viele Ukrainer aufgrund der wirtschaftlichen
Situation ihren Urlaub zu Hause. Viele entdecken ihr Land neu und das
erweckt den eigenen Tourismus.
Organisierter Tourismus in der Ukraine war bis 2013 vor allem
Kreuzfahrttourismus. Damals wurden 50.000 Urlauber gezählt. Seit 2014
dürfen Kreuzfahrtschiffe aus der EU nicht mehr in den Häfen der Krim
anlegen. Stellen Sie seit der Ukrainekrise fest, dass andere Orte wie
Odessa stärker von Touristen besucht werden?
Seitdem die Krim besetzt ist, weichen ausländische und einheimische
Touristen auf die anderen attraktiven Ecken des Landes aus. Die ukrainische
Schwarzmeerküste ist natürlich sehr reizvoll, so hatte man dieses Jahr sehr
viele Touristen in Odessa, Mykolajiv, Kherson.
Was sind Ihrer Ansicht nach die Regionen und Städte in der Ukraine, die man
unbedingt gesehen haben muss.
Für jede Art des Tourismus bietet die Ukraine interessante Möglichkeiten.
Das Land hat Berge, große Flüsse, Steppen, wunderschöne kleine Städtchen,
unberührte Natur, eine große kulturelle Vielfalt und eine spannende
architektonische Melange. Neben Lemberg, Odessa und Kiew würde ich
Czernowitz empfehlen Auch die Karpaten und das Ufer des Dnepr sind
wunderbare Plätze, an denen man einen Urlaub verbringen kann.
Wann waren Sie zuletzt in der Ukraine als Touristin?
Letztes Jahr im Herbst war ich mit meinen Studenten in Lemberg. Es war eine
fachliche Exkursion im Rahmen des Seminars zur Mehrsprachigkeit in den
slawischen Ländern. So konnte ich meine Heimatstadt aus der anderen
Perspektive zeigen und sie selbst neu erleben. Ich war erstaunt, wie viel
Neues ich erfahren habe.
Wie sind die Reaktionen derer, die die Ukraine besuchen?
Sie besuchen ein Land, das einerseits zur europäischen Kultur gehört, aber
auch noch vieles von dem entdecken lässt, was in Westeuropa verloren
gegangen ist. Im Übrigen ist Tourismus auch eine Form der Solidarität. Denn
die wirtschaftlichen Folgen der Sanktionen gegenüber Russland sind auch in
der Ukraine spürbar.
15 Nov 2015
## AUTOREN
Uwe Rada
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