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# taz.de -- Ein Jahr Pegida in Dresden: Mahnung zur Gewaltfreiheit
> Pegida will sich am Montag feiern. De Maizière nennt die
> Pegida-Organisatoren „harte Rechtsextremisten“ und spricht sich gegen
> einen Grenzzaun aus.
Bild: In Sachen Analyse und Ästhetik wie immer ganz weit vorne: Pegida-Demo im…
Dresden/Berlin/Köln dpa/afp | Unmittelbar vor Großkundgebungen von Pegida
und Gegnern des rassistischen Bündnisses in Dresden hat Sachsens
Innenminister Markus Ulbig (CDU) zur Gewaltfreiheit aufgerufen. Aufgrund
der zu erwartenden „besonderen Anspannung“ zum Jahrestag der
Pegida-Gründung an diesem Montag appelliere er an die Teilnehmer aller
Demonstrationen, gewaltfrei und ohne Hetze gegen Ausländer, Politiker oder
Andersdenkende zu agieren, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Gewalt
und Hass seien keine Lösung, denn: „Unser sozialer Frieden wird empfindlich
gestört, und unsere demokratische Grundordnung, auf die wir alle so stolz
sind, steht auf dem Spiel.“
Die Polizei erwartet Zehntausende Anhänger und Gegner der „Patriotischen
Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“ (Pegida) und ist mit
einem Großaufgebot präsent. Die rassistische und islamfeindliche
Gruppierung war am 20. Oktober vergangenen Jahres in Dresden zu ihrer
ersten Demonstration zusammengekommen.
Pegida-Chef Lutz Bachmann kündigte für die Jubiläums-Kundgebung auf dem
Theaterplatz vor der Semperoper zahlreiche internationale Gäste an,
darunter den deutsch-türkischen Autor Akif Pirinçci, der für homophobe und
migrantenfeindliche Positionen bekannt ist.
Unter dem Motto [1][“Herz statt Hetze“] will sich ein breites Bündnis aus
Parteien, Gewerkschaften, Kirchen, Vereinen und Initiativen dem
entgegenstellen und in einem Sternlauf in die Altstadt ziehen. Man wolle
den Tag so gestalten, „dass er für Pegida kein Erfolg wird“, sagte Silvio
Lang vom Bündnis Dresden Nazifrei. Beide Seiten haben bundesweit zur
Teilnahme an ihren Kundgebungen aufgerufen.
## „Fernab jedes demokratischen Konsenses“
Die Pegida-Organisatoren seien „harte Rechtsextremisten“, sagte
Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) am Abend in der ARD. „Sie
bezeichnen Asylbewerber pauschal als Verbrecher, alle Politiker als
Hochverräter. Das ist fernab jedes demokratischen Konsenses und jeder, der
da hingeht, weil er Sorgen zum Ausdruck bringt, muss wissen, dass er
Rattenfängern hinterherläuft.“
De Maizière verwies auf einen starken Anstieg von Straftaten gegen
Asylbewerber und Asylbewerbereinrichtungen. „Hass bereitet den Boden für
solche Taten“, sagte er und appellierte an die Bürger: „Bleiben Sie weg von
denen, die diesen Hass, dieses Gift in unser Land spritzen.“
Die Messerattacke auf die parteilose künftige Kölner Oberbürgermeisterin
Henriette Reker bezeichnete de Maizière als „entsetzliche Tat“. „Ein
Mordanschlag gegen eine Frau und einige Mitarbeiter, die Flüchtlinge
unterbringt. Da bleibt einem ja die Sprache weg“, sagte der Minister. Die
„Verdreifachung“ der Zahl der Straftaten gegen Asylbewerber und
Asylbewerbereinrichtungen im Vergleich zum Vorjahr mit insgesamt mehr als
40 Verletzten nannte de Maizière „entsetzlich“.
Hessens Ministerpräsident und CDU-Vize Volker Bouffier sagte der „Welt“
(Montag): „Pegida ist ein Ausdruck der Unzufriedenheit, den man nicht
ignorieren kann. Diese Bewegung äußert aber ihren Protest in einer Weise,
der niemandem nützt. Wer nur den Hass aufstachelt, hat ja noch keine
Lösung.“
Bei einer Pegida-Demonstration am vergangenen Montag war eine
Galgen-Attrappe gezeigt worden, was bundesweite Empörung sowie
strafrechtliche Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Dresden ausgelöst
hatte. Auf dem Galgen waren Schilder mit der Aufschrift „Reserviert –
Angela „Mutti“ Merkel“ und „Reserviert – Siegmar „das Pack“ Gabri…
angebracht, wobei der Vorname des Vizekanzlers und
Bundeswirtschaftsministers falsch geschrieben war. Am Wochenende gab sich
ein 39-Jähriger aus dem Erzgebirge als Urheber zu erkennen und bezeichnete
die Aktion als „Satire“.
Ulbig unterbrach seinen Nordseeurlaub, um während der Demonstrationen an
diesem Montag im Dresdner Polizeilagezentrum sein zu können. Er forderte
die Demonstrationsteilnehmer auf, sich klar zu sein, dass es in ihren
Händen liege, „welches Signal aus Dresden, ja aus ganz Sachsen gesendet
wird“. Die Polizei sei gut vorbereitet und werde gegebenenfalls „konsequent
durchgreifen“.
## De Maizière hält Grenzzaun für eine Übertreibung
In der Flüchtlingskrise hat Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU)
Forderungen nach einem Zaun an der Grenze zu Österreich ein Absage erteilt.
Die Diskussion über eine Einrichtung von möglichen Transitzonen an der
Grenze dürfe nicht dazu führen, dass „durch eine Übertreibung in Richtung
Zäune oder in Richtung massenhafte Haftanstalten“ der „Kern des Problems
unlösbar“ gemacht werde, sagte de Maizière am Sonntagabend im ARD-“Bericht
aus Berlin“.
Eine Lösung für die Flüchtlinge aus Syrien insgesamt seien Schnellverfahren
an den Landgrenzen und Transitzonen nicht, räumte de Maizière zugleich ein.
„Trotzdem ist es ein wichtiges Instrument, die Zahl derer, die zu uns
kommen, die insbesondere nicht schutzbedürftig sind, zu begrenzen.“ Dazu
zählten „Menschen, die ihre Pässe weggeschmissen haben, Menschen, die eine
Ausreise verhindern, Menschen aus sicheren Herkunftsländern“, sagte de
Maizière. Für diese Menschen solle es Schnellverfahren an der Grenze geben.
De Maizière reagierte mit seinen Äußerungen auf Forderungen der Deutschen
Polizeigewerkschaft (DPolG). Deren Chef Rainer Wendt hatte der Zeitung
„Welt am Sonntag“ gesagt, „wenn wir ernst gemeinte Grenzkontrollen
durchführen wollen, müssen wir einen Zaun entlang der deutschen Grenze
bauen“. Die konkurrierende Gewerkschaft der Polizei (GdP) widersprach
umgehend: Die Forderung sei ein „unverantwortliches Spiel mit dem Feuer"“,
erklärte GdP-Vize Jörg Radek am Sonntag in Berlin.
In der Regierungskoalition wird derzeit heftig über eine Verschärfung der
Flüchtlingspolitik debattiert. Insbesondere die CSU will den Berliner
Koalitionspartnern härtere Regeln abringen, darunter die Einrichtung der
umstrittenen Transitzonen. Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) dagegen
lehnte die Transitzonen erneut ab.
## Bayerischer Innenminister hält auch nichts von Grenzzaun
Der bayerische Innenminister, Joachim Herrmann (CSU), hat sich gegen den
Vorschlag der Deutschen Polizeigewerkschaft ausgesprochen, einen Zaun an
Deutschlands Südgrenze zu bauen. „Davon halte ich wenig“, sagte Herrmann
dem Radiosender WDR5 am Montagmorgen. Angesichts des anhaltenden
Flüchtlingsandrangs hatte der Chef der Gewerkschaft, Rainer Wendt, den Bau
eines Zauns an der Grenze zu Österreich gefordert.
Statt eines Zauns brauche es eine „klare politische Entscheidung“, wie
Deutschland künftig mit den ankommenden Flüchtlingen umgehen wolle, sagte
Herrmann weiter.
Über das Attentat auf die Kölner Oberbürgermeisterkandidatin Henriette
Reker zeigte sich Herrmann schockiert: Die Attacke stelle eine
„unglaubliche, weitere Eskalation von offensichtlich rechtsextremistischer
Gewalt“ dar. Die Sicherheitsbehörden müssten solche rechtsextremen Taten
schnellstmöglich ermitteln und die Täter vor Gericht stellen. „Wir müssen
in der politischen Auseinandersetzung deutlich machen: Man kann sich über
die richtige Ausländer- und Flüchtlingspolitik streiten, aber jeder, der
hier extrem ausländerfeindlich mit Hasstiraden gegenüber Asylbewerbern
unterwegs ist, hat mit der Mitte der Gesellschaft nichts zu tun“, sagte
Herrmann.
Die CSU setzt sich in der Flüchtlingspolitik für härtere Regeln ein und
fordert unter anderem die Einrichtung von umstrittenen Transitzonen an den
Grenzen. Der Koalitionspartner SPD lehnt die Zonen ab.
19 Oct 2015
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