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# taz.de -- Gerechtigkeit im Job: Beschwert euch!
> Beratungsstelle „Antidiskriminierung in der Arbeitswelt“ will in Bremen
> die flächendeckend innerbetriebliche Beschwerdestellen einrichten.
Bild: Könnte in Zukunft entlastet werden: Kummerkasten des Betriebsrats.
BREMEN taz | Die Bremer Beratungsstelle „Antidiskriminierung in der
Arbeitswelt“ (ADA) hat ein großes Ziel: Bremen soll ein
„Antidiskriminierung-Leuchtturm“ werden, und zwar durch die flächendeckende
Einrichtung innerbetrieblicher Beschwerdestellen. Die sollen für die
Umsetzung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) in der
Arbeitswelt sorgen.
Mit einer Podiumsdiskussion am heutigen Donnerstag und einem Fachtag im
November in Kooperation mit dem Bremer Netzwerk gegen Diskriminierung
stellt ADA „Handreichungen zu innerbetrieblichen Beschwerdeverfahren“ vor
und will Betriebe von der Idee der Beschwerdestellen überzeugen. Dabei ist
sich ADA-Mitarbeiter Olaf Bernau bewusst, dass hier Arbeit geleistet werden
muss, die seit fast zehn Jahren vernachlässigt wird.
Denn das AGG stammt aus dem Jahr 2006. „Es schreibt explizit das
Beschwerderecht von ArbeitnehmerInnen fest sowie die Pflicht des
Arbeitgebers, jede Beschwerde zu prüfen und Maßnahmen zu ergreifen, um die
Diskriminierung abzustellen“, sagt Bernau.“ Aber: „Im Jahr 2009 war das A…
nur 30 Prozent der Deutschen überhaupt bekannt.“
Mittlerweile habe sich zwar herumgesprochen, dass diskriminierende
Stellenanzeigen verboten sind und benachteiligte ArbeitnehmerInnen
Rechtsansprüche geltend machen können, „aber viele Betriebe denken, dass
sie bereits genug täten“, sagt Bernau. Schließlich, so deren Argument, gebe
es ja einen Betriebsrat und Gremien wie Schwerbehinderten-,
Gleichstellungs- oder Mobbingbeauftragte.
Ein Betriebsrat allein könne aber nicht auch noch Beschwerdestelle sein,
sagt Bernau, „das liegt außerhalb ihres Kerngeschäfts“. Und wo sollen
ArbeitnehmerInnen eine Diskriminierung anzeigen, wenn es gar keinen
Betriebsrat gibt? Beauftragte gebe es daneben fast nur in großen Betrieben,
sagt Bernau, „und für rassistische Diskriminierungen gibt es nirgends eine
Anlaufstelle“.
Kleine Unternehmen wüssten nicht, wie sie eine Beschwerdestelle überhaupt
einrichten sollten: „Sie innerhalb eines drei-Mann-Unternehmens zu
installieren, ist tatsächlich nicht praktikabel“, sagt auch Bernau. Nötig
sind sie seiner Meinung nach dennoch: „Gerade in kleinen Betrieben werden
Diskriminierungen oft bagatellisiert.“ Eine mögliche Lösung sieht er hier
in externen Beschwerdestellen, angesiedelt zum Beispiel bei den Kammern.
Für Harm Wurthmann, Geschäftsführer der „RKW Bremen GmbH“, die
Unternehmensberatung vor allem für kleine und mittelständische Unternehmen
anbietet, steht an erster Stelle eine „strategische Unternehmensgestaltung,
die auf eine starke personelle Durchmischung setzt“. Das schaffe eine
Betriebskultur, in der offen über Probleme geredet würde – und das sei
wichtiger als eine Beschwerdestelle.
Einer solchen steht er dennoch nicht abweisend gegenüber, „und sei es nur,
um Arbeitgebern und Arbeitnehmern bewusst zu machen: Auch wenn wir gar kein
Problem sehen: Es kann trotzdem eins geben.“ Aber Betriebe, denen ein gutes
Klima gleichgültig sei, würden eine solche Stelle ohnehin nicht zulassen.
Damit könnte er Recht haben, denn das AGG benennt zwar vieles – nicht aber
das ausgewiesene Recht auf eine innerbetriebliche Beschwerdestelle.
28 Oct 2015
## AUTOREN
Simone Schnase
## TAGS
Bremen
Arbeitnehmer
Diskriminierung
Arbeit
Schwerpunkt Rassismus
Arbeitnehmer
EU-Richtlinien
Europäische Union
Schwerpunkt AfD
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