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# taz.de -- Rechtsextreme Brüderschaft: Vereint gegen die Anderen
> Im Norden rückt die rechte Szene zusammen. Die Kritik an der Asyl- und
> Flüchtlingspolitik macht frühere Grabenkämpfe vergessen.
Bild: Marschieren nun gemeinsam gegen Flüchtlinge: „besorgte Bürger“ und …
HAMBURG taz | Rechtsextreme profitieren von der kontroversen Debatte um die
Asyl- und Flüchtlingspolitik: Bei Aufmärschen und Aktionen ist auch im
Norden zu beobachten, dass die Szene von NPD über Freie Kameradschaften und
rechten Hooligans bis zu Pegida-Anhängern gemeinsam agiert. „Die rechte
Szene rückt gegenwärtig enger zusammen“, sagt Samuel Salzborn, Professor an
der Universität Göttingen.
„Bei der aktuellen Flüchtlingsfeindlichkeit überlappen sich zwei
Themenfelder, die in der rechten Szene zentral sind: der wahnhafte Glaube
an eine Verschwörung in Medien und Politik gegen das Volk und der
Rassismus“, sagt Salzborn, der zum Rechtsextremismus forscht.
Der Konkurrenzkampf zwischen den unterschiedlichen Strömungen, von dem die
rechtsextreme Szene eigentlich geprägt ist, trete zurzeit in den
Hintergrund, sagt Salzborn. Die Verschwörungs- und Rassismusvorstellungen
ließen „Grabenkämpfe zumindest vorübergehend in den Hintergrund treten“,
sagt der Wissenschaftler.
## Labels werden verwischt
Robert Schiedewitz, ein Mitarbeiter der Landesweiten Opferberatung in
Mecklenburg-Vorpommern (Lobbi) beobachtete zudem, dass die Organisatoren
von Demonstrationen und Kundgebungen bewusst ihre Labels verwischten – und
etwa das NPD-Logo vom Plakat abschnitten.
Am Donnerstag wurde ein vertraulicher Lagebericht des Bundeskriminalamts
(BKA) bekannt, der bestätigt, dass das „sehr heterogene
rechtsextremistische Spektrum“ hier einen „ideologischen Konsens“ gefunden
habe.
In den kommenden Tagen haben verschiedene Parteien und Organisationen
weitere Aktionen angekündigt: Am Freitagabend will MVgida – vor allem
getragen von der NPD – erneut in Boizenburg aufmarschieren. Am
Samstagvormittag plant die NPD Niedersachsen in Bad Fallingbostel unter dem
Motto „Asylflut stoppen“ eine Kundgebung.
Gegenproteste sind angekündigt. In Wismar will die Szene unter dem Label
„Wismar wehrt sich“ erneut am Samstagnachmittag auflaufen. „XY wehrt sich…
sei ein neuer Namenstrend, der rechtsextreme Urheber und Strukturen
verschleiern solle, sagt Schiedewitz.
## Szene profitiert von Grundstimmung
In Norddeutschland gebe es eine große Willkommenskultur, aber eben auch das
stetige Anwachsen von Gegenprotest, sagt Wissenschaftler Salzborn. Die
Präsidentin des Niedersächsischen Verfassungsschutzes, Maren Brandenburger,
gibt ihm Recht: „Wir dürfen uns von diesen sehr guten Beispielen nicht den
Blick darauf verstellen lassen, dass Rechtsextremisten durch die
Flüchtlingssituation Aufwind haben“, sagt sie. Die Szene habe zwar keinen
großen personellen Zulauf, sie profitiere aber von der Grundstimmung.
Auch Lobbi-Mitarbeiter Schiedewitz beobachtete, dass die Szene in den
vergangenen Wochen deutlich an Zuspruch gewonnen habe. Die
Rechtsextremisten fühlten sich bestätigt, weil ihre Haltung bei Menschen
Widerhall fände, die sich eigentlich nicht zum rechtsextremen Spektrum
zählten. „Es findet eine Verwischung der Grenzen statt“, sagt Schiedewitz.
In ihrer Sorge und ihren Vorurteilen vor Geflüchteten stünden offen
bekennende Rechtsextreme und vermeintlich besorgte Bürger gemeinsam auf der
Straße. Die Demonstranten störten sich nicht mehr an den Rechten.
## BKA rechnet mit weiteren Aktionen
Diese Entwicklung hat für Salzborn einen Ausgangspunkt: „Das zentrale
Problem ist, dass man mit Gruppierungen wie der AfD oder Pegida diskutiert
– und nicht über sie.“ So lange Rassismus als diskutierbar dargestellt
werde, so lange könne das auch immer wieder rassistische Gewalttäter
motivieren, ist Salzborn überzeugt.
In den Nordbundesländern gab es bereits Übergriffe auf Geflüchtete und
Anschläge auf Einrichtungen. In Boizenburg, wo NPD und MVgida
aufmarschieren wollen, brannte am 11. Oktober die geplante Unterkunft
nieder.
Das BKA rechnet mit weiteren Aktionen – von Blockaden bis Gewalttaten.
Viele Märsche sind im Norden schon angemeldet: Am 31. Oktober etwa will die
AfD in Hamburg gegen das „Asylchaos” aufmarschieren.
22 Oct 2015
## AUTOREN
Andreas Speit
## TAGS
Schwerpunkt Rassismus
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