| # taz.de -- AfD-Parteitag im Schwabenland: Testament der Angst | |
| > Die Südwest-AfD verabschiedet ihr Wahlprogramm und wirbt um verängstigte | |
| > Bürger. Sie wettert gegen „Asylchaos“ und ist für Grenzzäune. | |
| Bild: Über 50, bürgerlich, männlich und finanziell abgesichert: das typische… | |
| Horb taz | Der irritierende Auftritt von Björn Höcke bei Günther Jauch | |
| wirkt nach. Bis ins schwäbische Horb, wo sich die AfD Baden-Württemberg am | |
| Wochenende zu ihrem Wahlparteitag versammelt hat. | |
| Jörg Meuthen, Landesvorsitzender und Stellvertreter von Frauke Petry in der | |
| Bundespartei, wirbt in seiner Rede deshalb für „Maß und Mitte“. „In die… | |
| Saal gibt es keine Ausländerfeindlichkeit“, sagte er mit Anspielung auf den | |
| Thüringer Landesvorsitzenden. Die Distanzierung zu Höcke relativierte er | |
| jedoch umgehend. Die „Inhalte des gesprochenen Worts seien meist nicht | |
| falsch“. Das spiegelt die Stimmung in der Horber Hohenberghalle schon | |
| besser wider. | |
| Verbalradikalismen à la Höcke wurden aber weitgehend vermieden. Denn: Die | |
| AfD hat in Baden-Württemberg etwas zu verlieren, sie liegt in Umfragen | |
| stabil über der 5-Prozent-Hürde. Manches Mitglied geht schon von einem | |
| zweistelligen Wahlergebnis bei der Landtagswahl im März aus. „Wir schaffen | |
| das“, wandeln Grußbotschafter Gauland und Landeschef Meuthen den Satz der | |
| Kanzlerin ab. Wahlen im Südwesten, das wissen sie, werden nur in der Mitte | |
| der Gesellschaft gewonnen, deshalb darf die Landes-AfD nicht zu weit nach | |
| rechts driften. | |
| Der Parteitag, bei dem alle Mitglieder stimmberechtigt sind, gleicht an | |
| diesem Samstag einer Versammlung von Kleinaktionären. Das typische | |
| AfD-Mitglied hier ist über 50, bürgerlich, männlich und, blickt man auf die | |
| Limousinen vor der Tür, offenbar finanziell weitgehend abgesichert. Leute | |
| also, die früher den rechten Flügel von FDP und CDU bevölkert hätten. | |
| ## Geeint in diffuser Angst | |
| Offen radikal gibt sich hier niemand. Diese Mitglieder gibt es aber | |
| weiterhin. Etwa den Freiburger Rechtsanwalt Dubravko Mandic, der Barack | |
| Obama öffentlich einen „Quoten-Neger“ genannt hatte und mit der NPD | |
| sympathisiert. Sein Parteiausschlussverfahren ist eingestellt worden, | |
| erklärt Jörg Meuthen auf Nachfrage. Und dem Stuttgarter Stadtrat Heinrich | |
| Fiechtner, der den Koran mit Hitlers „Mein Kampf“ verglichen hat, kommt auf | |
| dem Parteitag die Ehre zu, Jörg Meuthen als Spitzenkandidat vorzuschlagen. | |
| Was diese Partei von bürgerlich bis rechts eint, ist die diffuse Angst vor | |
| Veränderung und Wohlstandverlust. Und so verabschieden die Mitglieder in | |
| Horb ihr Wahlprogramm, das sich liest wie ein Testament der Angst. Gegen | |
| „Asylchaos“ und „Masseneinwanderung“ setzt die AfD Grenzzäune, auch we… | |
| das „keine schönen Fernsehbilder“ gebe, wie ihr Vorsitzender sagt. | |
| Ausgerechnet im kriminalitätsarmen Baden-Württemberg konstatiert die AfD | |
| eine „Gefährdung der inneren Sicherheit“. Gleichzeitig wendet sie sich | |
| gegen eine Verschärfung des Waffenrechts. Und als besonderen Gimmick für | |
| eine sich liberal und wirtschaftsfreundlich gebende Partei fordert die AfD, | |
| den heute bestehenden Energiemix im Land zehn Jahre lang einzufrieren. Da | |
| konnten sich wohl Gegner und Befürworter alternativer Energien nicht | |
| einigen. Nur über Windräder als Feindbild besteht Einigkeit. | |
| ## Formulierungen aus der Weimarer Zeit | |
| Erläutert wird das Wahlprogramm auf dem Parteitag vom Leiter der | |
| Programmkommission, Marc Jongen, einem Rechtsintellektuellen mit | |
| Dressman-Qualitäten, der auch in der Bundespartei als Vordenker gilt. Der | |
| gebürtige Südtiroler ist Dozent und Mitarbeiter an der Hochschule für | |
| Gestaltung in Karlsruhe und war früher Assistent des Philosophen Peter | |
| Sloterdijk. | |
| Wer zweifelt, wofür die AfD steht, muss wohl eher Jongen als Meuthen | |
| zuhören. Stichworte wie „staatliche Propaganda für sexuelle Minderheiten“ | |
| und für den „Fortbestand der Völker“ erinnern nicht zufällig an | |
| deutschnationale Formulierungen aus der Weimarer Zeit. Die Regierenden in | |
| Berlin und Stuttgart seien „Saboteure unseres Staates“, die die bürgerliche | |
| Ordnung zerstörten. | |
| Dass vielen Horbern der AfD-Parteitag unrecht ist, sieht man an den „Hier | |
| nicht“-Plakaten im Ort. Der CDU-Oberbürgermeister trat demonstrativ beim | |
| Bürgerfest für Frieden, Willkommen und Respekt auf. „Linke Horden“ seien | |
| gegen sie unterwegs, sagte ein AfD-Delegierter. Ganz aufs Einpeitschen | |
| wollen sie halt doch nicht verzichten bei der AfD. | |
| 25 Oct 2015 | |
| ## AUTOREN | |
| Benno Stieber | |
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