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# taz.de -- Bürgermeisterin gegen Aktivisten: Kein Zutritt für Nazi-Gegner
> Die Bürgermeisterin von Bad Fallingbostel will nicht, dass eine
> Veranstaltung über rechte Strukturen in ihrem Ratssaal stattfindet.
> Aktivisten prüfen rechtliche Schritte
Bild: Unerwünscht: Plakat der Antifaschisten Bad Fallingbostel
BAD FALLINGBOSTEL taz | Die Nazi-Gegner vom Bündnis gegen Ludendorffer im
niedersächsischen Heidekreis sind ziemlich angefressen. Die parteilose
Bürgermeisterin der Kreisstadt Bad Fallingbostel, Karin Thorey, hat die
Zusage für einen Raum wieder zurückgezogen. Im städtischen Ratssaal wollte
das Bündnis heute Abend über den rechtsextremen – inzwischen in
Volksbewegung Niedersachsen umbenannten – Freundeskreis
Niedersachsen/Thüringen und seine Verbindungen in den Bad Fallingbosteler
Ortsteil Dorfmark informieren. Und jetzt stehen die Aktivisten ohne Raum
da.
Zwei Mitglieder des Stadtrates, einer ist Mitglied der Grünen und der
andere kandidierte auf einer Bürgerliste für das Bad Fallingbosteler
Kommunalparlament, hatten für die Veranstaltung schon vor einigen Wochen
den Ratssaal beantragt und von der Verwaltung auch genehmigt bekommen. Am
Dienstag widerrief Bürgermeisterin Thorey in einer E-Mail an die Anmelder
ihre Zusage.
Sie begründet dies gegenüber der taz mit einem in den Vortagen vom Bündnis
verteilten Flyer. Auf diesem Flugblatt seien mehrere Personen abgebildet,
und durch diese „Personifizierung“ hätten sich die Rahmenbedingungen für
die Veranstaltung „grundlegend verändert“, sagt Thorey. Das Verhalten des
Bündnisses habe gar „Prinzipien des Rechtsstaates verletzt“.
„Nach einhelliger Auffassung der Ordnungsbehörden ist erhebliches
Konfliktpotenzial zu befürchten“, heißt es in der Mail, die der taz
vorliegt. „Aufgrund der geänderten Rahmenbedingungen und erheblichen
Sicherheitsbedenken kann die Zusage zur Nutzung des Ratssaales nicht weiter
aufrecht erhalten werden.“
Thorey argumentiert außerdem, die beiden Anmelder würden „in der uns jetzt
zugänglich gemachten Öffentlichkeitsarbeit“ nicht mehr als Verantwortliche
genannt. Im Impressum des Flyers ist als presserechtlich verantwortliche
Person der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) im
Heidekreis, Heinz-Dieter „Charly“ Braun, aufgeführt. In dem Flyer
informiert das Bündnis, dem außer dem DGB auch die Vereinigung der
Verfolgten des Nazi-Regimes (VVN) und die Grünen angehören, über den Grund
für den Info-Abend.
Am 16. April hatten Antifaschisten in Dorfmark gegen die seit rund 40
Jahren stattfindende Ostertagung der Ludendorffer demonstriert. Die
offiziell Bund für Gotterkenntnis genannte Organisation sieht sich in der
Tradition früherer Gruppierungen, die Mathilde Ludendorff und ihr Mann
Erich, ein Putschgefährte Adolf Hitlers, gegründet hatten. Ludendorff hatte
die Menschen in zwei Rassen eingeteilt: in die dem Göttlichen nahe „Licht-“
und in die „Schacht-Rasse“. Seine Anhänger warnen vor einer
„Blutsvermischung“, die zum „Volkstod“ führe.
Der Protest im Frühjahr richtete sich auch gegen ein in Dorfmark lebendes
Paar, das Verbindungen in die rechtsextreme Szene haben soll. Vor dessen
Haus hatten sich am fraglichen Tag rund zwei Dutzend teils bewaffnete
Neonazis versammelt. Mehrere von ihnen sollen dem Freundeskreis
Niedersachsen/Thüringen und dem rechtsradikalen Kollektiv Nordharz
angehören. „Diese Gruppierungen sind seit Jahren an Bedrohungen und
gewalttätigen Übergriffen auf politische Gegner beteiligt“, heißt es in dem
Flyer.
Braun bezeichnete die Rücknahme der Raumzusage als „Rückfall in
vordemokratische Zeiten“. Die Begründung sei fadenscheinig. Der kritisierte
Flyer enthalte „keinerlei kriminellen Inhalt“. Die Referenten wollten
lediglich über die Nazi-Szene aufklären und diskutieren „wie gefährlich
diese ist“.
Das Bündnis prüft nun rechtliche Schritte gegen die Stadt Bad
Fallingbostel. Die Veranstaltung soll heute Abend trotzdem stattfinden. Wo,
wollte Braun nicht sagen. Die Besucher sollten zum Ratssaal kommen und
würden dort abgeholt.
7 Sep 2017
## AUTOREN
Reimar Paul
## TAGS
Schwerpunkt Neonazis
Rechtstextreme
Antifaschismus
Rechte Gewalt
Schwerpunkt Neonazis
Schwerpunkt Rassismus
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