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# taz.de -- Gewaltbereite Neonazis in Franken: Kiloweise Sprengstoff
> Bayern nimmt eine Neonazi-Gruppe hoch. Sie plante Anschläge auf
> Flüchtlingsunterkünfte. Das BKA ist über rechte Gewalt alarmiert.
Bild: Die Polizei präsentierte bei der Razzia gefundene Waffen.
BERLIN taz | Die scharfe Schusswaffe samt Munition hatten sich die
Rechtsextremisten schon besorgt, auch Messer und Armbrüste. Kiloweise
illegale Feuerwerkskörper waren aus Osteuropa auf dem Weg, darunter
sogenannte „Kugelbomben“. Die Polizei fing die heikle Sendung ab, dann ging
sie zur Razzia über. 13 Rechtsextreme, 21 bis 36 Jahre alt, nahm sie in
Bamberg, Erlangen und Nürnberg fest.
Die Gruppe habe eine „kriminelle Vereinigung“ gebildet und Anschläge
geplant, die „unmittelbar bevorstanden“, teilten die Ermittler am
Donnerstagnachmittag mit. Im Visier waren Flüchtlingsunterkünfte in
Bamberg, darunter das sogenannte „Balkan-Zentrum“.
Die Unterkunft wurde ausschließlich für Flüchtlinge aus dem Kosovo,
Albanien oder Montenegro eingerichtet, deren Anträge im Schnellverfahren
entschieden werden. Zudem sollte ein linker Treffpunkt in der Stadt
gestürmt werden. Vor allem mit den „Kugelbomben“, so die Polizei, hätte
eine „verheerende“ Wirkung verursacht werden können.
Damit wurde wenige Tage nach dem Messerattentat auf die Kölner
Oberbürgermeisterin Henriette Reker womöglich weiterer Terror verhindert.
Bereits im Mai war eine Gruppe namens „Oldschool Society“ unter dem
Terror-Vorwurf hochgenommen worden. Die Neonazis aus mehreren Bundesländern
sollen Anschläge auf Asylunterkünfte und Moscheen vorbereitet haben.
## Junge, kurzgeschorene Neonazis
Zu den in Bayern Festgenommenen gehören Mitglieder der Partei „Die Rechte“,
ein Sammelbecken besonders radikaler Kameradschaftler oder NPD-Aussteiger.
Die Partei wollte in einer Woche vor dem „Balkan-Zentrum“ demonstrieren,
nun sitzt die Anmelderin in Haft. „Rücktransport organisieren, jetzt“,
hetzte die „Rechte“ in der Asyldebatte.
Im Juni sollen Mitglieder in Bamberg versucht haben, eine
Antirassismusveranstaltung zu stürmen. Auf Fotos zur Gründung des Bamberger
Kreisverbands im März sieht man junge, kurzgeschorene Neonazis in
gewaltverherrlichender Szenekleidung. Unter den Festgenommen sei auch ein
Organisator des Nürnberger Pegida-Ablegers, so die Polizei.
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) nannte die Razzien gegen die
gewaltbereiten Rechten einen „empfindlichen Schlag“ für die Szene. Schon
seit Anfang 2014 sei gegen die Verdächtigten ermittelt worden.
## BKA warnt vor rechter Gewalt
Das Bundeskriminalamt ist über die Angriffe auf Flüchtlingsheime alarmiert.
In diesem Jahr zählte die Behörde bereits 576 Straftaten gegen Unterkünfte
– 523 werden dem rechten Spektrum zugeordnet. 91 der Taten waren
Gewaltdelikte, darunter 46 Brandstiftungen. Ein krasser Anstieg: Im ganzen
vergangenen Jahr gab es 198 Straftaten, 28 Gewaltübergriffe und sechs
Brandanschläge.
Die Polizei ermittelte zu den Delikten bisher 228 Tatverdächtige, darunter
22 Brandstifter. Nur ein Drittel von ihnen war bisher mit politischen
Straftaten aufgefallen, die Hälfte handelte innerhalb einer Gruppe, 73
Prozent wohnten in der Nähe der von ihnen angegriffenen Unterkunft. Bereits
vor dem Köln-Attentat warnte das BKA in einem internen Lagebild auch vor
einer steigenden Gefahr von Angriffen auf Politiker, die für
Flüchtlingspolitik verantwortlich gemacht würden.
Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) sprach von einer „abscheulichen
Bilanz“. Die Täter hätten mit der „ganzen Härte des Rechtsstaats zu
rechnen“. Auch Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU), der just am
Donnerstag das Bamberger „Balkan-Zentrum“ besuchte, verurteilte die
Gewalttaten. Man werde alles tun, um eine „Eskalation“ zu vermeiden.
22 Oct 2015
## AUTOREN
Konrad Litschko
## TAGS
Schwerpunkt Rechter Terror
Schwerpunkt Neonazis
Franken
BKA
Schwerpunkt Rassismus
Flüchtlinge
serbische Minderheit im Kosovo
Brandstiftung
Rechter Terror
Flüchtlinge
Köln
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