Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Liebeserklärung an den Vogel des Jahres: Der Held im Unkraut
> Das Durcheinander auf der Wiese wird ihm zum Festmahl: Der Stieglitz
> erinnert uns daran, dass man die Natur einfach mal machen lassen kann.
Bild: Immerhin einer der farbenfrohesten Singvögel Deutschlands: Der Stieglitz.
Berlin taz | Schluss mit Rasenpflege und dem Wahn akkurat gestutzter
Vorgärten: Der Naturschutzbund (Nabu) setzt mit der Wahl des Stieglitz‘ als
Vogel des Jahres 2016 ein Zeichen gegen die Unart des Unkrautjätens. Der
Singvogel mit dem kirschroten Gesicht wird auch „Distelfink“ genannt, denn
er liebt es, Samen mit seinem außergewöhnlich langen und spitzen Schnabel
aus eben jener Pflanze herauszuklauben.
Jedes Jahr kürt der Nabu zusammen mit dem Landesbund für Vogelschutz in
Bayern (LBV) einen Vogel des Jahres – traditionell wählen sie eine Art,
deren Lebensraum durch den Menschen bedroht ist.
Mit dem Stieglitz hat sich die Jury dieses Mal für einen Wildblumenfreund
entschieden, einen Unkrautenthusiasten unter den heimischen Vögeln, einen
Liebhaber der Vielfalt. Denn der Stieglitz frisst die Samen zahlreicher
Blütenpflanzen, Gräser und Bäume. Je größer das Durcheinander auf der
Wiese, desto besser geht es dem Stieglitz.
Nur – solche wilden Flächen werden immer weniger. Pingelige Sauberkeit
plagt die Ackerränder, die Mittelstreifen und die innerstädtischen
Grünflächen. „Öffentliches und privates Grün wird zu intensiv gepflegt,
Wildkrautvielfalt gar weggespritzt. Für unseren Jahresvogel wird es in
Deutschland inzwischen eng“, sagt Nabu-Vizepräsident Helmut Opitz.
## Ordnungswahn bedroht den Stieglitz
Was den Lebensraum des hübschen Finken bedroht sind also nicht Straßen,
Neubaugebiete oder die Parkplätze von Einkaufszentren – sondern die
Saubermenschen, die drin und drum alles ordentlich halten. Dabei braucht es
nur kleine Zugeständnisse: Beim Mähen ein Fleckchen auszulassen und auf
Pestizide zu verzichten könne dem Stieglitz schon helfen, heißt es beim
LBV.
Genau genommen ist der Stieglitz ein Held: Einer, der sich gegen die
Rasenmonokulturen stemmt, die Parks und Gärten eingenommen haben. Einer,
bei dessen Betrachtung wir uns fragen sollten, wie steril wir unsere Natur
eigentlich wollen. Und er ist nicht zuletzt auch ein Freund der Faulenzer:
Weniger akkurate Gärten heißt mehr Zeit zum Müßiggang. Dafür verdient er
zumindest, dass man ihm ein wenig seines geliebten Tohuwabowus lässt.
9 Oct 2015
## AUTOREN
Peter Weissenburger
## TAGS
Vogel des Jahres
Tier
Naturschutz
Schwerpunkt Artenschutz
Tierschutz
Vögel
Natur
Literatur
Schwerpunkt Klimawandel
## ARTIKEL ZUM THEMA
Nabu-Broschüre für Vogelschutzglas: Trotz Unwirksamkeit empfohlen
Der Nabu empfiehlt UV-beschichtete Glasscheiben gegen Vogelschlag – trotz
Bedenken von Experten. Mit dem Hersteller besteht eine Kooperation.
Private Vogelzählung beim Nabu: Wenn die Grünfinken fehlen
Der Naturschutzbund ruft zur Vogelzählung auf. Aber wie sinnvoll ist die
Mitarbeit von Laien bei wissenschaftlicher Forschung?
Zierlich und mit später Blüte: Winter-Linde ist Baum des Jahres
Wer je zu dicht unter einem Baum geparkt und sein Auto unter einer
klebrigen Schicht vorgefunden hat, kennt ihn schon: den Baum des Jahres
2016.
Kolumne Kreaturen: Im Jahr des Hasen
Vogel des Jahres, Kartoffel des Jahres, Gestein des Jahres … im
Naturpreissektor herrscht großes Durcheinander. Es ist Zeit für eine
Reform.
Der Vogel des Jahres 2014: Profiteur des Klimawandels
Die Zahl der Grünspechte hat sich in Deutschland in den letzten 20 Jahren
verdoppelt, nun wurde er zum Vogel des Jahres gekürt. Doch diese
Entwicklung ist eine Ausnahme.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.