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# taz.de -- Hilferuf der Sozialämter: Was noch warten kann, wird warten
> Die Bezirke müssen sich bis Ende Dezember um zusätzliche 20.000
> Flüchtlinge kümmern. Das wird chaotisch, drohen die Sozialämter in einem
> Brandbrief.
Bild: Warten auf den Sachbearbeiter: Flüchtlinge vor dem Landesamt für Gesund…
Wie das sprichwörtliche Kaninchen vor der Warteschlange: So fühlen sich
derzeit offenbar die Leiter der Sozialämter, wenn sie auf die Reihen der
wartenden Flüchtlinge vor dem Landesamt für Gesundheit und Soziales
(Lageso) blicken. In einem Brief an Sozialsenator Mario Czaja (CDU) fordern
die SozialamtsleiterInnen aller zwölf Bezirke nun „kurzfristig“ rund 200
zusätzliche Stellen – andernfalls sei „eine auch nur annähernd adäquate
Betreuung“ der Flüchtlinge durch die Bezirke „ausgeschlossen“.
Hintergrund des gemeinsamen Hilferufs ist die Zahl 20.000. So viele
Flüchtlinge, sagte Sozialsenator Czaja vergangene Woche im Rat der
Bürgermeister, sollen noch bis Ende Dezember in die Obhut der Bezirke
übergehen.
Denn sobald eine Duldung oder ein Bleiberecht ausgesprochen wurde, ist
nicht mehr das Lageso zuständig, sondern die Bezirksämter. Dort fühlt man
sich auf die zusätzliche Arbeit allerdings in keinster Weise vorbereitet –
und prophezeit chaotische Zustände: Die in den letzten Wochen „vor dem
Lageso beobachteten Zustände“, schreiben die SozialamtsleiterInnen in dem
Brandbrief, würden sich demnächst in den Bezirken wiederholen. Hunderte
Flüchtlinge also, die sich im Regen vor den Sozialämtern drängen und
wochenlang auf dem Bürgersteig schlafen, bis ihre Wartenummer an der Reihe
ist.
So schlimm werde es nicht kommen, wiegelt Sibyll Klotz ab. „Wir werden
genug Warteraum haben und die Leute nicht vor der Tür stehen lassen“, sagt
die grüne Sozialstadträtin von Tempelhof-Schöneberg der taz. Klar sei aber
auch: „Ohne zusätzliches Personal müssen wir dann eben intern Prioritäten
setzen.“ Will heißen: Was warten kann, wird warten.
## Doppelte Aktenarbeit
Zwar hatte Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen (parteilos) vergangene
Woche den Bezirken angesichts der steigenden Flüchtlingszahlen 145
zusätzliche Stellen zur „sofortigen Ausschreibung“ gewährt – doch die s…
für alle Ämter gedacht. In Mitte will Klotz‘ Kollege Stephan von Dassel
(Grüne) die Entscheidungen über „eindeutige Fälle“ deshalb zukünftig
beschleunigen. „Wenn beispielsweise jemand die Kostenübernahme für eine
Wohnung beantragt, kann man das schnell klären.“ So, hofft von Dassel,
bleibe mehr Zeit etwa für die Betreuung von traumatisierten Flüchtlingen
oder auch „Rückreiseberatungen“ – für Abschiebungen in sogenannte „si…
Herkunftsländer“.
Der grüne Stadtrat beklagt vor allem die „mangelnde Kommunikation“ zwischen
Lageso und Bezirken. „Derzeit erfahren wir erst, dass wir zuständig sind,
wenn die Leute bei uns auf dem Amt stehen“, sagt von Dassel. Auch müsse
dann nochmal eine komplett neue Akte angelegt werden – obwohl die
Flüchtlinge schon beim Lageso mit allen Angaben registriert sind.
Schwarz malen die SozialamtsleiterInnen in ihrem Brief auch bei den
benötigten Unterkünften. Die vom Lageso an die Bezirke überwiesenen
Flüchtlinge müssten „in ihren bisherigen Unterkünften verbleiben“,
nachziehende Familien könne man schon gar nicht unterbringen. Die
Senatsverwaltung für Soziales äußerte sich zu dem Brandbrief bisher nicht.
20 Oct 2015
## AUTOREN
Anna Klöpper
## TAGS
Flüchtlinge
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