| # taz.de -- CDU-Zukunftskonferenz in Stade: Applaus für die Flüchtlingskanzle… | |
| > Norddeutsche CDU-Mitglieder sparen mit Kritik an Merkels | |
| > Flüchtlingspolitik. Besonders erfreut reagiert der Saal aber, wenn es um | |
| > Abschiebungen geht. | |
| Bild: Auftritt ohne Gegenwind: Manche wollten sogar Autogrammkarten von Angela … | |
| Stade taz | Mit kräftigen Stimmen singen die rund 1.000 Gäste zum Abschied | |
| die Nationalhymne. In dem großen, holzverkleideten Saal stehen überwiegend | |
| ältere Männer. Sie blicken feierlich in Richtung Kanzlerin. Die Musik kommt | |
| vom Band, ihre Gesichter werden auf der großen Leinwand mit einer wehenden | |
| Deutschlandfahne hinterlegt. Auf der zweiten von vier regionalen | |
| Zukunftskonferenzen der CDU im niedersächsischen Stade herrscht an diesem | |
| Montagabend Einigkeit. Die norddeutsche Parteibasis steht hinter Angela | |
| Merkel. Von harter Kritik oder gar Protest an ihrer Linie in der | |
| Asylpolitik ist nichts zu spüren – höchstens ein paar vorsichtige Zweifel. | |
| CDU-Mitglieder aus Hamburg, Schleswig-Holstein, Niedersachsen und | |
| Mecklenburg-Vorpommern sind gekommen – aus Rotenburg (Wümme) und Diepholz | |
| gleich busweise. Eigentlich wollte die Parteibasis mit Merkel über die | |
| Zukunft der CDU diskutieren. Nun dominiert, wie schon zuvor in Wuppertal, | |
| die Asyldebatte. | |
| Auf der Bühne sitzt Merkel neben der norddeutschen Parteispitze vor einer | |
| hellblauen Pappwand mit Parteilogo. Zu Wort kommen ihre Kollegen kaum. | |
| Merkel verteidigt ihren Kurs alleine. Sie stellt klar, dass Menschen, die | |
| in ihren Heimatländern von Krieg und Terror bedroht sind und um ihr Leben | |
| fürchten, in Deutschland Asyl bekommen. „Was mich leitet, ist das C in | |
| unserem Namen“, sagt Merkel. | |
| Schluss ist für die Christdemokratin damit allerdings bei | |
| „Wirtschaftsflüchtlingen“ aus sogenannten sicheren Herkunftsländern. Damit | |
| allen geholfen werden könne, die Unterstützung bräuchten, „müssen wir auch | |
| sagen, wem wir nicht helfen wollen“, sagt sie. Die Parteibasis in Stade | |
| applaudiert. | |
| ## Debatte um Abschiebezonen an den Grenzen | |
| Für die Bundes-CDU sind Treffen mit Mitgliedern derzeit ein Wagnis. Anfang | |
| Oktober rechneten 34 CDU-Funktionäre in einem Brandbrief mit der | |
| Asylpolitik Merkels ab und forderten klare Maßnahmen gegen die Einreise von | |
| Flüchtlingen. Auch zwei Politiker aus Niedersachsen waren darunter. Hinzu | |
| kommt die Debatte um Transitzonen an deutschen Außengrenzen, die vor allem | |
| die CSU fordert. | |
| Solche Abschiebezonen hält Merkel für möglich. „Das wird nicht für Tausen… | |
| und Abertausende von Flüchtlingen helfen“, räumt sie ein. Könne aber | |
| nützen, wenn etwa jemand erkennbar seine Papiere weggeworfen habe – und vor | |
| allem bringt es Ruhe in die Union. | |
| Die Gäste in Stade hat Merkel im Griff: Souverän beantwortet sie die Fragen | |
| der Mitglieder. Beschwichtigt, wenn sich eine ältere Frau über die | |
| Kriminalität im Land sorgt oder ein Mann fragt, ob in 50 Jahren der Islam | |
| zu Deutschland gehöre oder Deutschland dem Islam. Sie sagt, das Land werde | |
| sich zwar wandeln, aber die Ankommenden müssten sich an das Grundgesetz | |
| halten. „Da müssen wir kompromisslos sein.“ Das kommt an. Manche Mitglieder | |
| treten nur an die bunten Gästemikros, um Merkel zu loben. | |
| ## Keine Bleibeperspektive – keine Integration | |
| Als die CDU-Vorsitzende von den Verschärfungen des Asylrechts spricht, | |
| davon, dass Abschiebungen zukünftig nicht mehr angekündigt, Leistungen für | |
| Ausreiseunwillige gestrichen und Menschen mit geringer Bleibeperspektive in | |
| den Erstaufnahme-Unterkünften untergebracht werden können, bis ihr Antrag | |
| innerhalb von sechs Monaten bearbeitet wurde, klatschen die Mitglieder. | |
| Flüchtlinge ohne Bleibeperspektive sollen in den Kommunen nicht integriert | |
| und Abschiebungen beschleunigt werden. | |
| Doch auf eine Frage weiß auch Merkel keine Antwort. Ein CDU-Mitglied aus | |
| Stade möchte wissen, bei wie vielen Flüchtlingen die Belastungsgrenze | |
| Deutschlands erreicht sei. Die Kanzlerin will keine Zahl nennen, die sie | |
| später nicht einhalten kann. Die Entwicklung der Flüchtlingszahlen hänge | |
| davon ab, ob die Ursachen der Flucht behoben und die Menschen auf ganz | |
| Europa verteilt würden. „Wir brauchen europäische Solidarität“, sagt sie | |
| und kündigt an, Gespräche mit der Türkei über den Grenzschutz zu führen. | |
| Als ein Mann mit brauner Strickjacke ans Mikro tritt, sich in breitem | |
| norddeutschen Dialekt als „Meechbauer“ aus Cuxhaven vorstellt und über die | |
| VW-Affäre sprechen will, gehen die ersten Gäste. Das Wichtigste ist gesagt. | |
| Am Ende gibt es minutenlange Standing Ovations für die Kanzlerin. | |
| Praktisch. Denn danach können die Parteifreunde gleich stehen bleiben – zum | |
| Singen. | |
| 13 Oct 2015 | |
| ## AUTOREN | |
| Andrea Scharpen | |
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