| # taz.de -- Salman Rushdie auf der Buchmesse: Die Zauberkraft der Literatur | |
| > Mit Salman Rushdie hat die Buchmesse dieses Jahr einen wortmächtigen und | |
| > allseits kommentierenden Autor eingeladen. | |
| Bild: Salman Rushdie auf der Frankfurter Buchmesse beschwört die Freiheit der … | |
| Frankfurt taz | Es ist das übliche Blitzlichtgewitter, das ihn begleitet, | |
| als er den Raum betritt, der schönerweise den Namen „Illusion“ trägt. | |
| Salman Rushdie ist blass geworden mit den Jahren, hat seine indischen | |
| Gesichtszüge fast eingebüßt. Egal, er ist einer der bekanntesten | |
| Schriftsteller der Welt. Und einer der wortmächtigsten. | |
| Allein das schon prädestiniert ihn dazu, nach kurzen Ansprachen des | |
| Vorstehers des Börsenvereins, Heinrich Riethmüller, und des Direktors der | |
| Frankfurter Buchmesse, Juergen Boos, eine kämpferische Grundsatzrede zu | |
| halten. Leider nicht auf der offiziellen Eröffnungsveranstaltung der 67. | |
| Buchmesse, sondern nur auf der Pressekonferenz. | |
| Vor Journalisten, die vorab einer polizeilichen Zuverlässigkeitsüberprüfung | |
| zustimmen mussten. Die Sicherheitskontrollen erinnerten dann auch den | |
| Letzten daran, dass es immer noch Menschen gibt, die Salman Rushdie nach | |
| dem Leben trachten. | |
| Auf sein eigenes Schicksal, die gegen ihn 1989 verhängte Fatwa, verwies er | |
| mit keinem Wort und auch nicht auf die Absage des offiziellen iranischen | |
| Nationalstandes auf der Buchmesse aufgrund seines Auftritts. | |
| Das ist aber nur der eine Teil der Wahrheit, der andere lautet: Mit beinahe | |
| jedem Satz kommentiert Rushdie, was um ihn herum geschieht, und zeichnet | |
| die Welt in düsteren Farben: „Es beginnt, sich wie ein Krieg anzufühlen“, | |
| sagt er und es klingt, als wolle er direkt zu seinem neuen Roman „Zwei | |
| Jahre, acht Monate und achtundzwanzig Nächte“ überleiten, in dem der Krieg | |
| der Welten im Fokus steht. Rushdie geißelt nicht nur überwunden gedachte | |
| Glaubenskriege, sondern auch die allenthalben sprießende Political | |
| Correctness. | |
| Wie in seinem aktuellen Roman, der für die anwesenden Journalisten in | |
| üppigen Stapeln bereit liegt, besingt er auch in Frankfurt die Freiheit der | |
| Literatur. Niemand dürfe sie in Besitz nehmen, fordert er und erwähnt | |
| Tyrannen, denen das naturgemäß gegen den Strich geht. Auch die europäische | |
| Linke watscht er in einem Nebensatz ab und kreidet ihr an, sich mit den | |
| islamischen Ideologien gemein zu machen. | |
| „Wir müssen die Freiheit des Wortes verteidigen“, fordert er, denn ohne | |
| diese gebe es auch keine andere. Der Literatur traut er dabei magische | |
| Kräfte zu, sie sei stark und langlebig, ganz im Gegensatz zu manch einem | |
| Schriftsteller, dessen Werk verfemt würde. Als Beispiele dienten ihm etwa | |
| Ossip Mandelstam und Federico García Lorca. | |
| ## Geschichten erzählende Kreaturen | |
| Zwar sagte Rushdie nichts, was man nicht erwarten konnte; das aber tat er | |
| gewohnt anregend und unterhaltsam. Die Menschen entlarvte er dabei als | |
| Geschichten erzählende Kreaturen. „Das Sprechen ist grundlegend für alle | |
| Menschen.“ Erst durch die Geschichten sei es uns möglich, zu einem | |
| Verständnis von uns selbst zu gelangen. | |
| Die freie Meinungsäußerung ist für ihn keineswegs eine kulturelle Frage, | |
| sondern ein universelles Menschenrecht. In dieser Frage weiß er sich einig | |
| mit Juergen Boos, der sich zwar enttäuscht über die Absage des Iran zeigte, | |
| aber deutlich machte, dass die Freiheit des Wortes für ihn nicht | |
| verhandelbar sei. Es sei für ihn vielmehr ein zentraler Aspekt der | |
| menschlichen Zivilisation. | |
| Rushdie richte sich gegen islamische Werte und Überzeugungen, hieß es in | |
| der offiziellen Absage aus dem iranischen Kultusministerium. Dass | |
| Indonesien, als das Land mit der größten muslimischen Bevölkerung der Erde | |
| diesjähriger Ehrengast der Buchmesse, sich daran anscheinend nicht stört, | |
| spricht für sich. Rushdie ist dann leider so schnell entschwunden, wie er | |
| hereingeschwebt ist. Sein Flugzeug, wir verstehen. | |
| 13 Oct 2015 | |
| ## AUTOREN | |
| Shirin Sojitrawalla | |
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