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# taz.de -- Iranische Verlage auf der Buchmesse: Da sein oder nicht da sein
> Nach der offiziellen Absage des Iran sind nur wenige iranische Verlage
> auf der Frankfurter Buchmesse. Der Versuch einer Begegnung.
Bild: Es ist unklar, ob den zurückkehrenden Ausstellern im Iran Repressalien d…
FRANKFURT taz | Halle 4.1. In einem der Gänge mit internationalen
Kunstbuchverlagen findet sich der Messestand von Nazar Art Publication aus
Teheran. Es ist einer von 13 Verlagen, die im Verzeichnis der Frankfurter
Buchmesse als Aussteller gelistet sind. Der Stand ist winzig klein, gerade
mal einen einzigen Buchtitel hat der Verlag dort präsentiert. Am Tisch
sitzen zwei Frauen, eine der beiden stellt sich nach kurzem Gespräch als
Holländerin heraus. Ja, die Leute von Nazar habe sie gesehen, die seien
aber unterwegs. Da es an ihrem Stand zu wenig Platz gebe, seien sie auf den
verwaisten Stand ausgewichen.
Ein Stockwerk tiefer in Halle 4.0, bei der großen Gemeinschaftspräsentation
iranischer Verlage, sieht es ähnlich verlassen aus. „Books from Iran“
prangt über den Regalen, die bis auf ein Buch über Mohammed – auf Englisch
– komplett leer sind. Auf dem Boden stehen Bücherkisten, noch vollständig
zugeschweißt.
In den Verlagsständen gegenüber sitzen vereinzelt Menschen, die etwas
unschlüssig blicken. Einige von ihnen sind iranische Verleger, die jetzt
wenig zu tun haben. Nachdem der Schriftsteller Salman Rushdie als
Keynote-Speaker der Frankfurter Buchmesse eingeladen worden war, [1][hat
der Iran offiziell seine Teilnahme abgesagt]. Einige Verleger würden
trotzdem anreisen, hieß es darauf in den Medien. Am Gemeinschaftsstand sagt
ein Mann dazu kategorisch, es würde niemand ausstellen. Einige Verleger
seien gleichwohl anwesend, da man bis zuletzt gewartet habe, ob Rushdie
eventuell doch noch ausgeladen werde.
Eine Verlegerin in Halle 4.0, die an ihrem leeren Stand ausharrt, ist
bereit zu einem Interview. Sie möchte aber, wie alle anderen, nicht
namentlich genannt werden. Noch vor der ersten Frage beginnt sie mit einer
Rechtfertigung der Fatwa gegen Rushdie, die nur zum Teil verständlich ist.
Die Nachfrage, ob sie die mit der Fatwa einhergehende Aufforderung zum Mord
an Rushdie unterstütze, übergeht sie. Auf die Frage jedoch, ob sie für die
zu erwartenden Ausfälle eine Entschädigung erwarte, sagt sie, dass sie eine
unabhängige Verlegerin sei und dass sie für alles – Flug, Hotel – selbst
bezahlt habe und wenig hoffnungsvoll sei, vom Staat etwas von dem Geld
zurückzubekommen.
Einige Verleger stellen unabhängig vom offiziellen Auftritt in Halle 3 aus.
Ein Kochbuch- und ein Kinderbuchverlag sind dort, beide haben aktuelle
Titel auf den Borden stehen, es sieht aus wie business as usual. Zu ihrer
Anwesenheit möchten sie sich jedoch nicht äußern. Und der staatliche
Schulbuchverlag Kanoon hat lediglich eine leere Fläche anzubieten, auf der
ein paar Männer gelangweilt in ihre Smartphones starren. Die zugehörigen
Bücher wurden wohl nicht einmal geliefert oder sind verspätet.
Unter den iranischen Verlegern herrscht Angst. Vor einigen Tagen sei ein
Artikel in einer iranischen Zeitung erschienen, heißt es, mit der
Botschaft: Die Verleger, die nach Frankfurt gekommen seien, könnten gleich
dort bleiben.
Tatsächlich ist unklar, ob den zurückkehrenden Ausstellern im Iran
Repressalien drohen. Ein Mann, der an einem der Stände sitzt und beim
Übersetzen hilft, sagt dazu lakonisch: „Iran ist komisch zurzeit.“
15 Oct 2015
## LINKS
[1] /Iran-sagt-Buchmessen-Teilnahme-ab/!5240426/
## AUTOREN
Tim Caspar Boehme
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