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# taz.de -- „Angekommen – Flüchtlinge erzählen“: Wer ich gerade bin, w…
> An meine letzten Tage in Syrien will ich mich nicht erinnern. Mein
> Damaskus war so traurig. Ich erkannte meine Heimat nicht mehr.
Bild: Die Freiheit wurde ein furchtbarer Krieg, der alles zerstörte. – Essen…
Deutschland war immer der Traum, das Ziel. Als wir Studenten waren, als
unsere Träume so groß wie die Welt waren, wollten wir unser Medizinstudium
in Deutschland abschließen. Keiner von uns hatte erwartet, dass Traum
Notwendigkeit werden würde.
Bei der ersten Demonstration an unserer Universität war die Hoffnung auf
Freiheit so stark, die Hoffnung, endlich unsere Meinungen ohne Angst äußern
zu können, unser Land zu entwickeln, unser Lernsystem zu verbessern. Dann
bräuchten wir nicht mehr auszuwandern!
Was für naive Ideen wir hatten. Der Traum wurde ein Albtraum. Die Freiheit
wurde ein furchtbarer Krieg, der alles zerstörte.
An meine letzten Tage in Syrien kann ich mich nicht mehr erinnern. Will ich
auch nicht. Ich erkannte die Stadt nicht wieder. Mein Damaskus, die Stadt
der Liebe, die Heimat des Jasmins, war so blass, so traurig und die
Menschen waren deprimiert. Ich erkannte meine Heimat nicht mehr und hatte,
ja ich habe immer noch, das Gefühl, dass wir alle schuld daran sind.
Ich hatte Glück. Mein Vater arbeitet in Dubai und konnte meine Reise nach
Deutschland bezahlen. Ich beantragte das Visum. Ich lernte Deutsch. Und
wartete. Acht Monate wartete ich. Irgendein Beamter in der Botschaft hatte
vergessen, meine Unterlagen nach Deutschland zu schicken. Dieser Beamte und
die böse Frau auf der Ausländerbehörde: Das waren meine ersten Eindrücke
von diesem Land.
Das Nächste, was mir auffiel, waren die nummerierten Bäume. Jeder Baum hat
eine Nummer, einen Ausweis, damit man ihn schützen kann. Die Bäume in
Deutschland, habe ich gelernt, haben einen besseren Schutz als die Menschen
in Syrien.
Von meinem ersten Jahr in Berlin kann ich viele Geschichten erzählen. Die
Hauptsache für mich ist, dass ich hier eine zweite Chance bekam. Im
nächsten Monat werde ich mein Medizinstudium weiterführen. Ich bin an das
schöne einfache Leben hier gewöhnt. Ich habe nette Freunde. Eine liebe
Gastfamilie.
Aber ich vermisse meine Heimat, meine Sprache, meine Familie, meine
Freunde, unsere liebevollen Beziehungen. Ich bräuchte ein Jahr, um die neue
Sprache zu lernen. Doch ich brauche viele Jahre, um eine Balance zwischen
meinem alten und meinem neuen Leben finden zu können. Wer ich gerade bin,
weiß ich nicht genau.
15 Oct 2015
## AUTOREN
Douaa Nabwani
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