# taz.de -- Kommentar Verhandlungen mit Assad: Auf dem Weg zu „Genf 3“ | |
> Vier Gründe, warum es Hoffnung gibt, das Gemetzel in Syrien zu beenden. | |
> Und einer, der dem immer noch entgegensteht: Assad. | |
Bild: Die meisten Opfer in Syrien gehen noch immer auf das Konto Assads und der… | |
Viereinhalb Jahre nach Beginn des Syrienkonflikts gibt es verstärkte | |
diplomatische und militärische Aktivitäten, die zu seiner Beendigung führen | |
sollen. Dazu beigetragen haben vier Entwicklungen. | |
Erstens: Mit dem [1][Abkommen über das iranische Atomprogramm] wird auch | |
die jahrzehntelange Isolationsstrategie Washingtons gegenüber Teheran | |
beendet. Diese Strategie verhinderte bislang die für einen Erfolg | |
unerlässliche Einbeziehung Irans in die Bemühungen um eine Deeskalation. | |
Zweitens: Von Washington über Paris, Berlin bis Moskau und Peking verstärkt | |
sich die Einschätzung, wonach der „Islamische Staat“ die größte Bedrohung | |
sei, seine erfolgreiche Bekämpfung ein [2][gemeinsames politisches wie | |
militärisches Handeln] erfordere und Voraussetzung sei für eine Lösung des | |
Syrienkonflikts. Diese Einschätzung herrscht in Teheran schon lange vor. | |
Inzwischen wird sie auch von den beiden anderen relevanten Regionalmächten | |
Saudi-Arabien und Türkei geteilt – zumindest laut offizieller | |
Sprachregelung. | |
Drittens: Der dramatische Anstieg der Zahl der syrischen Flüchtlinge hat | |
den Handlungsdruck auf die europäischen Regierungen erheblich verstärkt, | |
sich um die Fluchtursachen zu kümmern. | |
Viertens: Der seit August 2014 amtierende dritte Syrien-Vermittler der UNO, | |
Staffan de Mistura, hat in monatelangen Einzelgesprächen eine zumindest | |
grundsätzliche Verständigung über einen neuen, als „Genf 3“ bezeichneten | |
Verhandlungsprozess erreicht. | |
## Die Opfer Assads | |
Eine zentrale Streitfrage ist dabei allerdings weiterhin ungelöst: Welche | |
Rolle soll Syriens Präsident Baschar al-Assad künftig spielen? Die | |
Regierungen der USA und der EU-Staaten schwenken zwar zunehmend auf die | |
Linie Russlands und Irans ein, wonach die Regierung Assad zumindest | |
vorläufig noch gebraucht werde sowohl zur Bekämpfung des IS wie für den | |
neuen innersyrischen Verhandlungsprozess „Genf 3“. | |
Doch die meisten Oppositionsgruppen sind nicht bereit zu Sondierungen unter | |
Einbeziehung Assads und schon gar nicht für eine Teilnahme an „Genf 3“. Sie | |
weisen daraufhin, dass die meisten Todesopfer, Verwundeten und Flüchtlinge | |
nach wie vor von [3][Angriffen der syrischen Regierungsstreitkräfte] | |
verursacht werden und nicht vom IS. Diese Einschätzung wird durch die | |
Untersuchungen des UN-Menschenrechtsrats in Genf sowie von anderen | |
unabhängigen Beobachtern bestätigt. | |
Selbst wenn es zu einer Einigung über die künftige Rolle Assads käme und | |
„Genf 3“ eine Vereinbarung zwischen der Regierung und den beteiligten | |
Oppositionskräften erbringen würde, bleibt ein zentrales Dilemma: Alle | |
diese Vereinbarungen könnten erfolgreich sabotiert werden von zwei | |
Akteuren, die nicht in an dem Verhandlungsprozess und den vorausgegangen | |
Sondierungen von UNO-Vermittler de Mistura beteiligt wurden: vom IS, der | |
rund 50 Prozent des syrischen Territoriums kontrolliert, sowie von der mit | |
dem IS konkurrierenden Al-Nusra-Front, dem syrischen Ableger des | |
Al-Qaida-Netzwerks. | |
## Keine Bodentruppen | |
An [4][Luftangriffen gegen IS-Stellungen] in Syrien beteiligen sich seit | |
Anfang September auch Australien, Großbritannien und Frankreich. Der | |
Eindruck drängt sich auf, dass die drei Regierungen mit der Demonstration | |
militärischer Handlungsbereitschaft vor allem von ihrer mangelnden | |
Bereitschaft zur Aufnahme von mehr syrischen Flüchtlingen ablenken wollen. | |
Doch was immer die Motive sind: Erfolgreich bekämpfen lässt sich der IS so | |
nicht. | |
Zur Entsendung von Bodentruppen in den syrischen Bürgerkrieg – die | |
zumindest zur Durchsetzung von Schutzzonen für Flüchtlinge unerlässlich | |
wären – ist aber niemand bereit, auch Russland nicht. Putin geht es darum, | |
die Option für ein [5][Exil Assads in seiner Heimatregion Latakia] | |
vorzubereiten: bewacht von russischen Truppen, die zugleich auch den | |
russischen Marinestützpunkt und einzigen Zugang zum Mittelmeer in Tartus | |
sichern. | |
19 Sep 2015 | |
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## AUTOREN | |
Andreas Zumach | |
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