# taz.de -- Verschiebebahnhof Flüchtlinge: Dublin statt Malmö | |
> Ein Zug, in dem auch Flüchtlinge auf dem Weg nach Schweden sitzen, wird | |
> von der Polizei in Lübeck gestoppt. Mit Stunden Verzögerung darf er | |
> weiterfahren. | |
Bild: Gekommen, um weiterzufahren: Flüchtlinge am Lübecker Hauptbahnhof. | |
HAMBURG taz | George will mit den anderen nach Malmö. Mit einem leicht | |
bepackten Rucksack wartet er am Hamburger Hauptbahnhof auf den Zug in | |
Richtung Kopenhagen. „Freunde von mir sind in Schweden“, sagt der junge | |
Mann aus Syrien. Hamburg, habe man ihm gesagt, sei mit Flüchtlingen | |
überfüllt. Am Gleis steht auch eine Traube von Bahnmitarbeitern. Sie | |
verteilen Wasser und Fahrpläne. | |
„Der ICE 33, der am Dienstagmorgen von Hamburg nach Kopenhagen fahren | |
sollte, ist aufgrund mehrstündiger Verspätung gar nicht erst losgefahren“, | |
sagt Bahn-Sprecher Egbert Meyer-Lovis. Grund für die Verspätung war ein | |
Polizeieinsatz am Lübecker Bahnhof: Dort wurde ein ICE von der | |
Bundespolizei gestoppt. Im Zug saßen Flüchtlinge, die nach Schweden fahren | |
wollten. Einige wurden in Erstaufnahmeeinrichtungen in Neumünster und | |
Oldenburg gebracht. Andere protestierten am Bahnhof und forderten die | |
Weiterreise nach Malmö. | |
Martin Link vom Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein forderte die | |
Entscheidungsträger auf, „den in Schweden guten Bleibeperspektiven und | |
familiären Bezügen der Betroffenen einen höherer Stellenwert einzuräumen, | |
als dem blinden Vollzug der ohnehin disfunktionalen Dublin-Verordnung“. Das | |
Dublin-Abkommen regelt unter anderem, dass Asylbewerber in dem Land | |
registriert werden, in dem sie die EU betreten. | |
In Hamburg wurden die Flüchtlinge in die zentrale Erstaufnahme in Harburg | |
gebracht. Rüdiger Carstens, Sprecher der örtlichen Bundespolizei, | |
bestätigte, dass die Polizei die Präsenz am Bahnhof verstärkt habe, um die | |
Sicherheit zu gewährleisten. „Die Flüchtlinge sind im Zug von Dolmetschern | |
und der Ausländerbehörde informiert worden, dass ihr Zug nicht nach | |
Kopenhagen fährt“, so Carstens. Ein Teil habe sich daraufhin für die | |
Erstaufnahme in Harburg entschieden. Ein anderer Teil versuchte demnach | |
aber weiter nach Skandinavien zu gelangen. | |
George mit dem leichten Rucksack entschied sich zu warten. ICE 35 nach | |
Kopenhagen verließ den Hamburger Hauptbahnhof mit über einer Stunde | |
Verspätung, laut Deutscher Bahn war am Dienstag der gesamte Lübecker | |
Bahnhof zeitweise gesperrt – als Vorsichtsmaßnahme. Als die Bundespolizei | |
Flüchtlinge aus dem ICE holte, protestierten die mit Sitzblockaden. | |
Lübecks Innensenator Bernd Möller (Grüne) erklärte, gegen 17 Uhr sei am | |
Dienstag grünes Licht für die Weiterreise gegeben worden. Unter den | |
Flüchtlingen im Lübecker Bahnhof sei Jubel ausgebrochen. Der leitende | |
Polizeidirektor habe ihm aber mitgeteilt, dass es sich dabei um eine | |
„polizeioperative“ Entscheidung gehandelt habe, „nicht um eine politische… | |
so Möller. In der Nacht und am Mittwochmorgen erreichten nach Angaben der | |
dortigen Polizei etwa 330 Flüchtlinge aus Deutschland kommend die dänischen | |
Städte Padborg und Rødby. Die dänische Polizei hinderte sie an der | |
Weiterreise. Der dänische Integrationsminister Inger Støjberg soll sich | |
vergeblich um ein Sonderabkommen mit Schweden bemüht haben, um eine | |
Aufnahme der Menschen zu ermöglichen. | |
Auch in Dänemark wurden die Flüchtlinge in Erstaufnahmeeinrichtungen | |
gebracht. Sollten sie sich dort nicht registrieren lassen wollen, dürften | |
sie zurück nach Deutschland geschickt werden. Auf dänisches Betreiben ist | |
der Zugverkehr aus Deutschland bis auf Weiteres unterbrochen worden. | |
Aufgrund einer Anweisung der Behörden dürften Züge an der deutsch-dänischen | |
Grenze nicht weiterfahren, bestätigte die Bahn. Wie lange das so bleiben | |
werde, sei dem Unternehmen nicht bekannt. | |
9 Sep 2015 | |
## AUTOREN | |
Larissa Robitzsch | |
Fabio Kalla | |
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