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# taz.de -- Durchsuchung bei „Berliner Morgenpost“: Rüge aus Karlsruhe
> Die Karlsruher Richter stärkten erneut die Pressefreiheit.
> Redaktionsräume dürfen nicht durchsucht werden, um Informanten zu
> enttarnen.
Bild: Ungebetener Besuch: Die Redaktion der „Berliner Morgenpost“ hätte ni…
Karlsruhe taz | Die Durchsuchung der Berliner Morgenpost im November 2012
verstieß gegen die Pressefreiheit. Das hat jetzt das
Bundesverfassungsgericht klargemacht. Durchsuchungen von Redaktionsräumen,
die vorrangig dazu dienen, einen Informanten der Presse zu enttarnen, sind
unzulässig, so die Richter.
Ausgangspunkt der Affäre war das Verbot des Berliner Hells Angels im Mai
2012. Eine gleichzeitige Razzia in den Vereinsräumen der Rockergruppe
brachte nichts, weil die Rocker offensichtlich gewarnt waren. Besonders
peinlich für die Polizei: Auch Spiegel online berichtete vorab über das
Verbot. Offensichtlich hatte ein Polizist sowohl Rocker als auch Medien im
Vorfeld informiert.
In Verdacht geriet ein Beamter aus dem Rocker-Dezernat des Berliner
Landeskriminalamts. Als seine Wohnung durchsucht wurde, fand sich eine
Rechnung des Polizisten in Höhe von rund 3.000 Euro an die Berliner
Morgenpost. Sie war mit dem Vermerk versehen: „Wegen der Konspirativität in
dieser Sache bitte ich um Barauszahlung“. Daraus schlossen die Ermittler,
dass der Kollege offensichtlich gegen Geld Informationen an die Berliner
Morgenpost verkaufte.
Im November 2012 rückte deshalb die Polizei bei der Berliner Morgenpost an,
um die Redaktionsräume zu durchsuchen. Die Zeitung hatte zwar eine
Erklärung für die ominöse Rechnung, doch das konnte die Polizisten nicht
von ihrem Vorhaben abhalten. Nach Angabe der Morgenpost hatte der
LKA-Beamte einen Reporter der Morgenpost bei einer gefährlichen
Recherchereise nach Amsterdam begleitet. Im Pädophilenmilieu suchten sie
nach dem 1993 verschwundenen Berliner Jungen Manuel Schadwald, allerdings
ohne ihn zu finden.
## Dienstgeheimnisse angeblich verraten
Die Berliner Morgenpost, die damals zum Axel-Springer-Verlag gehörte und
heute Teil der Funke-Mediengruppe ist, klagte gegen die Hausdurchsuchung.
Und als dies keinen Erfolg hatte, erhob sie Verfassungsbeschwerde.
Die Karlsruher Richter stärkten nun erneut die Pressefreiheit. Sie
bekräftigten, dass eine Redaktion nicht allein deshalb durchsucht werden
darf, um einen Informanten zu identifizieren, der möglicherweise
Dienstgeheimnisse verraten hat. Im konkreten Fall wurde zwar auch gegen den
Reporter der Morgenpost ermittelt, der verdächtigt wurde, den Polizisten
bestochen zu haben. Die Anhaltspunkte für diesen Verdacht hielt das
Verfassungsgericht jedoch für zu dünn.
Die Erklärung der Zeitung für die aufgefundene Rechnung hielten die Richter
für plausibel. Barzahlung habe der Polizist wohl vor allem deshalb
verlangt, weil er wegen der Reise zwei Tage (wegen angeblicher Krankheit)
im Dienst gefehlt und auch keine Genehmigung für die Nebentätigkeit hatte.
Dass die Berliner Morgenpost etwas mit der verratenen Rocker-Razzia zu tun
hat, fanden die Richter abwegig. Schließlich hatte ja nicht die Morgenpost,
sondern Spiegel online vorab berichtet.
28 Aug 2015
## AUTOREN
Christian Rath
## TAGS
Schwerpunkt Pressefreiheit
Bundesverfassungsgericht
Durchsuchung
Berliner Morgenpost
Rocker
Polizei
Schwerpunkt Pressefreiheit
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