| # taz.de -- Deutsch-polnische Beziehungen: Der Deutschenversteher | |
| > Polens neuer Präsident Andrzej Duda will eine regionale Führungsrolle, | |
| > aber keine Flüchtlinge übernehmen. Am Freitag ist er in Berlin. | |
| Bild: Ambitioniert und nationalkonservativ: Andrzej Duda. | |
| Warschau taz | Polens neuer Präsident Andrzej Duda mag die Deutschen. Kurz | |
| vor seinem am Freitag Antrittsbesuch in Berlin lässt Duda in Interviews für | |
| Bild und Frankfurter Allgemeine Zeitung keinen Zweifel an seiner | |
| Begeisterung für die Nachbarn aufkommen: Er lobt nicht nur die Außen- und | |
| insbesondere Ostpolitik der Bundesregierung und hält die deutsch-polnischen | |
| Beziehungen für ausgezeichnet, sondern wünscht sich sogar, dass diese noch | |
| besser werden. | |
| Bislang war man von Politikern seiner rechtsnationalen Partei Recht und | |
| Gerechtigkeit (PiS) andere Töne gewöhnt: scharfe, unfreundliche und | |
| fordernde. Dass die Rolle eines Staatspräsidenten schwieriger sein könnte | |
| als erwartet, hat Duda bereits nach seinem Besuch in der estnischen | |
| Hauptstadt Tallinn erfahren. | |
| Dort kündigte der 43-jährige am Jahrestag des Hitler-Stalin-Pakts | |
| vollmundig an, sich demnächst an den Verhandlungen zur Befriedung des | |
| russisch-ukrainischen Konflikts beteiligen zu wollen. Es kam nicht gut an. | |
| Kopfschüttelnd erklärte tags darauf Poroschenko in Berlin, dass die | |
| bisherige Verhandlungsrunde vollkommen ausreichend sei, um alle Fragen zu | |
| erörtern. | |
| Die Abfuhr hat möglicherweise auch mit Dudas Ankündigung zu tun, demnächst | |
| eine „aktivere Außenpolitik“ zu führen, die ganz auf die „Interessen | |
| Polens“ ausgerichtet sein solle. Polens Präsident will die regionale | |
| Führung in den Ländern „von der Ostsee bis zum Schwarzen Meer“ übernehme… | |
| In Estland, der kleinsten der drei Baltenrepubliken, warb er für die | |
| Stärkung der „Ostflanke der Nato“. Der russisch-ukrainische Krieg bedrohe | |
| auch die Nachbarstaaten. Daher sollten entlang der EU-Ostgrenze ständige | |
| Nato-Militärbasen entstehen. Auch in Deutschland soll heute die Sicherheit | |
| Polens und die der anderen östlichen EU-Staaten eines der wichtigsten | |
| Themen sein. | |
| ## US-Basis Ramstein nicht nach Polen | |
| Bei Präsident Joachim Gauck, Kanzlerin Angela Merkel und Außenminister | |
| Frank-Walter Steinmeier wird er da sicher auf Verständnis stoßen, aber auch | |
| hören, dass ja schon einiges getan wurde und auch getan wird, um die | |
| Sicherheit der Nato-Mitglieder im Osten zu erhöhen. Dass die USA nicht | |
| beabsichtigten, ihre Militärbasen wie etwa die in Ramstein nach Polen zu | |
| verlegen, machte am Donnerstag bereits der US-Botschafter in Polen Stephen | |
| Mull in einem Interview klar: „Wir wissen, wie unser Bündnisgenosse zu | |
| verteidigen ist.“ | |
| Die Sicherheit Polens ist für Duda aber nur außenpolitisch ein Topthema. | |
| Innenpolitisch misst er ihr offenbar keine allzu große Bedeutung bei: Weder | |
| fand er es bislang notwendig, sich mit der liberalkonservativen Regierung | |
| von Ewa Kopacz zu treffen, noch berief er den unter seinem Vorgänger | |
| Bronisław Komorowski regelmäßig tagenden Nationalen Sicherheitsrat ein. | |
| Topthema auf deutscher Seite ist die Flüchtlingsfrage: Polen, mit 38 | |
| Millionen Einwohner das sechsgrößte EU-Mitglied, weigert sich, mehr als | |
| 2.000 Flüchtlinge aus Afrika und dem Nahen Osten aufnehmen. Angeblich, so | |
| erläuterte Duda das in der Bild-Zeitung, stünden an Polens Ostgrenze | |
| bereits Hunderttausende ukrainische Flüchtlinge. Angesichts von gerade mal | |
| 1.620 Ukrainern, die im ersten Halbjahr 2015 einen Asylantrag in Polen | |
| stellten, und insgesamt 2.318 im Jahr 2014 scheint das weit hergeholt zu | |
| sein. Tatsächlich leben in Polen heute rund 52.000 Ukrainer. Viele von | |
| ihnen haben eine „Polen-Karte“, gelten also trotz ukrainischer | |
| Staatsbürgerschaft als Polen. Aber Polen gelten als gastfreundlich. Gut | |
| möglich, dass Duda doch noch einer höheren Zahl von Flüchtlingen zustimmt, | |
| die demnächst Zuflucht in Polen finden können. | |
| 28 Aug 2015 | |
| ## AUTOREN | |
| Gabriele Lesser | |
| ## TAGS | |
| Polen | |
| Andrzej Duda | |
| Osteuropa | |
| Minderheiten | |
| Polen | |
| Europa | |
| Polen | |
| Schwerpunkt Krieg in der Ukraine | |
| Filmfestival | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Minderheiten in Polen: Kein Litauisch bei Behörden | |
| Präsident Andrzej Duda belegt ein Sprachgesetz mit einem Veto. Angeblich | |
| seien zweisprachige Formulare zu teuer. Kritiker finden das absurd. | |
| Parlamentswahl in Polen: Mit Flüchtlingsfrage auf Stimmenfang | |
| Am Sonntag könnte es zu einem Sieg der rechtsnationalen PiS kommen. Die | |
| Regierung hat ihrer Hass-Kampagne nichts entgegenzusetzen. | |
| Westbalkan-Konferenz: Um Schicksale schachern | |
| Auf dem Treffen in Wien wollen die Staaten nach Lösungen in der | |
| Flüchtlingskrise suchen. Die UN fordern unterdessen die Einrichtung | |
| sogenannter Hotspots. | |
| Wahlkampf in Polen: So viele Frauen waren es noch nie | |
| Fast alle Parteien treten bei der Parlamentswahl im Oktober mit einer | |
| Spitzenkandidatin an. Premier könnte wohl wieder eine Frau werden. | |
| Schwerer Beschuss in der Ukraine: Nur einen Schritt vom Krieg | |
| Bei Kämpfen in der Ostukraine gab es erneut zahlreiche Tote. Die | |
| Konfliktparteien beschuldigen sich gegenseitig, die Kämpfe wieder | |
| aufgenommen zu haben. | |
| Filmfestival in Wrocław: Jean Seberg hört man nicht reden | |
| In Wrocław bietet Nowe Horyzonty einen guten Einblick ins globale | |
| Festivalkino. Polnisches Kino ist eher am Rande präsent. |