| # taz.de -- Debatte Atomdeal mit dem Iran: Die falsche Hoffnung | |
| > Entweder ein Deal mit dem Iran oder es gibt Krieg. Diese Rechnung hat | |
| > US-Präsident Obama aufgemacht. Seine Argumentation greift zu kurz. | |
| Bild: Hat sich Obama mit dem Atomdeal verrechnet? | |
| Unlängst machte Philipp Ackermann, die Nummer zwei der deutschen Diplomaten | |
| in den USA, gegenüber der amerikanischen Zeitung Politico deutlich: „In | |
| Deutschland gibt es keine Debatte über den Iran-Deal. Nicht im Parlament | |
| und nicht in der Zivilgesellschaft.“ | |
| Er bedauerte das jedoch nicht, sondern war vielmehr stolz auf die | |
| unkritische Akzeptanz der Wiener Vereinbarung zwischen den fünf | |
| UN-Vetomächten plus Deutschland und dem Regime in Teheran. Dabei steht nun | |
| fest, dass Iran innerhalb von zehn Jahren Nuklearwaffen bauen kann. Was das | |
| vor allem für Israel bedeuten kann, hat das iranische Regime der Welt in | |
| den vergangenen Jahren immer wieder deutlich gemacht: Der jüdische Staat | |
| soll von der Landkarte verschwinden. | |
| Dennoch gibt es hierzulande tatsächlich keinerlei Diskussion über das | |
| Abkommen. Mehr noch: Es wird nicht einmal über die gravierenden Nachteile | |
| des Deals informiert. Stattdessen finden sich Kommentare, die auch noch auf | |
| antisemitische und antiamerikanische Stereotype zurückgreifen. So wie der | |
| [1][Beitrag von Bernd Pickert] in der taz vom 26. Juli, in dem die | |
| proisraelische Vereinigung Aipac als „eine Art ständiger Geldautomat für | |
| US-Wahlkämpfer“ bezeichnet wird. | |
| Auch von einer „notwendigen Emanzipation“ der USA von Israel ist die Rede �… | |
| als bestimme der jüdische Staat die amerikanische Politik. Mit Analyse hat | |
| das nichts zu tun, mit antijüdischer Stimmungsmache dagegen leider umso | |
| mehr. | |
| In deutlichem Kontrast dazu läuft in den Vereinigten Staaten eine hitzige | |
| Debatte über das Wiener Abkommen. Je mehr sich die Amerikaner über die | |
| Details des 159 Seiten umfassenden Joint Comprehensive Plan of Action | |
| (JCPOA) informieren, umso stärker wird ihre Opposition gegen die | |
| Vereinbarung. Die Skepsis und das Misstrauen gegenüber der Obama-Regierung | |
| steigt sowohl im Kongress als auch in der Bevölkerung, weil der | |
| amerikanische Präsident einige „Side Deals“ des Vertrags nicht publik | |
| macht. Für eine Regierung, die sich als die transparenteste in der | |
| amerikanischen Geschichte versteht, ist das eine fragwürdige Haltung. | |
| Zwei wichtigen Umfragen zufolge lehnt dann auch eine Mehrheit der | |
| Amerikaner den Iran-Deal ab. Nach einer Erhebung der Quinnipiac University | |
| in Connecticut sind 57 Prozent der US-Bürger dagegen und nur 28 Prozent | |
| dafür. Laut CNN/ORC wollen 52 Prozent, dass der Kongress gegen die | |
| Vereinbarung stimmt, und 44 Prozent, dass er sie annimmt. | |
| Dass der Iran nach Nuklearwaffen strebt, ergibt sich auch aus dem | |
| Verfassungsschutzbericht des Jahres 2014. Darin heißt es: „Nachdem die vom | |
| Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) festgestellten illegalen iranischen | |
| Beschaffungsversuche in Deutschland in den letzten Jahren beständig | |
| angestiegen sind, befinden sie sich auf einem auch im internationalen | |
| Vergleich quantitativ hohen Niveau. Dies gilt vor allem für Güter, die im | |
| Bereich Nukleartechnik eingesetzt werden können. Im Jahr 2014 stellte das | |
| BfV eine steigende Zahl iranischer Beschaffungsversuche im Bereich des von | |
| dem Staat betriebenen ambitionierten Trägertechnologieprogramms fest, das | |
| auch dem Einsatz von Kernwaffen dienen könnte.“ | |
| ## Weiterhin nukleare Ambitionen | |
| Kurz vor der Einigung von Wien war aus deutschen Sicherheitskreisen zu | |
| erfahren, dass der Iran seine atomaren Ambitionen trotz aller Gespräche | |
| aufrechterhalten wird. Vonseiten einer Geheimdienstquelle hieß es: „Man | |
| sollte angesichts der Verhandlungen annehmen, dass der Iran seine | |
| Aktivitäten einstellen wird. Aber trotz der Gespräche gibt es in dieser | |
| Hinsicht keine Kehrtwende.“ | |
| Mit anderen Worten: Das iranische Regime bemühte sich in Deutschland bis | |
| Ende Juni 2015 trotz der Sanktionen aktiv und gezielt um Nuklear- und | |
| Raketentechnologie. Eine brisante Information, über die in den deutschen | |
| Medien jedoch nichts zu erfahren war. | |
| Im Zusammenhang mit dem JCPOA hat die Obama-Regierung versprochen, dass die | |
| Inspektoren ungehinderten Zugang zu iranischen Nuklear- und Militäranlagen | |
| haben werden – „anytime“ und „anywhere“. Das hat sich jedoch als leer… | |
| Versprechen entpuppt. Denn vor einer Inspektion muss erst ein | |
| bürokratischer Prozess ins Rollen gebracht werden, der einen Zugang aller | |
| Voraussicht nach erst 24 Tage später ermöglicht. Genug Zeit für das | |
| iranische Regime, um etwaige Spuren von Beschaffungsaktivitäten zu | |
| verwischen. | |
| ## 700 Todesurteile in diesem Jahr | |
| Zudem hat das Regime bereits angekündigt, den Inspektoren keinen Zugang zu | |
| bestimmten militärischen Anlagen zu gewähren. Damit setzt es seine | |
| betrügerische Linie bezüglich seines Nuklearprogramms fort, und nichts | |
| deutet darauf hin, dass sich daran künftig etwas ändern wird. | |
| Und das, obwohl es unter dem angeblich moderaten iranischen Präsidenten | |
| Rohani deutlich mehr Hinrichtungen gibt als zu Zeiten Mahmud | |
| Ahmadinedschads. Fast 700 Todesurteile wurden bereits vollstreckt, mit über | |
| 1.000 Hinrichtungen bis Ende dieses Jahres rechnet Amnesty International. | |
| Laut Wikileaks aus 2008 hat das Regime seit der Gründung der „Islamischen | |
| Republik“ zwischen 4.000 und 6.000 Lesben und Schwule staatlich ermorden | |
| lassen. | |
| Wie gleichgültig es vielen Unternehmen ist, dass im Iran die Menschenrechte | |
| mit Füßen getreten werden, lässt sich gut am Beispiel des österreichischen | |
| Kranherstellers Palfinger erkennen. Dessen CEO, Herbert Ortner, hat den | |
| Iran als „Hoffnungsmarkt“ bezeichnet. Dass daran vor dem Beginn der | |
| Sanktionen Menschen aufgeknüpft wurden – unter anderem an einem Kran seines | |
| Unternehmens –, sagte er nicht. | |
| 150 Milliarden Dollar wird der Iran aus dem geschlossenen Abkommen erlösen. | |
| Ein großer Teil des Geldes wird an den syrischen Diktator Baschar al-Assad | |
| und die libanesische Terrormiliz Hisbollah fließen, damit diese ihren Krieg | |
| gegen die syrische Bevölkerung weiterführen können. | |
| US-Präsident Barack Obama hat eine falsche Rechnung aufgemacht: entweder | |
| der Iran-Deal oder Krieg. Vielmehr wird die Kriegsgefahr durch die | |
| Vereinbarung erst recht steigen. Es bleibt vorerst nur die Hoffnung, dass | |
| der Kongress das Abkommen ablehnt. | |
| 22 Aug 2015 | |
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| ## AUTOREN | |
| Benjamin Weinthal | |
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