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# taz.de -- Programmiererin über Open Spource: „Apple glaubt nicht an Einhö…
> Der freie Zugriff auf Quellcodes kann die Welt ein Stück weit gerechter
> machen, davon ist Allison Randal, Präsidentin der Open-Source-Initative,
> überzeugt.
Bild: Es geht voran, aber nur mit technischen Hilfsmitteln.
taz am wochenende: Frau Randal, was hat Open-Source-Software mit Einhörnern
gemeinsam?
Allison Randal: Tatsächlich einiges. Einhörner sind sehr selten und die
Leute glauben, sie existierten gar nicht. Und bei Open-Source-Software
denken viele Leute: Das funktioniert doch gar nicht, wie soll man damit
Geld verdienen? Aber wenn sie erst einmal den richtigen Weg gefunden haben,
sie zu nutzen oder zu entwickeln, dann stellt sich heraus, dass sie extrem
wertvoll ist.
Wie würde eine Welt aussehen, in der es nur Open-Source-Programme gibt –
also solche, deren Quellcode jeder einsehen, nutzen, ändern und
weiterverbreiten darf ?
Es wäre eine Welt, in der Zusammenarbeit eine große Rolle spielt und die
sehr innovativ ist, schneller in der Entwicklung. Benachteiligte Menschen,
die etwa in Regionen ohne Technologievorsprung leben, hätten besseren
Zugang. Es wäre ein Stück mehr Gleichheit.
Warum wäre die Entwicklung schneller?
Bei nicht offener Software ist es so: Jedes Unternehmen will am liebsten
seine schönen Ideen für sich behalten. Das Problem ist aber: Das eine
Unternehmen hat hier ein paar Ideen, das andere dort eine Lösung. Das sind
kleine Steinchen. Wenn sie ihre kleine Ideen aber zusammenwerfen würden,
dann könnte daraus etwas Großes entstehen.
Also geht es eigentlich nicht so sehr um Code wie um Ideen?
Ja und um Zusammenarbeit. Darum, den eigenen Horizont zu öffnen.
In Amsterdam gibt es ein Open-Source-Restaurant. Wer hier isst, bekommt das
Rezept genauso wie die Bauanleitung für die Stühle. Ein Unternehmen wie
Apple dagegen erlaubt Nutzern nicht mal, sein Gerät aufzuschrauben.
Unternehmen wie Apple haben das Einhorn noch nicht gefunden, die glauben
immer noch, es existiert nicht. Sie nutzen zwar Open Source, ändern etwas,
aber behalten es dann. Und das, obwohl Apple sein Geld nicht mit dem
Verkauf von Software verdient, sondern mit anderen Dingen. Mit Hardware,
mit Support, mit Service und Inhalten, etwa E-Books.
Mit Software-Patenten lässt sich auch Geld verdienen.
Ja, man dürfte Unternehmen wie Apple auf alle Fälle nicht mit dem Argument
kommen, dass Open Source gut für die Gesellschaft ist. Das dürfte vielen
Firmen klar sein, aber es interessiert sie nicht.
Sondern?
Es geht nur mit dem Geschäftsmodell. Kaum jemand kann heute noch am Verkauf
von Software verdienen. Kunden geben zwar 2 Dollar für eine App aus – aber
eben keine 200 mehr für ein Betriebssystem. Das alte Geschäftsmodell ist
also schon mal gescheitert. Aber es gibt viele Fälle, in denen eine Firma
mehr Vorteile von einer Veröffentlichung ihres Softwarecodes hätte als
Nachteile.
Und zwar?
Zum Beispiel, wenn die Mitwirkung einer Community ihnen weiterhilft. Wenn
ein Unternehmen dann etwa sieht, dass eine Sicherheitslücke frühzeitig
erkannt wird, und es davon profitiert.
Derzeit gibt es Diskussionen über Hintertüren, die Geheimdienste in
Software einbauen lassen, und über Hackerangriffe auf Autos. Wäre denn eine
Open-Source-Welt frei von diesen Problemen?
Ganz frei sicher nicht. Software hat immer Fehler. Der Unterschied ist nur:
Je mehr Leute draufschauen, desto schneller werden die Fehler gefunden. Und
das ist bei offener Software einfach wahrscheinlicher.
Die Free-Software-Bewegung kritisiert, dass der Begriff Open Source rein
technisch sei und die Diskussion über Kommerzialisierung, über die Ethik
von Software zu kurz kommt.
Ja, es gibt diese Spaltung, und ich bin nicht froh darüber, sie führt nur
zu unnötigen Spannungen. Es wäre besser, wenn beide Gruppen
zusammenarbeiten.
Ist die Kritik denn berechtigt?
Freie Software hat natürlich eine längere Tradition. Es gibt sie schon
genauso lange, wie es proprietäre, also nicht offene Programme gibt. Open
Source kam erst etwa zwanzig Jahre später. Ich würde sagen: Man hätte den
Begriff Open Source gar nicht einführen müssen, man hätte auch mit dem
Begriff „frei“ weitermachen können. Klar, man muss dann erklären, dass fr…
nicht kostenlos heißt, sondern Freiheit, aber das geht schon. Wir müssen
schließlich beim Begriff Open Source genauso erklären, dass es nicht nur um
den Code geht, sondern um Zusammenarbeit.
Warum hat man damals überhaupt nach einem neuen Begriff gesucht?
Es haben auf einmal Unternehmen begonnen, sich für freie Software zu
interessieren. Dadurch haben sich die Wahrnehmung und der Umgang damit
verändert, und es gab das Bedürfnis nach einem Wort, um diese Verschiebung
zu beschreiben. Es waren damals auch noch andere Bezeichnungen in der
Diskussion, zum Beispiel „modern“. Aber was die Zusammenarbeit angeht: Ich
glaube, sie beginnt, besser zu werden. Es gibt einige Leute, die sich in
Organisationen von beiden Seiten engagieren. Wir versuchen, Brücken zu
bauen und die Brüche, die damals entstanden sind, zu kitten.
Die Leute, die an freien oder Open-Source-Projekten arbeiten, machen das
oft in ihrer Freizeit, unbezahlt. Was treibt sie an?
Ganz viele lösen einfach die Probleme, die sie selbst gelöst haben wollen.
Außerdem sind Entwicklerjobs, also die Jobs, für die man Geld bekommt,
häufig langweilig. Da ist es schön, noch an etwas arbeiten zu können, das
Spaß macht, das eine Herausforderung ist. Es ist eine Art Hobby: Jemand,
dessen Hobby Radfahren ist, will ja auch weit raus und Neues entdecken. Und
nicht jeden Tag um dieselben zwei Blocks herumfahren.
Aber die finanzielle Situation ist häufig prekär: Als im vergangenen Jahr
zum Beispiel die Sicherheitslücke Heartbleed entdeckt wurde, kam heraus:
Die Stiftung hinter der Software OpenSSL erhält gerade mal 2.000 US-Doller
Spenden jährlich. Und das für eine Software, die ein Rückgrat
verschlüsselter Kommunikation ist.
Ja, das ist tatsächlich ein blinder Fleck. Es sagen sich einfach ganz viele
Nutzer: Ach, jemand anders wird dafür zahlen, das muss ich doch nicht
machen. Und am Ende macht es keiner.
Was muss sich ändern?
Ich glaube, auch die Wahrnehmung in der Community. Viele Entwickler sitzen
schon so lange an ihren Projekten, die kommen gar nicht auf die Idee, dass
sie finanzielle Unterstützung bekommen könnten. Und ihnen muss bewusst
werden: Es ist okay, wenn sie um Spenden bitten, wenn sie sagen: Hey, hier
fehlt uns Geld, wer kann uns helfen? Die Linux-Stiftung arbeitet gerade an
einer Studie, um die Projekte zu identifizieren, die prekär finanziert sind
und Hilfe brauchen.
Gibt es Projekte, die dafür besonders anfällig sind?
Schwierig ist es meist für die, die im Hintergrund arbeiten. OpenSSL gehört
sicher dazu, das läuft auf Servern, da bekommen Nutzer nicht viel von mit.
Einfacher ist es für Projekte, wo der Nutzer direkt über eine Website gehen
muss: Die können einfach einen Hinweis posten, dass sie spendenfinanziert
sind und Geld brauchen.
Gerade wenn es darum geht, Software überall und möglichst schrankenlos
zugänglich zu machen, kann man dann erwarten, dass jeder Nutzer etwas
spendet?
Große Unternehmen, die die Programme nutzen, sollten sich genauso
beteiligen. Schon aus Eigennutz: Wenn eine Sicherheitslücke aufgrund
mangelhafter Finanzierung unentdeckt bleibt, haben sie auch Nachteile.
Glauben Sie daran, dass es eines Tages eine Open-Source-Welt geben wird?
Zumindest wird offene Software immer stärker akzeptiert, und ein
Unternehmen, das nicht darauf setzt, wird eines Tages ins Hintertreffen
geraten. Wer aber seine Lücken geschlossen und seine Features eingebunden
bekommt, wer schneller bei Innovationen ist, macht mehr Gewinn. Das ist der
Treiber, nicht ein altruistisches Motiv.
16 Aug 2015
## AUTOREN
Svenja Bergt
## TAGS
Open Source
Software
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Linux
Hacker
Soziale Netzwerke
Datensicherheit
Digitalisierung
NSA
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